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Macabros 017: Dwylup - Stadt der Monster

Macabros 017: Dwylup - Stadt der Monster

Titel: Macabros 017: Dwylup - Stadt der Monster
Autoren: Dan Shocker
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»Komm’ mit nach Dwylup!« sagte die eisige Stimme,
und er erschauerte.
    »Was soll ich in Dwylup?«
    »Du wirst sehen…«
    Es drängte ihn, das Bett zu verlassen. Er ging durch das
kühle Zimmer, das in einen seltsam bleichen Lichtschein getaucht
war. Der kam von draußen durch die Ritzen und Spalten des alten
Ladens. Vollmond… Der geisterhafte Schein lag auf dem
spärlichen Mobiliar, den nackten Deckenbalken und spielte auf
dem alten, rostigen Ofen in der Ecke.
    Der Mann stierte mit gläsernem Blick in die
Dämmerung.
    »Komm, komm«, wisperte es. Die Stimme kam aus dem
dunklen Raum, wo der geheimnisvolle Gegenstand an der Wand lehnte. Er
war mit einem alten Tuch zugehängt.
    ›Es ist ein Traum‹, sagte er sich. ›Ich muß
aufpassen. Mondsucht! Ich darf nicht fallen und mir weh tun. Meine
Krampfadern. Wenn ich mich verletze… ich könnte verbluten,
und niemand würde etwas von meinem Schicksal wissen, bis man
mich eines Tages findet…‹
    Profane, alltägliche Gedanken, die den geheimnisvollen Bann
untergruben.
    »Komm. Dwylup ist eine schöne Stadt!«
    Hörte er die Stimme wirklich – oder bildete er sie sich
nur ein?
    Noch ein Schritt. Seine runzlige Hand griff zum Vorhang und zog
ihn ganz langsam zur Seite.
    Die matte Oberfläche eines alten Spiegels kam zum
Vorschein.
    Im gleichen Augenblick sah er, daß sich jemand im Spiegel
näherte.
    Er war nicht mehr allem in seinem Zimmer…
     
    *
     
    Seine Nackenhaare sträubten sich, er ließ mit einem
schrillen Aufschrei los, und der Vorhang legte sich schwer über
das schreckliche Spiegelbild, das er wahrgenommen hatte.
    Der Mann prallte zurück und merkte, wie sein Herz rasend zu
schlagen anfing.
    Das Bild, das er gesehen hatte, war so schrecklich, daß
Angst und Furcht ihn erfüllten, wenn er nur daran dachte. Und er
brauchte nicht mal daran zu denken. Das Bild war vorhanden, er
könnt es nicht mehr aus seinem Bewußtsein
verdrängen.
    Stöhnend wich er zurück, stieß mit dem Fuß
gegen einen lederbezogenen Schemel und fiel beinahe. Sich am Tisch
abstützend, konnte er den Sturz verhindern.
    Der Griff zum Lichtschalter folgte, und Helligkeit, die den
bleichen Schein von draußen vertrieb, gab sofort eine andere
Atmosphäre.
    Er atmete tief durch.
    Mehrmals preßte er fest die Augen zusammen und öffnete
sie wieder.
    Der Spuk war verflogen…
    Tief atmete der alte Mann durch, fuhr sich in die schütteren
Haare und bewegte murmelnd im Selbstgespräch die Lippen.
    »Es war kein Traum… ich weiß es genau… jede
Nacht wird es schlimmer… ich habe Angst und bin doch
gleichzeitig neugierig… und diese Neugierde ist stärker als
die Angst…« Er wischte sich über die Stirn, und kalte
Schweißtropfen hafteten an seiner Hand.
    »Ich darf nicht mehr allein sein… der Ruf wird
stärker… ich möchte Dwylup kennenlernen… und ich
weiß doch, daß es das Ende bedeutet… es wird mir so
ergehen wie Peter… ich brauche jemand… der muß
beobachten, was hier geschieht… ich bin stundenweise nicht mehr
im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte…«
    Eine Viertelstunde saß er auf dem Schemel und rührte
sich nicht.
    Dann schien sich sein Körper plötzlich mit neuem Leben
zu füllen.
    Er entwickelte eine Initiative, die ein Außenstehender
diesem alten, zerknittert aussehenden Mann nicht zugetraut
hätte.
    Enio Merkel, in dessen Adern das Blut seiner rassigen, aus Rom
stammenden Mutter floß, stolperte zum Schreibsekretär,
nahm Füllfederhalter und Papier und schrieb in der Nacht vom 15.
zum 16. Mai einen Brief, den er an seinen in St. Gallen lebenden
Freund Andreas Hoffner richtete.
    » Lieber Andreas,
    du wirst dich wundern, von mir heute diesen Brief zu
erhalten.
    Komm her, ich brauche dich! Erinnerst du dich an unsere
Abmachung? Wir hatten uns gegenseitig versprochen, einander zu
unterrichten, wenn der eine eine Entdeckung machen sollte, die
eindeutig beweist, daß es übersinnliche Phänomene
gibt. Ich glaube, ich habe das Tor in eine jenseitige Welt gefunden.
Beobachte mich! Mehr hier! Alles Gute und herzliche Grüße.
Dein Enio. «
    Der Briefschreiber war nicht ganz zufrieden mit diesem holprigen
Text, doch er faltete das Blatt zusammen und steckte es in einen
Umschlag.
    Er frankierte ihn, kleidete sich an und verließ das einsame
kleine Haus in den Bergen.
    Die Nacht war kühl. Enio Merkel zog fröstelnd die
Schultern hoch.
    Er lief schnell, war zäh und ausdauernd. Trotz seines Alters
war er beweglich geblieben.
    Enio Merkel lief insgesamt drei
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