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Goldmond

Goldmond

Titel: Goldmond
Autoren: Susanne Picard
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scheint.
    Irritiert fliegt Telarions Blick dorthin, doch er kehrt zum Fürsten zurück, als dieser zu sprechen beginnt. Seine Stimme ist sonor und ruhig, fast heiter.
    »Ich grüße Euch, Ihr Prinzen von Norad.«
    Tarind erwidert den Gruß nicht. »Fürst Amadian«, ruft er. »Ihr solltet es einsehen: Den Elben – und damit mir als Nachfolger des Dajaram – gebührt die Herrschaft! Die Schöpfergeister Ys und Syth, die die Welt erschufen, schenkten dem Goldmond die Gabe des Lebens. Für seinen dunklen Zwilling blieb nur die Macht über den Tod.«
    Telarion erkennt, dass Tarind diese Diskussion schon öfter mit dem Fürsten geführt hat. »Prinz, Ihr seid nicht der Herrscher der Welt, genauso wenig, wie Ys und Syth dem Goldmond die alleinige Herrschaft schenkten«, erwidert Siwanon. »Die Zwillingsmonde erhielten die Herrschaft der Welt zu gleichen Teilen! Das Siegel selbst müsste verändert werden, wenn es so sein soll, wie Ihr sagt.«
    Telarion hört und sieht, dass er seine ganze Kraft in die Stimme stecken muss, damit diese das Donnern des Wasserfalls übertönt. Wieder sagt ihm eine innere Stimme, dass der Menschenfürst in seiner Schwäche keine Magie mehr wirken kann. Und doch ist der dunkelfeurige Fleck hinter dem Busch aus Süßholz, dergleichzeitig mit dem Erwachen des Fürsten erschien, nicht verschwunden.
    Tarind zuckt beim Hinweis auf das uralte Siegel der Welt, das eigentlich nichts weiter als eine Legende ist, zusammen, als habe der Fürst ihn geohrfeigt. Doch er fasst sich schnell.
    »Das Siegel?«, spottet er. »Das ist eine Legende, von Menschen gemacht, um den Elben die Herrschaft zu verweigern. Deshalb musste mein Vater sterben!«
    Ein spöttisches, wenn auch erschöpftes Lächeln breitet sich über Siwanons Gesicht. »Prinz Tarind, ich sagte es Euch schon einmal.« Jetzt klingt er, als würde er mit einem ungezogenen Knaben reden. »Ich habe mit dem Tod Eures Vaters nichts zu tun. Es scheint mir eher, als wärt Ihr derjenige, der aus dem Tod Dajarams den meisten Nutzen zieht. Ist es nicht so? Der Tod Eures Vaters kam für Euch wahrlich zum rechten Zeitpunkt!«
    In den bernsteinfarbenen Augen funkelt es. Siwanon lacht leise.
    Tarind schreit zornig auf und streckt die Hand in Richtung des Fürsten aus. Der Dunkelmagier muss unter den Fluten, die dank Tarinds Wassermagie auf ihn einströmen, die glatte Felswand loslassen und, nach Luft ringend, in die Knie gehen.
    Telarion ist sprachlos. Wie kann dieser Mensch es wagen? Wer ist er, dessen Volk das Volk des Todes ist, dass er den Herrscher der Elben belehren will? Wieder hallt der Todesschrei des Vaters durch Telarions Seele und entzündet das Feuer in ihm aufs Neue. Der Wind seiner Seele wird wieder zum Feuersturm, ohne dass er etwas tun kann. Doch er will es auch nicht mehr. Er begrüßt, dass Glut in ihm wieder auflodert, dunkle Glut, wie der Fleck hinter dem Busch, der gewiss mit der tödlichen Gabe des Fürsten zusammenhängt.
    Mit aller Macht, die ihm, dem Herrn des Lebens, über die magische Essenz aller Wesen gegeben ist, lenkt Telarion den Sturm, der durch ihn hindurchtobt, auf diesen Mann dort unten.
    Siwanon geht in die Knie, er kann Wasser und Sturm nichts mehr entgegensetzen.
    Wilde Zufriedenheit steigt bei diesem Anblick in Telarion auf, und für einen Augenblick muss er sich fragen, ob dieses Gefühl wirklich seine eigenes ist. Ein Heiler sollte so etwas nicht empfinden. Doch im nächsten Moment hat die Glut seines Zorns – es ist doch sein Zorn? – die Scham verschlungen.
    Als Siwanon noch einmal das Gesicht zu den Prinzen hebt, sieht Telarion, dass das vormals kraftvolle Bernsteingelb seiner Augen erloschen ist.
    Schließlich sinkt Siwanon in eine Pfütze, in der sich die bemoosten Wände und die Gischt des Wasserfalls spiegeln. Tarind richtet sich auf. Sein Blick ist auf das Gebüsch am Rand des Verlieses gerichtet, dorthin, wo Telarion noch ein Abbild des dunklen Feuers sehen kann, so dunkel, dass der Fleck beinahe violett wirkt. Der Fürst? Siwanon Amadian hat die Macht darüber, die Seele vom Körper zu trennen. Vielleicht auch die eigene. Vielleicht kann er, der Herr des Todes, selbigen überlisten.
    Tarinds Blick ist zornig, als sehe er dort das Gleiche wie Telarion. Seine Hand fährt in einer wütenden Geste in diese Richtung, er ruft etwas Unverständliches.
    Einen Augenblick später ist der violette Fleck fort, als habe es ihn nie gegeben.
    Ein Soldat, der Pflanzen zu kontrollieren vermag, steigt nun auf ein Zeichen
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