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GK181 - Der Spinnenmann

GK181 - Der Spinnenmann

Titel: GK181 - Der Spinnenmann
Autoren: A.F.Morland
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freute mich darauf, ihn wiederzusehen. Mit dem Paternoster ging es zur fünften Ecage hoch. Eine Krankenschwester kam mir entgegen, bei deren Anblick mein Junggesellenpuls sofort schneller tickte. Sie sah, daß ich unsicher war, und fragte: »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Zu Dr. Carram«, sagte ich.
    Sie brachte mich bis vor die Tür. Ich lächelte sie dankbar an. »Wenn ich mal krank werden sollte, dann möchte ich ausschließlich von Ihnen gepflegt werden. Wie ist Ihr Name?«
    »Ich bin Schwester Susan.«
    »Und ich bin Bruder Tony. Merken Sie sich diesen Namen.«
    Sie lachte und ging weiter. Ich klopfte. »Ja!« kam es knapp durch die Tür. Ich erkannte seine Stimme sofort wieder. Grinsend trat ich ein. Aber dann war ich unsicher. Ich versuchte nachzurechnen, wie lange wir einander nicht gesehen hatten. Ein paar Jahre, überschlug ich dann oberflächlich. Und wie sehr hatte sich Andy Carram in dieser Zeit verändert. Ich erkannte ihn kaum mehr wieder. Er war immer ziemlich hager gewesen. Jetzt mußte er mindestens zweihundert Pfund auf die Waage bringen. Wie hatte er sich nur so entsetzlich vollfressen können. Vielleicht eine Krankheit? Eigentlich erkannte ich nur seine Augen wieder. Er erhob sich. Kurzatmig kam er auf mich zu.
    Nun breitete er lachend die Arme aus.
    Ihm war es weit weniger schwergefallen, mich wiederzuerkennen.
    »Tony!« schrie er mir begeistert ins Gesicht. »Tony Ballard! Bist du’s wirklich?«
    »Sollte ich diese Frage nicht lieber dir stellen, Andy?« fragte ich. Ich konnte meine Enttäuschung einfach nicht verbergen.
    Er drückte mich an seine ausladende Brust. Ich roch seinen Schweiß. Dicke Menschen schwitzen ja so furchtbar leicht.
    »Du hast dich überhaupt nicht verändert«, sagte Andy Carram.
    »Ich müßte lügen, wenn ich dasselbe von dir behaupten wollte«, sagte ich ehrlich. Vielleicht tat ich ihm damit weh, aber ich konnte nicht anders. Ich hasse unaufrichtige Menschen. Soll ich mich selbst hassen?
    Er trommelte mit seinen Händen auf seinen massigen Bauch. »Ich bin ein Monster geworden, was?«
    Ich vermißte das Lachen, das zu diesen Worten gepaßt hätte. Schnell suchte ich seinen Blick, und da sah ich, daß er unter seinem Aussehen litt.
    »Zuckerkrank«, sagte er.
    Ich erinnerte mich an seine Mutter. Auch sie war zuckerkrank gewesen. Mit neununddreißig Jahren war sie gestorben.
    »Kann man gar nichts dagegen machen?« fragte ich mit einem flauen Gefühl im Magen.
    »Insulin spritzen, Diät halten…« Andy lächelte bitter. »Ist es nicht paradox? Da ist man Arzt und kann sich nicht helfen.«
    Wir setzten uns. Ich mußte ihm von mir erzählen. Er hatte ab und zu meinen Namen in der Zeitung entdeckt. Auch über Vicky wußte er Bescheid, und er hatte sogar einige ihrer Bücher gelesen. Wir redeten wie zwei alte Leute von der Vergangenheit, von unserem kleinen Dorf, in dem wir aufgewachsen waren und in dem wir uns so wohl gefühlt hatten. Jung, gesund und kräftig war Andy Carram damals gewesen. Jawohl, auch kräftig, obwohl er untergewichtig gewesen war. Heute war er zwar noch nicht alt, aber seine Krankheit ließ ihn wesentlich älter wirken, als er tatsächlich war.
    Ich sagte ihm, daß ich die Absicht hätte, mich des Spinnwebenfalles anzunehmen.
    »Deshalb bin ich hierher gekommen«, ergänzte ich. »Als mir der Portier deinen Namen nannte, machte ich vor Freude beinahe einen Luftsprung. Du mußt mich unbedingt einmal besuchen, Andy.«
    »Sehr gern. Wo wohnst du?«
    Ich gab ihm meine Karte. »Steht alles drauf.«
    Er las: »Anthony Ballard. Privatdetektiv. Chichester-Road 22. Paddington.«
    »Ruf mich vorher an, damit ich sicher zu Hause bin«, riet ich ihm. Er nickte und schob die Karte in seine Brieftasche. Ich erkundigte mich nach dem Befinden von Burt Madison.
    »Er hat den Schock glücklicherweise bereits überwunden.«
    »Erlaubst du mir, ihn zu sehen?«
    »Ich dürfte es zwar nicht…«
    »Wer ist dagegen?«
    »Scotland Yard«, sagte Dr. Carram. »Aber bei dir will ich eine Ausnahme machen. Unserer alten Freundschaft wegen.«
    »Wir sollten sie wieder aufleben lassen, was meinst du?«
    »Ich bin dafür«, sagte Andy Carram. »Wo liegt Madison?« erkundigte ich mich.
    »Wir haben ihn in einem Einzelzimmer untergebracht.«
    »Was habt ihr mit ihm gemacht?«
    »Krampflösende Mittel hat er bekommen. Eine kreislaufstärkende Infusion kriegt er immer noch. Der Hospital-Psychiater hatte heute morgen ein längeres Gespräch mit ihm.«
    »Und?«
    »Wir können ihn bald
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