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Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone
Autoren: Giovannino Guareschi
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Hier wird mit drei Erzählungen der Schauplatz der Handlung, das Besondere der Landschaft und ihrer Menschen geschildert

    In meinen jungen Jahren war ich Reporter bei einer Zeitung und trieb mich den ganzen Tag auf dem Fahrrad herum, um etwas Berichtenswertes zu finden.
    Dann lernte ich ein Mädchen kennen und verbrachte nunmehr meine Tage mit den Überlegungen, wie sich dieses Mädchen wohl verhielte, wenn ich Kaiser von Mexiko wäre oder sterben würde? Und am Abend füllte ich meine Seiten, indem ich Ereignisse erfand, und diese Ereignisse gefielen den Leuten ganz gut, weil sie viel wahrscheinlicher waren als die wirklichen.
    Mein Wortschatz dürfte aus etwa zweihundert Wörtern (auf eines mehr oder weniger kommt es nicht an) bestehen. Es sind dieselben, mit denen ich früher die Geschichte vom Alten, der von einem Radfahrer überfahren wurde, oder die Geschichte von der Bäuerin, die beim Kartoffelschälen ihre Fingerkappe lassen mußte, zu erzählen pflegte.
    Keine Literatur also oder ähnliche Ware: ich bleibe in diesem Buch jener Zeitungsberichterstatter und beschränke mich darauf, Tagesereignisse zu erzählen. Es sind erfundene Dinge, und sie sind daher so wahrscheinlich, daß ich in einer Reihe von Fällen eine Geschichte geschrieben und dann nach einigen Monaten gesehen habe, wie sie in Wirklichkeit sich wiederholt. Es ist nichts Außerordentliches dabei; es ist einfach eine Sache der Überlegung: man betrachtet die Umstände, die Jahreszeit, die Mode und den psychologischen Augenblick, und man schließt daraus, daß beim gegebenen Stand der Dinge in einem bestimmten Milieu dieses oder jenes Ereignis sich zutragen könnte.
    Diese Erzählungen leben also in einem bestimmten Klima und in einem bestimmten Milieu. Es ist das italienische politische Klima vom Dezember 1946
    bis zum Dezember 1947. Im großen und ganzen die Geschichte eines Jahres Politik.
    Das Milieu ist ein Stück der Po-Ebene. Und da muß ich klarstellen, daß der Po für mich bei Piacenza beginnt.
    Die Tatsache, daß es von Piacenza aufwärts noch immer derselbe Fluß ist, bedeutet gar nichts; auch die Via Emilia ist zwischen Piacenza und Mailand im Grunde genommen immer dieselbe Straße; und doch ist die wirkliche Via Emilia nur jene zwischen Piacenza und Rimini.
    Man kann einen Fluß nicht mit einer Straße vergleichen, weil die Straßen der Geschichte und die Flüsse der Geographie angehören.
    Na und?
    Die Geschichte wird nicht von den Menschen gemacht: die Menschen sind der Geschichte unterworfen, wie sie der Geographie unterworfen sind.
    Übrigens ist die Geschichte mit der Geographie funktionell verbunden.
    Die Menschen versuchen, die Geographie zu verbessern, indem sie die Berge durchbohren und die Flüsse umlenken, und indem sie so tun, bilden sie sich ein, der Geschichte einen anderen Lauf zu geben, ändern aber schon gar nichts, weil eines schönen Tages alles zugrunde gehen wird. Und die Gewässer werden die Brücken verschlingen und die Dämme durchbrechen und die Gruben überschwemmen; die Häuser und die Paläste und die Hütten werden einstürzen, und das Gras wird aus den Ruinen wachsen, und alles wird wieder zu Erde. Und die Überlebenden werden mit Steinwürfen gegen die Tiere kämpfen müssen und die Geschichte wird wieder beginnen.
    Die übliche Geschichte.
    Und dann, nach dreitausend Jahren, werden sie unter vierzig Meter Schlamm einen Wasserhahn und eine Fiat-Drehbank entdecken und sagen:
    «Schau dir das nur einmal an!»
    Und sie werden sich schrecklich bemühen, dieselben Dummheiten der vergessenen Vorfahren zustande zu bringen. Weil die Menschen unglückliche Geschöpfe sind, zum Fortschritt verurteilt, und dieser Fortschritt sie unvermeidlich verleitet, den alten Gottvater durch funkelnagelneue chemische Formeln zu ersetzen. Und so wird zum Schluß dem alten Gottvater die ganze Sache lästig, er bewegt um ein Zehntel Millimeter das letzte Glied des kleinen Fingers seiner linken Hand, und die ganze Welt fliegt in die Luft.
    Der Po beginnt also bei Piacenza und tut sehr gut daran, weil er der einzige achtenswerte Fluß ist, den es in Italien gibt: die Flüsse, die auf sich selbst etwas halten, entfalten sich in der Ebene, weil Wasser eine Sache ist, dazu geschaffen, waagrecht zu bleiben, und nur wenn es vollkommen waagrecht ist, bewahrt das Wasser seine natürliche Würde. Die Wasserfälle von Niagara sind eine Zirkussensation, so wie Menschen, die auf den Händen gehen.
    Der Po beginnt bei Piacenza, und bei Piacenza
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