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Gnade

Gnade

Titel: Gnade
Autoren: Julie Garwood
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dass sie alle Soziopathen waren. John war da anderer Ansicht. Ein Soziopath berücksichtigte schließlich niemals die Bedürfnisse oder Wünsche anderer. Aber sie hatten sich dem Club verpflichtet und ferner ihrer Abmachung, ihr Ziel im Auge zu behalten, nämlich bis zum vierzigsten Geburtstag des Ältesten ihrer Gruppe achtzig Millionen zu hamstern. Als Cameron seinen dreißigsten Geburtstag feierte, hatten sie bereits die Hälfte zusammen.
    Nichts und niemand konnte sie aufhalten. Im Lauf der Jahre hatte sich das Band ihrer Freundschaft noch verstärkt, und jeder von ihnen würde alles, buchstäblich alles tun, um die anderen zu schützen.
    Jeder der vier brachte seine eigenen Talente in den Club ein, aber John galt als der führende Kopf, und Cameron, Preston und Dallas war bewusst, dass sie es ohne ihn nie so weit gebracht hätten. Sie konnten es sich nicht leisten, ihn zu verlieren, und sie waren deshalb über seinen derzeitigen Gemütszustand sehr beunruhigt.
    Sie kannten seine Probleme, aber sie wussten nicht, wie sie ihm helfen konnten. Deshalb hörten sie ihm einfach zu, wenn er ihnen sein Herz ausschüttete. Die Sprache kam jedes Mal unweigerlich auf seine geliebte Frau. John erzählte ihnen eingehend von den neuesten schrecklichen Entwicklungen. Keiner von ihnen hatte Catherine aufgrund ihrer Krankheit in den letzten Jahren zu Gesicht bekommen. Catherine hatte es so gewollt, nicht die drei. Sie wollte, dass die Freunde sie so in Erinnerung behielten, wie sie früher gewesen war. Sie wusste es zu verhindern, dass sie sie in ihrem jetzigen Zustand sahen. Natürlich ließen die drei ihr Geschenke und Grußkarten zukommen. Obwohl sie aufrichtiges Mitgefühl für Catherine empfanden, machten sie sich jedoch mehr Sorgen um John. Er war wie ein Bruder für sie. Sie alle waren der Meinung, dass Catherine ohnehin verloren war, John hingegen kam dieser Gedanke nicht. Und sie erkannten, was er nicht wahrhaben wollte, nämlich dass er unweigerlich auf eine Katastrophe zusteuerte. Sie wussten, dass er Schwierigkeiten hatte, sich auf die Arbeit zu konzentrieren – eine gefährliche Tendenz, wenn man bedachte, welchen verantwortungsvollen Beruf er ausübte –, und zudem trank er zu viel.
     
    John betrank sich auch an diesem Freitagabend fürchterlich. Preston hatte ihn und die anderen in sein neues Penthouse eingeladen, um ihre letzte gelungene Aktion zu feiern. Sie saßen am Esstisch auf den gepolsterten Stühlen und genossen den Blick auf den Mississippi. Es war schon spät, fast Mitternacht, und sie sahen draußen in der tiefschwarzen Dunkelheit die funkelnden Lichter der Schiffe. Alle paar Minuten erklang das klägliche Heulen eines Nebelhorns.
    Das Geräusch machte John offenbar melancholisch. »Wie lange sind wir schon Freunde?«, lallte er. »Kann sich jemand erinnern?«
    »Ungefähr eine Million Jahre«, erwiderte Cameron und griff nach der Chivas-Flasche.
    Dallas schnaubte vor Lachen. »Mensch, es kommt einem wirklich so lange vor.«
    »Seit der Highschool«, sagte Preston, »als wir den Sowing Club gegründet haben.« Er wandte sich an John. »Du hast mir eine Höllenangst eingejagt. Du warst immer so weltgewandt und selbstsicher. Du warst gebildeter und klüger als die Lehrer.«
    »Und was dachtest du über mich?« , wollte Cameron wissen.
    »Dass du nervös bist«, antwortete Preston. »Du warst immer so … zappelig. Weißt du, was ich meine? Und du bist es immer noch«, setzte er hinzu.
    Dallas nickte. »Du warst immer der Vorsichtigste von uns.«
    »Der Bedenkenträger«, führte Preston aus. »Während Dallas und ich immer eher …«
    »… wagemutig waren«, fuhr Dallas fort. »Ich hätte mich niemals mit einem von euch angefreundet, wenn John uns nicht zusammengebracht hätte.«
    »Ich habe das in euch erkannt, was euch noch gar nicht bewusst war«, schaltete sich John mit schwerer Zunge ein. »Talent und Gier.«
    »Salute!«, rief Cameron und erhob sein Glas, um den anderen grinsend zuzuprosten.
    »Ich glaube, ich war gerade sechzehn, als wir den Club gegründet haben«, sagte Dallas.
    »Du warst noch Jungfrau, stimmt’s?«, fragte Cameron.
    »Himmel, nein! Ich habe meine Unschuld mit neun verloren.«
    Sie lachten über diese Übertreibung.
    »Okay«, räumte Dallas schließlich ein. »Vielleicht war ich doch ein bisschen älter.«
    »Mann, wir waren damals kleine, beschissene Angeber, was? Wir haben uns für besonders clever gehalten mit unserem Geheimclub«, sagte Preston.
    »Wir waren clever«,
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