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Girls Game

Girls Game

Titel: Girls Game
Autoren: Bernd Bitzer
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meiner Farbe. Oder irgend etwas sonst, das ich unbedingt haben muss. Dafür ist dann plötzlich kein Weg mehr zu weit und kein Absatz zu hoch. Kann doch nicht sein? Ist aber so.
    Wo vorher Zeit alles und der nächste Termin lebensnotwendig war, schlendre ich jetzt stundenlang durch Schuhläden, Designershops und jede Menge anderer Auslagen. Verbunden mit absolut adäquaten, radikalen, finanziellen Auslagen. Aber das muss dann eben sein. Und genügt mir plötzlich als Begründung. Hoffentlich sieht das meine Bank auch so. Zumindest noch eine Weile.
    „Gesehen werden“. Auch so eine Erkenntnis der erstaunlichen Art. Ganz zwangsläufig zähle ich mit meinen 194 Zentimetern schon unter Männern nicht gerade zum unauffälligen Durchschnitt. Besonders in zu kurzen Betten – erstmals beim „Bund“ eine recht unangenehme Erfahrung.
    Liess sich ersteres noch durch einen beherzten Tritt gegen das dünne untere Brett der dreistöckigen Schlafstatt beseitigen (die sofort veranlasste Neubeschaffung des „versehentlich beschädigten“ Bettbretts dauerte ziemlich exakt die 15 Monate meines Wehrdiensts), sowar die unauffällige Einordnung in irgendeiner hinteren Antritts-Reihe ziemlich und zügig erfolglos:



„Sie da, der Grosse! Nach vorne, marsch, marsch!“
    Nicht die kleinste Chance für „unauffällig“.
    Und jetzt die Steigerung. Denn ich mag hohe Absätze, verkneife sie mir aber im Tageseinsatz. Mehr als fünf Zentimeter sind nicht drin. Doch dann ist meine „Tarnung“ besser als zu olivgrünen Zeiten.
    Keiner erkennt mich.
    Wirklich keiner. Und keine.
    Auch nicht die süsse Verkäuferin der Basler Boutique, die mir zwei Tage zuvor noch ein grandioses graues Strickkleid (eines meiner Lieblingsstücke) in Grösse 44 verkauft hat. Und jetzt nach einer dunkelblauen Doublette sucht. Und erst nach meinem freundlichen Hinweis auf „Vorgestern“ ganz, ganz grosse Augen bekommt: „Was, das waren Sie? Uiiiihhh, nicht erkannt, nie im Leben! Und ich dachte noch, das ist aber mal eine Grosse…“. Danach ist die Begeisterung gross, meine Einkaufstüte viel zu klein und mein Konto restlos am Limit.
    Shopping macht ja soooo viel Spass!

Das blaue Wunder
    Ok, es ist nur eine Hose. Aber was für eine. Und ich, der ich die vornehmlich blauen bis schwarzen Dinger lebenslang nur als hinreichend praktisches Bekleidungsstück gesehen habe, lerne und begreife. Dass eine Jeans natürlich nicht nur eine Hose ist. Sondern eine Weltanschauung.
    Reine Philosophie. Sozusagen die in diverses Textil gefasste weibliche Version von Schopenhauer. Oder wen immer Sie als Lieblingsphilosophen eher mögen. Egal – jede Jeans reflektiert in jedem Augenblick den Bewusstseins- und Gemütszustand der in ihr steckenden Frau. Mehr oder weniger.
    Habe ich gelernt.
    Aber nicht begriffen.
    Bis ich selber in einer steckte. Also nicht in dem, was Männer so gemeinhin als „Jeans“ kennen und schlabbrig weit über mehr oder weniger bemerkenswerte Hinterbacken ziehen. Ich meine eine Jeans, die wirklich wie angegossen passt. Eine Hose, die irgendwie nach einer anderen Bezeichnung verlangt. Eine Hülle, die exakt an den richtigen Stellen anliegt, zart bis unnachgiebig formt und unterstreicht, beim Gehen fast zwangsläufig diesen unglaublich sexy Schritt auslöst, irgendwann die Schwerkraft aufhebt und irgendwie viel mehr ist als nur eine Hose. Dafür ist Diana verantwortlich.





Sie hatte vor einigen Jahren die simple Idee und ausreichend Motivation, einen Herzenswunsch vieler Frauen in die Tat umzusetzen: die Wunsch-Jeans nach Mass. Jeder Zentimeter perfekt passende Persönlichkeit zum Anziehen. In jeder Farbe, jeder Waschung, jedem Zerstörungsgrad, jeder auch nur annähernd machbaren Fadenfarbe und Effekthascherei.
    Ein Job, der die kleine Mansarde im Stuttgarter Norden bis aufs Letzte ausfüllt. An allen verfügbaren Wänden quellen die Grundmaterialien für wunderbare Zweibeiner aus Kisten und Kästen, zwischen Industrienähmaschine und Bügelbrett bleibt kaum Platz für ihre neueste Errungenschaft: ein hyperelektronischer Stickcomputer, der irgendwann mein „girls game“-Logo in eine meiner Backentaschen nadeln soll.
    Doch davor ist penibles Ausmessen angesagt. Stück für Stück nimmt Diana meinen Hoseninhalt in Augenschein, vermerkt rekordverdächtige 116 Zentimeter Beinlänge und anerkennend wenig Bauchumfang. Ich halte die Luft noch ein wenig länger an und hoffe, dass meine bläuliche Gesichtsfarbe von der milden Abendsonne unauffällig
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