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Gletschergrab

Gletschergrab

Titel: Gletschergrab
Autoren: Arnaldur Indridason
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Krieg. Was es auch war, das amerikanische Militär hatte großes Interesse daran und wollte es sich beschaffen, ohne Aufsehen zu erregen.
    Aus irgendeinem Grund schienen die amerikanischen Streitkräfte in Panik zu geraten, sobald ein schwarzer Punkt auf ihren Gletscherbildern auftauchte.
    »Was habt ihr diesmal entdeckt?«, fragte Jón und blickte den 30

    Dolmetscher an, während der seine Frage Ratoff übermittelte.
    »Wir glauben, es endlich gefunden zu haben«, übersetzte der Dolmetscher Ratoffs Antwort. »Bessere Satelliten.«
    »Natürlich, bessere Satelliten«, erwiderte Jón. »Weißt du, was in dem Flugzeug ist, wonach deine Leute so verrückt sind?«
    »Keine Ahnung«, sagte Ratoff. »Man hat mich bloß geschickt, um einen speziellen Auftrag zu erledigen. Es geht mich nichts an, was in der Maschine ist oder um was für ein Flugzeug es sich handelt. Ich bin ausschließlich daran interessiert, meine Befehle auszuführen, komme, was wolle.«
    »Es würde mich nicht überraschen, wenn ihr das Flugzeug diesmal finden würdet«, sagte Jón. »Hier herrscht seit 1960 eine Wärmeperiode, und in unserer Region sind große Teile des Gletschers geschmolzen.«
    »Nach den Bildern zu urteilen, ragt der Bug ganz deutlich aus dem Eis«, erklärte Ratoff. »Wir haben die Koordinaten.
    Vermutlich geht alles ganz schnell.«
    »Ihr kennt den Weg«, sagte Jón und saugte den groben Tabak kräftig durch die Nase ein. »Ihr braucht keinen Bergführer mehr.
    Ich alter Zausel kann euch nicht mehr viel nutzen.«
    »Wir kennen den Weg sehr gut«, sagte Ratoff und erhob sich.
    »Im Sommer sind dort viele Touristen unterwegs«, meinte Jón.
    »In Höfn kann man Jeepfahrten auf den Gletscher buchen, und ich habe die Erlaubnis gegeben, dass sie mein Land durchqueren. Die werden immer mehr, diese Touristen.«
    Kurze Zeit später trat Ratoff mit seinem Dolmetscher aus dem Haus. Sie gingen schnell zu einem kleinen Raupenfahrzeug hinüber, das einem Jeep ähnelte, stiegen ein und fuhren am Hof vorbei in Richtung Gletscher. Die großen Lastwagen waren verschwunden. Der Schneefall hatte sich im Lauf des Abends noch verstärkt, sodass die Sicht gering war. Das Fahrzeug folgte der Spur, die eins der anderen Fahrzeuge vor ihm durch den 31

    Neuschnee gepflügt hatte. Es kam nur langsam voran, kämpfte sich durch den Schnee und suchte sich mit seinen starken Scheinwerfern den Weg. Sie erreichten das Camp am Fuß des Gletschers. Dort waren starke Scheinwerfer aufgebaut, Zelte bildeten einen Kreis, und überall standen Kisten mit Proviant herum. Soldaten in weißer Winterbekleidung arbeiteten organisiert und konzentriert. Sobald sie das Flugzeug gefunden hatten, würden sie ihr Lager auf den Gletscher verlegen.
    Inmitten des Schneetreibens konnte man eine große Satellitenschüssel vor einem Zelt erkennen, das als Kommunikationszentrum dienen sollte. Ratoff hielt direkt darauf zu. Zwei Männer waren damit beschäftigt, die Nachrichtentechnik aufzubauen.
    »Wann steht die Verbindung?«, fragte Ratoff.
    »Spätestens in vierzig Minuten«, antwortete einer der Soldaten.
    »Gebt mir Carr, wenn ihr fertig seid.«

    Vytautas Carr saß in seinem Büro in Gebäude 312 in Washington, als das Telefon klingelte. »Ratoff auf eins«, sagte sein Sekretär, und Carr drückte auf den Knopf. In der Hauptstadt war es neun Uhr abends, zwei Uhr nachts in Island.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Carr.
    »Alles geht nach Plan. Sobald es morgen hell wird, geht’s auf den Gletscher. Starker Schneefall, aber für uns kein Problem.
    Wenn die Koordinaten stimmen, macht es nichts, wenn das Wrack wieder zuschneit.«
    »Was ist mit den Einheimischen?«
    »Die haben keine Ahnung. Wir sehen zu, dass das so bleibt.«
    »Sie sind sehr aufmerksam, was unsere Streitkräfte betrifft.
    Wir müssen vorsichtig sein.«
    »Sie halten den Mund, solange sie an uns verdienen.«
    32

    »Ist irgendjemand auf dem Gletscher?«
    »Wir wissen von einer Bergnotrettungstruppe, die da oben auf dem Eis eine Übung abhält. Sie sind aber nicht auf unserem Gebiet und werden uns nicht in die Quere kommen.«
    »Melden Sie sich, wenn Sie das Flugzeug finden.«
    33

    4
    Kristín wachte in aller Herrgottsfrühe mit dem unangenehmen Gefühl auf, dass ihr ein schwerer Tag bevorstand. Sie wusste, dass der Exporteur die Sache noch nicht zu den Akten gelegt hatte, und musste sich auf ein weiteres Zusammentreffen gefasst machen, vielleicht noch am gleichen Tag. Sie fühlte sich auch nicht wohl bei dem Gedanken an
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