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Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn
Autoren: N. Singh
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zuvor.«
    Außer sich vor Zorn hörte Elena nur noch das weiße Rauschen in ihren Ohren. Sie verspürte den Wunsch, wieder auf ihn anzulegen und abzudrücken. Bilder strömten auf sie ein – spritzendes karminrotes Blut, ein gebrochener Flügel, das Entsetzen in Raphaels Augen. Nein … nie wieder würde sie auf ihn schießen, doch er reizte sie stets aufs Neue. »Was bin ich dann?«
    »Du bist mein.«
    War es wirklich falsch, dass sein leidenschaftlicher Blick und besitzergreifender Ton ihr wohlige Schauer über den Rücken jagten? Wahrscheinlich schon. Aber das kümmerte sie im Moment nicht. Das Einzige, was jetzt zählte, war, dass sie sich an einen Erzengel gebunden hatte, für den nur seine eigenen Regeln galten. »Ja«, pflichtete sie ihm bei. »Mein Herz gehört dir.«
    In seinen Augen flammte so etwas wie Genugtuung auf.
    »Aber mehr auch nicht.« Sie sah ihn fest an und ließ sich nicht einschüchtern. »Ich stecke also mit meiner Unsterblichkeit noch in den Kinderschuhen. Schön und gut … aber ich bin immer noch eine Jägerin. Eine, die gut genug war, dass du sie engagiert hast.«
    Von Leidenschaft keine Spur mehr, er wirkte verstimmt. »Immerhin bist du ein Engel.«
    »Mit himmlischem Zaubergeld?«
    »Geld spielt keine Rolle.«
    »Natürlich nicht … du bist ja auch reicher als Midas höchstpersönlich«, murmelte sie. »Aber ich werde nicht einfach nur dein kleines Kauspielzeug sein …«
    »Kauspielzeug?« Ein amüsierter Blick.
    Sie nahm keine Notiz davon. »Sara hat gesagt, ich kann meinen alten Job jederzeit zurückhaben.«
    »Die Loyalität gegenüber den Engeln zählt jetzt mehr als deine Verpflichtungen gegenüber der Gilde der Jäger.«
    »Michaela, Sara, Michaela, Sara«, murmelte sie mit gespielter Nachdenklichkeit. »Göttliches Biest gegen beste Freundin, mmh, für wen soll ich mich bloß entscheiden?«
    »Das ist doch belanglos, oder?« Er zog eine Braue in die Höhe.
    Irgendwie hatte sie das Gefühl, er wusste etwas, das sie nicht wusste. »Warum denn?«
    »Ehe du nicht fliegen kannst, kannst du sowieso keinen deiner Pläne umsetzen.«
    Das brachte sie zum Schweigen. Wütend starrte sie ihn an und ließ sich dann schließlich in die Kissen zurücksinken. Ihre Mitternachtsflügel lagen ausgebreitet auf dem Laken; sie hatten alle Schattierungen von Schwarz über Indigo und Dunkelblau bis Morgengrau und endeten schließlich in einem strahlenden Weißgold. Gerade einmal zwei Sekunden hielt sie das Schmollen durch. Elena und Schmollen, das passte nicht zusammen. Nicht einmal Jeffrey Deveraux, der sonst alles an seinem »Scheusal« von Tochter verachtete, konnte ihr das vorwerfen.
    »Dann bring es mir bei«, sagte sie und richtete sich auf. »Ich bin bereit.« Der unbändige Wunsch, fliegen zu können, schnürte ihr fast die Kehle zu, ihre Seele verzehrte sich danach.
    Raphaels Gesicht zeigte keinerlei Regung. »Du schaffst es noch nicht einmal ohne fremde Hilfe bis zum Balkon. Du bist schwächer als Engelnachwuchs.«
    Die kleinen Flügel und kleinen Körper, stets in der Obhut der Großen, waren ihr schon aufgefallen. Viele waren es nicht, aber es gab sie. »Die Zufluchtsstätte«, fragte sie, »ist sie ein sicherer Ort für eure Kleinen?«
    »Sie ist alles, was wir brauchen.« Seine sündig schönen Augen wanderten zur Tür. »Dmitri kommt.«
    Als Dmitris verführerischer Duft sie umschmeichelte und sich sexy und schamlos wie ein weicher Pelz um sie legte, schnappte sie nach Luft. Leider war sie auch nach ihrer Verwandlung gegen diesen besonderen Vampirkniff nicht gefeit. Doch die Kehrseite der Medaille traf gleichermaßen zu. »Vampire kann ich immer noch wittern, das kannst du nicht abstreiten.« Deshalb war sie schon von Geburt an eine Jägerin.
    »Du wirst uns vielleicht eines Tages sehr nützlich sein, Elena.«
    Sie fragte sich, ob ihm überhaupt klar war, wie arrogant das klang. Wahrscheinlich nicht. Unbesiegbar zu sein, und das schon seit viel mehr Jahren, als sie sich vorstellen konnte, hatte die Arroganz zu einem festen Bestandteil seiner Persönlichkeit werden lassen … Aber nein, dachte sie. Schließlich konnte er doch verletzt werden. Als in New York die Hölle los war und ein Blutengel versucht hatte, die ganze Stadt zu zerstören, hatte sich Raphael entschieden, gemeinsam mit Elena zu sterben, statt ihren verletzten Körper auf dem Felsenvorsprung hoch über Manhattan zurückzulassen.
    Zwar waren ihre Erinnerungen verschwommen, aber sie konnte sich noch gut an zerfetzte
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