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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Feuerlöscher über der Schulter machten sich Chick und Wolf auf den Weg.
    »Nur der eine Krüppel brennt!« sagte Chick erstaunt. »Da stimmt doch was nicht. So'n toter Stamm kann sich nicht von selbst entzünden. Wenn's irgendwo anfängt, war's immer der Mensch. Diese Aboriginals mit ihrer Feueranbetung!«
    Sie liefen über das nadelspitze Spinifexgras zu dem brennenden Baum, die dicken Lederstiefel schützten sie vor Verletzungen, und als sie das Feuer erreichten, war es Chick, der zuerst schrie:
    »Verfluchte Scheiße … da liegt ein Mensch!«
    Mit drei langen Sätzen war Wolf bei dem ausgestreckten, regungslosen Körper, während Chick seinen Feuerlöscher aufstieß und den Schaum über die flammende Pappel zischen ließ. »Was ist?« schrie er dabei. »Tot?«
    »Noch nicht.« Wolf kniete neben dem Menschen, hatte den Hemdfetzen von dessen Gesicht gezogen und blickte in ein ausgedörrtes, ledernes, ausdrucksloses, schwarzbraunes und zernarbtes Gesicht. Daß der Mann noch lebte, bewiesen nur die schwarzen Augen, die Wolf mit einem Ausdruck unendlichen Glücks anblickten. »Ein Aboriginal!«
    »Sag ich's doch. Hat er sich verbrannt?«
    »So sieht er nicht aus. Ich möchte sagen, er ist fast verdurstet.« Chick kam vom Baum herüber, der nun mit Schaum überzogen war, aber aus kleinen Lücken heraus immer noch glühte. Er blickte Angurugu betroffen an, kniete sich dann neben Wolf auf die Erde und beugte sich über den Eingeborenen.
    »Was ist los?« fragte er. »Hast du den Baum angezündet?«
    »Zeichen …«, stammelte Angurugu. Seine Zunge war verdorrt, sein Körper glühte aus, nicht nur von außen durch die Sonne, sondern auch von innen durch die Krankheit. Nicht einen Muskel konnte er mehr bewegen, keine Hand mehr heben, nicht den Kopf, nicht die Füße … Nur die Augen lebten noch, und über die aufgesprungenen Lippen quälten sich mühsam die tonlosen Worte: »Zeichen … Wasser … Wasser …«
    Chick schnellte hoch und sprintete zum Track zurück. Als er mit zwei Flaschen Wasser wiederkam, hatte Wolf dem Aboriginal den Oberkörper freigemacht. Er riß eine Flasche aus Chicks Hand und goß sie über den flachen Körper. Gleichzeitig setzte Chick die andere Flasche an Angurugus Mund, aber selbst zum Schlucken war er zu schwach … Das Wasser lief aus dem Mund heraus und über Kinn und Brust. Aber seine Augen flackerten voller Dankbarkeit.
    »Sieh dir das an«, sagte Wolf betroffen.
    »Was?« fragte Chick.
    »Den Körper. Überall kleine rote Flecken …«
    »Der Kerl hat die Masern.«
    »Kaum. Die sehen anders aus.«
    »Bei den Aboriginals ist alles anders. Weißt du, wie vor dreißigtausend Jahren die Masern aussahen?«
    »Genauso wie jetzt. Auch deine Dämlichkeit sah vor dreißigtausend Jahren nicht anders aus.«
    Angurugu bewegte den Kopf. Das Wasser ließ einen Funken Kraft in ihm aufquellen.
    »Springs …«, röchelte er. »Doktor … will Doktor … Bruder … Jesus …«
    »Verstehst du das?« fragte Chick und setzte noch einmal die Wasserflasche an Angurugus Lippen. Jetzt wenigstens blieb etwas Wasser in seinem Mund, aber schlucken konnte er noch immer nicht. Das Flehen in seinen Augen aber verstanden sie.
    »Er ist krank«, sagte Wolf. »Will nach Alice zu einem Arzt … Wer weiß, woher er kommt … Er muß tagelang durch die Wüste gelaufen sein … Jetzt ist er am Ende …«
    »Und was heißt Jesus?«
    »Vielleicht ist er getauft und will auch einen Pfarrer? Chick, pack an, wir müssen ihn mitnehmen.«
    Angurugu ließ ein wenig Wasser aus seiner Mundhöhle laufen. Es hatte ihm gutgetan; ihm war, als spüre er wieder sein Blut durch den Körper fließen, als gäbe es wirklich neue Kraft, die mit dem Wasser in ihm wuchs. Nur das innere Brennen hörte nicht auf, und auch nicht die schreckliche Unbeweglichkeit, die wie eine Lähmung war und seine Zunge so schwer machte, daß er sie kaum bewegen konnte.
    »Tasche …«, stammelte er mühsam. »Tasche … Leder …«
    Wolf zögerte, aber dann griff er in die Hosentaschen des Aboriginals. In der linken fand er ein Stück zusammengerolltes Leder und zog es heraus. Er entrollte es und blickte auf ein paar Striche, Kreise und Buchstaben, die sich erst bei genauerem Betrachten als eine Art Plan entpuppten. Eine primitive Zeichnung, wie sie bei den Aboriginals üblich ist. Achselzuckend gab Wolf das Lederstück an Chick weiter.
    »Ein Kunstwerk!« sagte Chick ironisch. »Dafür zahlen Touristen irre Dollars. Die Primitivkunst der Steinzeitmenschen …
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