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Gnade

Gnade

Titel: Gnade
Autoren: Julie Garwood
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aufzufressen.
    Bevor man Catherine in ihr Bett verbannt hatte, hatte sie die Suite in blassgrünen Farbtönen und mit italienischen Renaissance-Möbeln eingerichtet. Zudem standen Gipsköpfe der beiden von ihr favorisierten römischen Dichter im Raum – Ovid und Virgil. Die Büsten thronten auf weißen Podesten und flankierten das Erkerfenster. Nachdem die junge Innenarchitektin ihr Werk vollendet hatte, war John von dem Raum so begeistert gewesen, dass er ihr den Auftrag erteilt hatte, sein Büro umzugestalten. Aber jetzt hasste er dieses Schlafzimmer, denn es repräsentierte inzwischen all das, was ihm im Leben fehlte.
    Sosehr er sich auch bemühte, er konnte den hartnäckigen Erinnerungen nicht entkommen. Vor zwei Wochen war er mit einem seiner Partner in einem gut besuchten neuen Bistro in Bienville zum Lunch verabredet gewesen, aber sobald er das Lokal betrat und die blassgrünen Wände erblickte, drehte sich ihm der Magen um, und er bekam kaum noch Luft. Die Sonne schien ihm ins Gesicht, und das half ihm, sich ein wenig zu beruhigen. Er begriff schließlich, dass er unter regelrechten Angstattacken litt. Manchmal war er davon überzeugt, den Verstand zu verlieren.
    Glücklicherweise unterstützten ihn seine drei engsten Freunde nach Leibeskräften. Er traf sich mit ihnen jeden Freitagnachmittag zu einem Drink, um sich zu entspannen. Er lebte geradezu für diese Freitage, an denen er sich alles von der Seele reden konnte. Die drei hörten ihm zu und boten ihm Trost und Mitgefühl.
    Es war eine weitere Ironie des Schicksals, dass er derjenige war, der mit seinen Freunden trank, während Catherine in der Einsamkeit immer mehr verfiel. Wenn einer von ihnen beiden für vergangene Sünden bestraft wurde, warum sie und nicht er? Catherine war immer die Aufrechte, moralisch Überlegene gewesen. Sie hatte in ihrem ganzen Leben nie ein Gesetz gebrochen, nicht ein einziges Mal einen Strafzettel für falsches Parken bekommen, und sie wäre wie vom Donner gerührt, wenn sie wüsste, was John und seine Freunde alles verbrochen hatten.
    Sie nannten sich selbst den Sowing Club – sie säten aus in der Hoffnung auf reiche Ernte. Cameron war mit vierunddreißig der Älteste. Dallas und John waren beide dreiunddreißig, und Preston, der wegen seines guten Aussehens auch Pretty Boy genannt wurde, war mit zweiunddreißig Jahren das Nesthäkchen. Die vier hatten dieselbe Privatschule besucht, und obwohl sie in verschiedenen Klassen waren, schlossen sie rasch Freundschaft, da sie viele Gemeinsamkeiten besaßen. Sie hatten dieselben Ziele und Ambitionen, zudem teilten sie denselben exklusiven Geschmack, und es machte ihnen nichts aus, gegen Gesetze zu verstoßen, um zu bekommen, was sie wollten. Sie schlugen schon in der Highschool einen kriminellen Weg ein, und zwar als sie herausfanden, wie leicht es war, kleinere Diebstähle zu begehen und ungeschoren davonzukommen. Doch sie entdeckten bald, dass solche Taten nicht sehr lukrativ waren. Ihr erstes großes Verbrechen verübten sie in ihrer College-Zeit aus purem Jux. Sie raubten einen Juwelierladen in einer Nachbarstadt aus und verschacherten die wertvollen Schmuckstücke wie Profis an einen Hehler. Doch John, der analytische Geist der Gruppe, entschied, dass die Risiken eines solchen Streichs im Vergleich dazu, was sie dafür bekamen, einfach zu groß waren. Selbst die durchdachtesten Coups konnten aufgrund eines dummen Zufalls schief gehen, und deshalb verlegten sie sich auf anspruchsvollere Verbrechen und nutzten ihre Bildung, um wichtige Verbindungen zu schmieden.
    Ihren ersten wirklichen Profit hatten sie dem Internet zu verdanken. Mit Hilfe ihrer teuren Laptops kauften sie wertlose Aktien unter falschem Namen, überschwemmten die Chatrooms mit erfundenen Zahlen und Gerüchten, und als der Wert der Papiere in die Höhe schoss, verkauften sie, bevor die Börsenaufsicht ihnen auf die Schliche kommen konnte. Der Gewinn bei dieser kleinen Transaktion belief sich auf mehr als fünftausend Prozent.
    Jeder Dollar, den sie stahlen oder durch ihre illegalen Geschäfte erwirtschafteten, wurde auf das Konto des Sowing Clubs auf den Cayman Islands eingezahlt. Als die vier ihr Studium beendeten und ihre ersten Jobs in New Orleans antraten, befanden sich bereits über vier Millionen Dollar auf ihrem Konto. Und das regte ihre Gier nur noch mehr an.
    Während eines ihrer Treffen sagte Cameron, dass ein Psychiater – sollte sie jemals einer untersuchen – ihnen garantiert attestieren würde,
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