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GIERIGE BESTIE

GIERIGE BESTIE

Titel: GIERIGE BESTIE
Autoren: Thomas Müller
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den notwendigen Spesen haben Sie keine Abbuchungen vorgenommen. Warum?“
    „Weil man sich die wirklich wertvollen Dinge des Lebens nicht kaufen kann“, meinte ich etwas kryptisch. „Zum Beispiel ein gutes Gespräch. Außerdem hatte ich drei wertvolle Verbündete während des gesamten Auftrages.“
    „Wie dem auch sei“, meinte er, „der Hubschrauber wird Sie zurück zum Flughafen bringen und ich habe die Piloten angewiesen, ab 18.00 Uhr startbereit zu sein. Mit einem Zwischenstopp sind Sie spätestens morgen Abend zu Hause. Ich habe angeordnet, dass es Ihnen beim Retourflug an nichts fehlen soll, aber ich muss Sie jetzt trotzdem fragen. Wer waren denn Ihre wertvollen Verbündeten?“
    Ich ließ noch einmal meinen Blick über die riesige Glasplatte gleiten, strich ein wenig wehmütig mit meinen Fingern darüber. Ich wunderte mich noch einmal über die durchbohrte Skulptur, den schmucklosen Raum, stand auf, ging zum Fenster und betrachtete ein wenig gedankenverloren die zarten Hügelketten und den langsam zum Leben erweckten Laubwald, der sich vor dem Gebäude schier endlos erstreckte.
    „Der Wind, eine alte blinde Frau und die Psychologie, El Presidente, ja, die Psychologie. Aber diese Wissenschaft kann nicht nur eine getreue Verbündete sein, sondern hat mit Sicherheit noch nicht all ihre Geheimnisse preisgegeben.“
    Triesen, Genf 2006

Epilog
    Der Leser möge verzeihen, dass ich zeitliche Einordnungen, Örtlichkeiten der Handlung und auch alle Namen aus grundsätzlichen und datenschutzrechtlichen Überlegungen verändert und auch die Charaktere leicht „bedeckt“ habe.
    Ello Dox (selbstredend ist gerade dieser Name frei erfunden und jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen wäre reiner Zufall, ungewollt und entspricht keinesfalls der Realität) wurde vom zuständigen Bundesgericht in erster Instanz unter anderem wegen versuchter Nötigung und Urkundenunterdrückung zu mehreren Jahren unbedingter Haft verurteilt. Im Revisionsverfahren bat die Verteidigung unter anderem auch mich, meine persönliche Einschätzung zum Verhalten von Ello Dox während der Gespräche und auch über den immateriellen Wert seiner zur Verfügung gestellten Erkenntnisse zur Bearbeitung und Verhinderung ähnlich gelagerter Handlungen zu befunden, zu beurteilen und im Verfahren dem zuständigen Revisionsgericht zur Verfügung zu stellen, was ich auch tat. Nach Beendigung des Instanzenzuges wurde die zeitliche Freiheitsstrafe herabgesetzt und auf ein bedingtes Strafmaß geändert.
    Neben anderen Milderungsgründen führte das Revisionsgericht in seiner Begründung unter anderem eine beispiellose Form der Reue und Wiedergutmachung als auch eine günstige Zukunftsprognose an.
    Im Januar 2006 erhielt ich von Ello Dox eine verschlüsselte E-Mail, in der er Folgendes festhielt: „Hallo, Dottore, jetzt weiß ich, welch richtige Entscheidung Sie empfohlen haben, es geht mir sehr gut. Danke. Gruß ...“ Es spricht einiges dafür, dass die E-Mail in Südafrika abgesetzt wurde – oder auch nicht ...
    Bei der nachträglichen inhaltlichen, historisch-sachlichen und personenbezogenen Überprüfung in der Kirche von Obermauern im Virgental in Osttirol stellte sich durch die äußerst kompetente und mit unglaublichem Fachdetailwissen ausgestattete „Hobbyhistorikerin“ Therese Fuetsch in Virgen heraus, dass die gemalte Szene in der Dorfkirche erst im Zuge der Restauration zutage trat. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Szene den Kindermord von Bethlehem, also die Reaktion von König Herodes auf eine Weissagung, darstellt und nicht das „Salomonische Urteil“.
    Trotz intensiver Nachfrage und Suche im Dorf, auch durch die fachkundige Unterstützung von Therese Fuetsch, konnte jene Frau, die mich im Januar in der Kirche beim Betrachten des Bildes überrascht hatte, nie gefunden werden.
    Ungeachtet dessen zitierte Theresa Fuetsch aus einem kunsthistorischen Buch über diese Darstellung: „Wenn man sich von dieser Szene auch am liebsten abwenden möchte, so ist sie doch ein wesentlicher Hinweis auf dämonische Todesmächte, die sich in ihrer Wildheit an Unschuldigen entladen und oft die Kinder als Erste treffen. Immer haben die Menschen den Mord an Kindern als besonders verabscheuungswürdig empfunden: In der Tat, was haben Kinder mit der Machtgier, den Interessen, der Gleichgültigkeit der Erwachsenen zu schaffen! So wird dieses Bild über die Jahrhunderte hinweg zu einer Frage, welche verborgene Gewalt gegenüber unschuldigen
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