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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und aufgebrochene Schweine in die Kühlwagen, war dann Billettabreißer auf einem Fährschiff im Hafen, trat als Zauberer in einem Wanderzirkus auf, mit dem er bis Adelaide kam, wo der Zirkusdirektor mit der Kasse verschwand, und landete schließlich bei einem der größten Transportunternehmen des Landes.
    Dort wusch er die riesigen Tracks, diese donnernden Ungeheuer der Fernstraßen, die kreuz und quer durch Australien fuhren. Lastwagen mit zwei, drei, ja manchmal sogar vier Anhängern, ein richtiger ›Zug der Straße‹ … Wenn sie ins Outback kamen, waren da oft 23 Achsen unterwegs, ein Wahnsinn, nicht zu bremsen im Falle einer Gefahr, aber es gab Kerle, die solche Ungetüme fuhren und damit einen Haufen Geld verdienten.
    Einer von ihnen war Chick Bullay, mittelgroß, bullig, stiernackig, braune Haare mit ein paar weißen Strähnen darin, vierzig Jahre alt, wie er angab, und unbekannter Herkunft. Aber hier interessierte es niemanden, woher jemand kam; wichtig war nur, daß er die motorisierten Ungeheuer fahren konnte, und ob er wirklich Chick Bullay hieß, war ebenfalls völlig gleichgültig. Fast ein Jahr lang beobachtete Chick den fleißigen Deutschen Wolf, wie dieser die Tracks säuberte, sie abspritzte, abseifte, Lackschäden ausbesserte, bekleidet mit einem Gummianzug und hohen Gummistiefeln, auf dem Kopf eine Schirmmütze, auf der vorne stand: Zirkus Arrani. Hat man je etwas Dämlicheres in einer Autowaschanstalt gesehen?
    Eines Tages sprach Chick den Deutschen an. »Es heißt«, sagte er grinsend, »daß der Mensch zu neunzig Prozent aus Wasser besteht. Bei dir sind's bald hundert Prozent, wenn du so weitermachst.«
    »Es ernährt seinen Mann«, antwortete Wolf höflich, nahm die Zigarette, die Chick ihm anbot, paffte den ersten Zug und sah den Trucker groß an. »Hast du was anderes für mich zu tun?«
    »Vielleicht.« Chick nickte zu einem der Tracks hinüber. »Wie wär's, wenn du so ein Aas nicht badest, sondern selbst drin sitzt? Du hast doch 'nen Führerschein?«
    »Ja, für Personenwagen.«
    »Das reicht, doch, Junge. Du fährst mit mir, ich lern' dich an, auf dem Stuart Highway im Outback lasse ich dich ans Steuer, da kann nichts passieren, da geht's immer geradeaus, und nach zehn Touren melde ich dich als Teamkameraden. Wenn ich sage, daß du okay bist, dann sagt das hier jeder. Was hältst du davon?«
    Die Frage klärte der Personalchef der Firma. Chick stellte ihm Wolf vor, log das Blaue vom Himmel herunter, bezeichnete Herbarth als einen Trucker, der schon von Los Angeles bis Boston gefahren sei und in Alaska von Valdez bis Fairbanks, und weil Chick Bullay das sagte, wurde nicht mehr lange gefragt. Wolf wurde als zweiter Fahrer neben Chick auf der Strecke Adelaide – Darwin eingestellt. Der Höllenstrecke. Der gefürchtetsten Fernstraße der Welt, quer durch Australien von Süden nach Norden und umgekehrt, durch ein Land, dessen Natur Millionen Jahre nicht hatten verändern können.
    Der Fahrer, der bisher mit Chick diese Teufelstour abgerissen hatte, fiel Wolf fast um den Hals, als er seine Versetzung zur Strecke Adelaide – Brisbane erfuhr. Der Barrier Highway, der Oxley Highway und der New England Highway, die er nun befahren mußte, waren Spazierwege gegen den Stuart Highway.
    »Ich wünsch' dir nicht, daß du so wirst wie Chick«, sagte der Kollege zu Wolf und klopfte ihm auf die Schulter. »Aber anders kannst du diese Saustraße wohl nicht verkraften. Wir sprechen uns in einem Jahr wieder …«
    Das war nun über sechs Jahre her, und Wolf Herbarth fuhr zusammen mit Chick Bullay noch immer seine fauchenden Ungeheuer durch das Outback. Es war eine Herausforderung gewesen, vielleicht die schwerste, die man heutzutage einem Mann antragen kann, aber Wolf hatte nicht kapituliert. An Chicks Seite war er in diesen sechs Jahren fast ein Teil jener Straße geworden.
    In all der Zeit hatte Chick nie über sich selbst gesprochen. »Ich wurde geboren und werd' irgendwann mal sterben«, hatte er einmal gesagt. »Was dazwischen liegt, ist allein meine Angelegenheit.«
    In Alice Springs hatte er ein Mädchen; Cher Attenbrough hieß es. Es arbeitete als Kellnerin in The Garden Restaurant, das zum Telford Territory Motor Inn gehörte und direkt am Todd River lag, dem Fluß, der Alice Springs in zwei Teile spaltete. Hier wohnte Chick immer, wenn sie im ›Herzen Australiens‹ einen Tag Ruhe einlegten oder wenn sie nach der höllischen Tour Adelaide – Darwin und zurück eine Woche Freizeit zur
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