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Girls Game

Girls Game

Titel: Girls Game
Autoren: Bernd Bitzer
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insgeheim begeistert: ein abgegriffenes, blechernes Etwas, das vor Urzeiten wohl einmal herbe Zigarillos behütet hat. Oder zuckersüsses Konfekt. Oder beides. Und jetzt einem Schwarzweissfoto von Michael Palin und etlichen unidentifizierbaren Erinnerungsstücken ein praktisches Zuhause ist.
    Und auch für Suzans allerletzte Fränkli, die für eine petrolfarbene Ledertasche in die proppenvolle Kasse des auch nach Weihnachten noch proppenvollen Zürcher Kaufhauses wandern.
    Ich habe ein ganz schön schlechtes Gewissen. Suzan, eine angehende, garantiert irgendwann sehr erfolgreiche Medienproduzentin, wird für diese erste Tasche auf vieles verzichten.
    Eigentlich auf alles.
    Inklusive satt werden.
    Aber dann schreibt sie mir schon am nächsten Tag von „Wolke 7“: „War heute mit meiner Handtasche unterwegs – Freuden-Herzklopfen pur! Danke für Deine Ermutigung!“ Und ich weiss, sie ist es mehr als wert.
    Ich kann sie so gut verstehen.
    Jeder könnte es.
    Denn die äusserlich fast unscheinbare, petrolfarbene Tasche verbirgt in ihrem Inneren ein geradezu unerhört glänzend-knallig-lilabuntes Satin-Innenfutter!
    Innere Werte, die einem den Atem rauben. Wie Suzan eben. Ganz genauso. Zeig‘ mir Deine Tasche, und ich sage Dir, wer Du wirklich bist. Uralte Weisheit. Und garantiert nicht nur von mir.

Diva im Daimler
    Männer im Allgemeinen und Autonarren wie ich denken, dass alle Leute beeindruckt auf schillernde Lackierungen starren. Oder enormen Heckspoiler bewundern. Oder gewaltige Auspuffrohre.
    Aber im Gegenteil. Alle finden’s lächerlich. Sie sehen die Begeisterung für Autos wie, na ja, wie wir die Begeisterung für Golf. Vollkommen gaga. Die subtile Steigerung von Geht-überhaupt-nicht. Und jetzt ich. Und dieses geradezu unglaubliche, geflügelte Monster: ein funkelnagelneuer Mercedes SLS AMG. 571 Pferdchen. Startbereit. Da endet jede Vernunft.
    Diese Türen! Natürlich weiss man, weshalb sie eingebaut wurden – als stilistische Erinnerung an den „alten“ 300er Flügeltürer, die ewig aktuelle Ikone aller Sportwagen. Gut und schön, aber irgendwann muss man ja wieder ‘raus aus diesem verfluchten Teil. Im engen Minrock? Keine Chance! Und alle schauen zu. Und alle denken, was für eine Angeberin. Und sagen das auch. Mehr oder weniger laut. Dabei sind meine Aussteige-Verrenkungen absolut zirkusreif.
    Ausserdem bekommt man sie nicht wieder zu. Stellen wir uns mal einen durchschnittlich 179 cm grossen Mitteleuropäer vor. Keine Chance, vom Fahrersitz aus die geöffnete Tür auch nur ansatzweise zu erreichen. Glücklicherweise bin ich deutlich grösser und kann mir die optionsweise erhältliche Lederschlaufe ersparen. Alle anderen wählen die Option „Ich bin für den SLS zu kurz geraten“ und bitten vielleicht Passanten, die Tür zu schliessen. Sie werden davon nicht beeindruckt sein. Oder von Ihnen.



Schlussendlich schaffe ich es sogar, die Fahrertür im Wegfahren elegant ins Schloss zu ziehen. Und applaudiere mir ein bisschen selbst. Ich sollte bei dieser Gelegenheit erwähnen, dass ich diese superkritischen Zeilen aus reiner Notwehr schreibe. Ich bin dem SLS verfallen, restlos – und schreibe verzweifelt gegen den grausamen Drang an, auf der Stelle einen zu kaufen.
    Kommen wir also zurück zu den Fehlern. Ich dachte, dass mein eigener Audi R8 4.2 quattro ein vergleichsweise hartes Fahrwerk hätte. Ich befürchtete, es gäbe kaum einen Supersportler mit härterer Abstimmung. Aber AMG hat es geschafft, ein Fahrwerk einzuschweissen, das meinen knallharten R8 zum Komfort-Konkurrenten einer S-Klasse macht. Ich kenne meine Lieblingsstrecken, Bodenwelle um Bodenwelle. Der SLS hat mir jede einzelne mehr als nur nahegebracht.
    Ich habe jetzt liebevolle Namen vergeben.
    Dann fehlt einfach alles, was Frau an einem Auto heutzutage „alternativlos“ finden würde (das Wort des Jahres 2011 übrigens, einer Kanzlerin entlehnt, die sich hartnäckig als Frau ausgibt). Beleuchteter Schminkspiegel? Nichts da. Jede Menge Ablagen für weibliche Kleinigkeiten von Kugelschreiber bis Konzertkarten? Keine entdeckt. Aber eine Ausrede. Wozu habe ich eine Handtasche, in die sowieso all‘ das passt? Wozu also so etwas wie ein „Kofferraum“?
    Der SLS erscheint nur wie ein grosser, eleganter Tourenwagen – ausgestattet mit allem, was Leder und Luxus ansonsten anzubieten haben. Aber er ist und fährt sich wie ein reinrassiger, radikaler, über zwei Meter breiter Rennwagen. Das bedeutet Massarbeit in Autobahn-Baustellen.
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