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Glaenzende Geschaefte

Glaenzende Geschaefte

Titel: Glaenzende Geschaefte
Autoren: Katharina Muenk
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Zweizimmerwohnung aufgewachsen. Ich wollte all das Geld nicht und auch nicht die Verantwortung. Es hat mich überschwemmt und überfordert. Immer schon.«
    Löhring versuchte, seinen Arm auf ihre Schulter zu legen, doch sie war circa zwanzig Zentimeter größer als er.
    Sie wollte sich auch gar nicht beruhigen lassen. »Und dann auch noch eine Mutter mit dem Großen Bundesverdienstkreuz. Mit Stern und Schulterband. Haben Sie eine Vorstellung, was das heißt? Wie sich das anfühlt?« Sie stürzte davon auf die Bordtoilette.
    Zwei Minuten später stand sie mit erneuertem Make-up wiedervor ihm, als sei nichts gewesen. Wie schnell manche Frauen die Fassung verlieren und wiederfinden konnten, war bemerkenswert, fand Löhring. Aber sie hätte das Heulen auch gleich lassen können.
    »Ich habe Kesch doch gar nicht umgebracht. Er hat es doch überlebt!« Etta von Dangast schien sich während der Make-up-Erneuerung ihre nächsten Schachzüge überlegt zu haben.
    »Sie haben ihn abgeknallt. Eiskalt abgeknallt«, entgegnete Löhring.
    »Es war Notwehr.«
    »Notwehr? Wie interpretieren Sie Not? Er mag vielleicht ein Schlitzohr sein. Aber er kann keiner Fliege etwas zuleide tun. Er lebt seine dunklen Seiten, nun, wie soll ich sagen, rein finanziell aus.«
    »Er hat mich ruiniert!«
    »Sie leben doch noch! Sie sind auch nicht in den Knast gewandert. Also beschweren Sie sich nicht.« Löhring fächerte die Dokumente vor ihr auf. »Wenn der Bauer nachts die Hühnerstalltür auflässt und ein Fuchs die Hühner reißt, kann man ja auch nicht behaupten, dass das die Schuld des Fuchses ist.«
    Etta von Dangast starrte ihn an.
    »Und nun Ihre Unterschriften bitte«, flüsterte Löhring und klopfte aufs Papier. »Sie müssen ja nicht gleich ausziehen aus Ihren Häusern. Und wir werden Stillschweigen über den Rest bewahren. In Ihrer Lage kann es nicht besser für Sie laufen.«
    Die Dokumente bezogen sich tatsächlich auf den bereits unterschriebenen GVV-Vertrag mit Kesch und die laufenden Kredite bei der Bank. Sie konnte es nicht leugnen und nahm den Stift zur Hand. Es würde nicht mehr als eine weitere Unterschrift sein unter all jenen, die sie schon geleistet hatte.
    Zwei Monate später nahmen Mollow und die anderen in den Kredit verwickelten Partner der Bank einen längeren Urlaub. Die Strohmannfirma und alle überzogenen Kredite waren endgültig aufgeflogen. Der Vorwurf lautete auf schwere Untreue durchpflichtwidrige Schädigung des Vermögens der Bank. Die Staatsanwaltschaft würde tief graben müssen, hieß es hinter vorgehaltener Hand, und nach eigenem Bekunden war man sich ganz und gar nicht sicher, wie viele Leichen man noch im Keller finden würde.
    Löhring rief sofort bei Mollow an. Er musste den Banker jetzt erst einmal emotional abholen, fand er, und er fühlte sich selbst auch besser dabei. »Herrje, Mollow, Krise, was?«
    »Ich kann dir sagen. Tja, Finanzkrise. Wir sind die Ersten, die das mit dieser brutalen Unmittelbarkeit zu spüren bekommen.«
    Löhring war sofort im Film. »Die Möglichkeit des Scheiterns läuft in komplexen Systemen immer mit, wenn es dich beruhigt. Kein Modell ist vollkommen.«
    »Da will man mal Geld in den Kreislauf geben, und dann ist das auch wieder verkehrt. Es traut sich ja keiner an die technische Umsetzung heran außer uns. Und jetzt haben wir hier jemanden von der Bafin, der lieber in Akten wühlt, statt Märkte zu kreieren und Risiken zu diversifizieren. Ist doch bei dir nicht anders, oder?«
    Löhring hatte eigentlich nicht vorgehabt, über sich zu sprechen, aber nun blieb ihm nichts anderes übrig. »Du meinst den Insolvenzverwalter? Tja, Erbsenzähler. Der hat sich meine Rufschädigung auf die Fahne geschrieben.«
    »Du wolltest doch nach Costa Rica outsourcen?«
    »Noch nicht sofort. Wir simulieren da noch auf ein paar data sheets die Kostenrelationen für das CR-Projekt.«
    »Corporate responsibility? Jetzt noch?«
    »Nein. Costa Rica.«
    »Natürlich. Viel Glück damit. Wie geht es deiner Frau? Geht die mit?«
    Mollows Frage kam überraschend, und Löhring reagierte entsprechend: »Welcher Frau?«
    »Na, der mit dem Ring, den auch du trägst!«
    »Ach so, meine Frau. Sag das doch gleich. Nun ja. Muss ja. Und deine?«
    »Die sagt, ich soll abspringen.«
    Löhring verstand nicht. »Wie? Wovon denn abspringen um Gottes willen? Brücke? Klippe? Selbstmord?«
    »Keine Ahnung.«
    »Versteh einer die Frauen.«
    »Manchmal wären mir Männer lieber.«
    »Wir beanspruchen nicht für uns,
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