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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte
Autoren: Katharina Muenk
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müssen zu diesem Zeitpunkt noch alles versuchen. Die Zeit arbeitet gegen uns, wenn Sie das noch nicht verstanden haben!« Löhring nahm ein Papiertaschentuch, riss ein Zipfelchen ab und formte ein Kügelchen. »Wussten Sie, dass es in Costa Rica überhaupt nur drei Hochschulen gibt? Für das ganze Land!« Er breitete die Arme aus und ließ das Kügelchen fallen. »Ich plane eine Beschlussvorlage für die Goldbug Private Business School.«
    »Warum?«
    »Sehen Sie, wir müssen uns mit den Behörden gut stellen, uns zudem die wirtschaftliche Elite von morgen sichern, und zwar vor Ort!«
    »In Costa Rica?«
    »Ja, von dort kommen doch die Käfer! Dort zu forschen, völlig fadenwurmfrei, ist auch billiger als hier bei uns! Schwellenländer, sage ich nur.«
    »Ja, aber wie soll das denn gehen? Dafür wurden doch gar keine Rückstellungen gebildet?«
    Jetzt ging das schon wieder los, dachte Löhring. Er kniete sich auf den Boden und rollte das Kügelchen Richtung Papierkorb. »Ihre Fragerei kostet Zeit, Miranda. Zeit und Geld. Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wie teuer ich bin, in dieser Minute, in der wir gerade reden?«
    Miranda guckte.
    »Ab einer gewissen Turbulenz im Unternehmen müssen ein paar Lösungsansätze eben wieder nach unten delegiert werden, weil man da näher dran ist an den Turbulenzen. Hochschulgründung zum Beispiel. Ist doch ein schönes Projekt für Sie. Sie wollten doch immer Projektarbeit?«, fragte Löhring aufmunternd.
    Miranda verlor jegliche Körperspannung und schlich in ihr Büro zurück. In solchen Momenten hätte sie gern eines dieser nostalgischen Schilder vor die Tür gehängt, wie es Ladenbesitzer in Paris oder London taten, die ihr Leben mit Büchern, Antiquitätenoder Stoffbahnen zubrachten: »Bin vorübergehend abwesend.«
    Sie konnte sich auf rein gar nichts mehr konzentrieren, rang nach Luft. Tausende von Käfern lagen mit verdorbenen Mägen flügellahm auf dem Mist, Etta von Dangast wusste mehr schlecht als recht Bescheid, und Löhring flog zum Business Lunch nach Costa Rica. Er hatte ihr oft genug gesagt, sie müsse innerlich flexibler werden, sich sozusagen geistig weiten, um sich auf ihn einzustellen. Sie hatte es getan, sich geweitet, und genau hier lag jetzt das Problem: Löhrings Horizont weitete sich nicht. Er verengte sich, je mehr er davon im Flieger vor der Nase hatte.
    Miranda schüttete den Locher gedankenverloren über dem Papierkorb aus, und es rieselte bunt und staubig aus ihm heraus. Er hatte in den vergangenen Monaten für Tausende von Löchern links außen an all den Rechnungen und Spesenbelegen gesorgt. »Ich habe das Gefühl, dass uns hier schon gar nichts mehr gehört«, sagte sie laut zu sich selbst.
    »Haben Sie was gesagt, Miranda?« Löhring musste es durch den Türspalt mitbekommen haben.
    Nein, sie habe gar nichts gesagt, versicherte Miranda, schob den Plastikboden wieder unter den Locher und holte aus. Sie zielte langsam, ganz langsam, auf den Neo Rauch. Das Bild hieß »Gold«. Auf ihm war eine Frau vor dem Schaufenster eines Juweliers in die Hocke gegangen und zerrte von unten ihren Mann am Ärmel. Miranda mochte Kunst, durchaus, doch Löhrings Kunstsinn war degeneriert zum Ausdruck von Potenz. Er ließ gern echte Kunst im Sekretariat aufhängen. Es hatte für ihn eine verschwenderisch souveräne Note – und, so hatte er gesagt, an diesem Ort würde wohl niemand Originale vermuten.
    Das Telefon klingelte. Es war wie ein Rettungsanker, und Mirandas Hand setzte den Locher wieder auf den Tisch und nahm den Hörer ab. Neo Rauchs Retter war Graf Mollow von der Sallewitz-Bank. Doch er fasste sich kurz. Sie solle Löhring etwas auf einen Zettel schreiben. Die Zeit reiche nicht für lange Gespräche, und er sei gerade nicht allein. Er sprach seltsam gepresstund sehr leise, fand Miranda, doch sie notierte ohne Rückfragen: »Bafin deckt ASG auf. Müssen jetzt pfänden, um das Minimum zu retten. Bringen Sie das EvD bei. Mollow.«
    Löhring nahm die Nachricht gefasst und fast schon mit einem Anflug von Schadenfreude auf. Für ihn hieß es nun, Plan A wie Abfindung durchzuziehen. Man musste sich geänderten Umgebungsbedingungen blitzschnell anpassen, wie ein Käfer auf dem Blatt, wenn sich Fressfeinde näherten. Wahrscheinlich hatte man bei Sallewitz bereits die Bankenaufsicht im Hause, und es war durchaus anzunehmen, dass sich die Partner vor lauter Begeisterung noch mehr mit den Krediten engagiert hatten, als Mollow sowieso schon angedeutet hatte.
    Seine
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