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Girls Game

Girls Game

Titel: Girls Game
Autoren: Bernd Bitzer
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Claus’ riesigen Studiokatakomben soll zur nächsten Bühne für mich werden. Heisst erstmal harte Arbeit: kompletter Outfit-Wechsel, Make-up neu und dann Auge in Auge mit einem Spiegel, der den ganzen Raum beherrscht. Und dann mich. Und nicht mehr loslässt. Das liebe ich… und bin wieder und wieder fasziniert vom Auge des Fotografen, der mein Spiel mit dem Spiegel bis ins Detail inszeniert, kontrolliert. Um im richtigen Moment loszulassen, abzudrücken und diesen einen, entscheidenden Moment einzufangen, der so viel mehr vermittelt als nur ein Bild.
    Ich fühle mich wie besoffen. Denn die, die mit mir da Auge in Auge kokettiert, hat mich voll erwischt. Alles, was in mir Mann heisst, hat längst in den „Habenwollen“-Modus geschaltet. Und das, was Frau ausmacht, übrigens auch. Immer wieder erstaunlich, was Sex so mit einem anstellt. Und direkte Rückkopplung.
    Ich ziehe einen Mundwinkel noch eine Nuance höher, korrigiere die Blickintensität, Kopf noch eine Idee mehr nach links… und registriere verblüfft, wie meine Sensoren und Synapsen spontan und begeistert einen weiteren Eimer dieses aberwitzigen Chemiecocktails über mir ausschütten.
    Ich bin mir nicht sicher, ob sich diese ungeheuerliche Erfahrung jemals in Worten vermitteln lassen wird. Mir fehlen sie jedes Mal.
    Nur dieses Lächeln.
    Das bleibt.
    Und – ganz nebenbei – die vollständige und unerschütterliche Überzeugung, dass mich meine Haare irgendwann garantiert zur Verzweiflung treiben. Nun ja, ich habe gar keine. Zumindest nicht mehr viel Angewachsene. Aber umso mehr von der Sorte, die man in den Schrank hängen kann. Was das Haarproblem nicht verringert, sondern potenziert. Aber ich weiss wenigstens, dass ich damit nicht allein bin. Und mir notfalls jederzeit neue kaufen kann.
    Aber das hilft nicht.
    Das kostet nur.
    Milliarden Mädels fühlen mit mir. Unerklärlicherweise weiss man es meist schon vor dem Aufstehen. Heute ist ein „Bad-hair-day“. Besser liegenbleiben. Besser die Augen wieder schliessen und das unabänderliche Frisur-Fiasko des kommenden Tages wenigstens versuchshalber wegträumen. Denn sie kann und wird nicht funktionieren, nicht aussehen, nicht sitzen, nie und nimmer so sein, wie es sich eine eigene, unkontrollierbare Designabteilung in irgendeiner Hirn-Nische über Nacht in den Kopf gesetzt hat. Die perfekte Frisur. Denn erst die passgenaue Übereinstimmung sämtlicher 75.000 rothaarigen bis 150.000 blonden Proteinstengel mit dem vorgegebenen Muster bringt die erwünschte Befriedigung. Oder eben nicht.



Allermeistens.
    Kann also keinesfalls gut gehen.
    Weshalb denn nicht? Fragen unbedarfte Männer vielleicht. „Mann“ stelle sich ein unüberschaubares Memorypuzzle mit 150.000 Teilen vor. Das eine unsichtbare Verrückte zudem alle paar Minuten vollständig neu vermischt. Und dann immer wieder versucht, daraus passende Paare zu bilden. Schwierig. Um nicht zu sagen… absolut unmöglich. Das ist Tagwerk für die meisten Frauen. Mein Respekt vor dieser Sisyphus-Aufgabe ist schon lange unermesslich. Mich trifft sie jedes Mal neu. Denn wo es für eine „Bio-Frau“ schon einigermassen unmöglich ist, einem passenden Friseur des Vertrauens für mehr als nur ein paar Wochen die Treue zu halten, suche ich immer noch nach begabten Haarkünstlern, die mit künstlichem Kopfschmuck im Dutzend klarkommen.
    Und mit mir.
    Wobei dieselbe Grundregel gilt:
    Wehe, es passt nicht!
    Doch auch diesmal geschieht wieder ein Wunder und das eigentlich Unmögliche: die Mähne sitzt. Und wie.
    Das Make-up, Lippenstift… perfekt. Alles so, wie ich es mir vorgestellt habe. Und löst dieses unerhörte, federleichte, phantastische Gefühl aus, das Männer nicht einmal im Ansatz nachvollziehen können.
    Ich bin ganz ich.
    Sieht man, oder?

Denken ist Glückssache
    Ist ja gut. Da denke ich nun stundenlang in aller gebotenen Gründlichkeit und Seriosität über die Differenzen der grundsätzlichen Denkvorgänge bei Männern und Frauen nach.
    Und der erste, brauchbarste Vergleich, der mir dazu einfällt, hat etwas zu tun mit, nun ja… mit Vögeln. Bitte um Entschuldigung, aber so ist es nun mal. Ein typischer Männergedanke visualisiert für mich jedesmal einen grossen, grandiosen Seeadler, der majestätisch seine Kreise in den strahlend blauen Himmel schreibt.
    Der Einzige. Weit und breit.
    Unbeirrbar, klar, eindeutig.
    Kein Wunder also, dass das, was Männer antreibt, so erstaunlich zielgerichtet sein kann. Einkaufen? Klare Sache. Bier holen?
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