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Gesang der Untoten

Gesang der Untoten

Titel: Gesang der Untoten
Autoren: Carter Brown
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schrie es
zurück. »Ich komme jetzt rein!«
    Und dann ging die Tür auf.
Herein kam Mango Pickle in hautengen Jeans, grellrotem Hemd und mit seiner
Gitarre in der Hand.
    »Burt hat mir alles erzählt«,
platzte er heraus, »wie du dein Leben aufs Spiel gesetzt hast, um Sophie zu
retten und...« Seine Stimme wurde immer leiser, als er uns drei sah.
    »Was läuft hier eigentlich?«
fragte er verdutzt.
    »Das geht Sie nichts an.« Der
Grindel ließ meine Schulter los und wandte sich zu Mango. »Raus!«
    »Vielleicht ’ne Orgie?« Mangos
Gesicht wurde starr. »Das hätte ich nicht von dir gedacht, Mavis.«
    Jetzt oder nie, dachte ich. »Er
will mich umbringen!« rief ich verzweifelt.
    Der Grindel knurrte vor Wut,
dann schlug er mir so fest ins Gesicht, daß ich vom Stuhl flog und mit einem
mächtigen Plumps, der mir den Atem nahm, auf dem Boden landete. So konnte ich
nur hilflos zusehen. Mango stand mit offenem Mund da, Sophie versuchte, sich
unsichtbar zu machen. Dann zog der Grindel einen Revolver und richtete ihn auf
Mango.
    Mango machte den Mund zu.
»Jawohl!« sagte er, drehte sich gehorsam um und ging zur Tür. Dann blieb er
stehen und meinte mit einer aufsässigen Kopfbewegung: »Was ist das eigentlich
für ein Zoo hier?«
    »Das hat mit Ihnen überhaupt
nichts zu tun«, sagte der Grindel. »Sie bleiben dort stehen und rühren sich
nicht, sonst muß ich Sie erschießen.«
    »Wer sind Sie eigentlich?
Frankensteins Stiefsohn?«
    »Ruhe!« sagte der Grindel
leidenschaftslos. »Mavis, stehen Sie auf und fangen Sie an zu schreiben!«
    »Ich muß eine Erklärung
schreiben, daß er kein Mörder ist, aber ich weiß es besser«, sagte ich rasch zu
Mango. »Danach wirft er mich aus dem Fenster.«
    Des Grindels Stiefelspitze
erwischte mich an den kurzen Rippen und ließ mich über den Boden rollen. Ich
hörte einen entsetzlichen Fluch von Mango und dann ein lautes, klingendes
Geräusch. Als ich hochsah, stolperte der Grindel mit Mangos zersplitterter
Gitarre um den Hals im Zimmer herum, und mir wurde klar, daß Mango ihm das
Instrument auf den Kopf geschlagen haben mußte. Der Grindel gab einen Schuß ab,
von dem ich geschworen hätte, daß er Mangos Scheitel nachzog, dann stieß er an
den Schreibtisch und fiel rücklings darauf.
    Mango stand da, als hätte man
ihm die Sohlen an den Fußboden geschraubt, sein Gesicht wurde immer weißer, als
ihm klar wurde, wie nahe er gerade dem Tod gewesen war. Ich brachte es fertig,
mich auf die Ellbogen zu stützen, das war aber auch alles. Ich sah, wie der
Grindel nach der Schreibtischplatte griff, nach Halt suchte, um wieder auf die
Beine zu kommen. Jetzt war alles vorbei, dachte ich. Wenn der wieder hochkommt,
bringt er uns alle drei um.
    Da lief Sophie auf den
Schreibtisch zu. Ich sah ihre Augen und wußte, was sie vorhatte; einen Vorwurf
konnte ich ihr nicht machen. Sie packte die Knie des Grindels, schob sie gegen
seine Brust und drückte. Sein Kopf rutschte aus dem offenen Fenster hinaus, und
Sophie drückte noch fester. Der Grindel stieß einen entsetzlichen Schrei aus
und war plötzlich nicht mehr da. Vier Sekunden schienen sich zu einer Stunde zu
dehnen, bis er mit einem scheußlich klatschenden Geräusch aufschlug.
    Sophie löste sich in Tränen auf
und vergrub das Gesicht in den Händen. Ich kam auf die Beine, hinkte zu ihr
hinüber und legte ihr einen Arm um die Schultern.
    »Du hast uns alle gerettet. Was
für ein Glück. Der Grindel ist rückwärts auf den Tisch gefallen und geradewegs
aus dem Fenster gerutscht.«
    »Ist er aber nicht!« Sie hob
den Kopf und sah mich aus tränennassen Augen an. »Du hast doch gesehen, was
passiert ist, Mavis! Ich habe ihn — «
    »Dir ging es genau wie mir«,
sagte ich rasch. »Konntest auch nur dastehen und nichts machen. Stimmt’s,
Mango?«
    »Stimmt«, meinte er mit einer
sonderbar hohen Stimme. »He! « Seine Stimme sprang noch eine Oktave höher, was
ich nicht für möglich gehalten hätte. »Wißt ihr was? Ich wäre beinahe tot
gewesen!«
    Dann verdrehte er die Augen und
sackte ohnmächtig zu Boden.
     
    Das Abendessen war großartig,
auch wenn Mango bei seinem makrobiotischen Menü blieb. Nach dem Essen landeten
wir Seite an Seite auf der Couch, auf dem Plattenspieler drehte sich eine
Ventura-Platte. Diesmal hatte ich nichts dagegen; ich konnte in Ruhe zuhören
und ihre herrliche Stimme genießen. Dann merkte ich, daß Ruhe nicht ganz das
richtige Wort war, denn Mangos Hände wurden immer eifriger.
    »London wird irre«, sagte
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