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Geliebter der Nacht

Titel: Geliebter der Nacht
Autoren: Robin T. Popp
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indessen gar nicht gut. Das Schrillen in seinen Ohren nahm sekündlich zu, und ungekannte Mächte zerrten an ihm, gegen die er sich nicht wehren konnte. Dabei wollte er so lange bei Lexi bleiben, wie er konnte.
    Als sie die Augen öffnete, lächelte er sie an.
    »Darius?« Ihre Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern. »Was ist passiert?«
    »Tain hat auf dich geschossen, aber alles wird wieder gut.«
    »Ich dachte, du bist tot«, seufzte sie unglücklich.
    Am liebsten wollte er ihr sagen, dass es ihm gutging, aber er durfte sie nicht belügen. Stattdessen lächelte er nur und versuchte, ihr mit Blicken zu bedeuten, wie sehr er sie liebte, denn das Sprechen fiel ihm zu schwer.
    Je stärker das Zerren an ihm wurde, umso heftiger zitterte er vor Anstrengung, ihm zu widerstehen. Damit sie es nicht merkte, legte er sie auf den Boden.
    »Verlass mich nicht!«, flehte sie ihn an. »Bitte, verlass mich nicht!«
    Das konnte er ihr unmöglich versprechen. Also beugte er sich vor und gab ihr einen letzten Kuss. »Es tut mir leid«, flüsterte er.
    Dann plötzlich wurde er aus der Erddimension gerissen und durch Raum und Zeit gewirbelt. Lichter zischten an ihm vorbei, die ihn blendeten. Mit geschlossenen Augen betete er, der Tod möge schnell kommen. Auf einmal bewegte er sich nicht mehr, sondern lag auf etwas Kaltem, Hartem. War er immer noch in dem Raum, neben Lexi auf dem Boden? Bei der Vorstellung wurde ihm warm ums Herz, und er öffnete die Augen.
    Allerdings schloss er sie gleich wieder, weil das Licht viel zu grell war. Zugleich packte ihn eine maßlose Enttäuschung.
    Nach mehreren Sekunden setzte er sich auf und schirmte die Augen mit der Hand ab, bevor er sie wieder öffnete. Er hockte auf dem Balkon seines Hauses, umgeben vom vertrauten strahlend blauen Himmel und den üppigen grünen Wäldern zu beiden Seiten des saphirblauen Sees. Das Déjà-vu-Erlebnis war so ausgeprägt, dass er sich zuerst fragte, ob er Ravenscroft überhaupt je verlassen hatte.
    Dann aber sah er Lexis hellgraue Augen vor sich, die zu ihm aufblickten, sowie ihren wohlgeformten festen Körper, der sich gegen seinen drückte. Nein, das war zu real, als dass er es sich hätte einbilden können.
    »Darius!«, rief Sekhmet, die mit Whitley zu ihm geeilt kam. »Geht es dir gut?«
    Whitley half ihm auf, und seine Mutter zog ihn in ihre Arme. Er wehrte sie ab.
    »Schick mich zurück!«, befahl er ihr, packte sie bei den Armen und schüttelte sie unsanft.
    »Bitte, Mutter!«, rief er. »Ich bitte dich! Schick mich sofort zurück!«
    »Ich kann nicht«, sagte sie mit Tränen in den Augen. »Ich habe es gerade noch geschafft, dich herzubringen.«
    »Komm erst einmal herein«, schlug Whitley vor. »Mit der Zeit wird es wieder besser.«
    Eine eisige Kälte legte sich um Darius’ Herz, und er ließ die Hände heruntersinken. Schweigend trat er von Sekhmet und Whitley weg, die wortlos dastanden, während er sich abwandte und zu seinem Zimmer ging. Er war wie betäubt. Jedoch würde dieses Betäubtsein irgendwann nachlassen, und danach blieb ihm nichts mehr außer Schmerz. Entsprechend war er im Moment fast dankbar, weil er überhaupt nichts empfand.
     
    Darius wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte. Es könnten Monate gewesen sein. Aber was machte das schon? Er war nicht daran interessiert, zu leben, also war es auch sinnlos, aufzustehen.
    Als er schließlich doch aus seinem Zimmer kam, warteten Whitley und seine Mutter im Salon auf ihn. Sie saß in ihrem Lieblingssessel und war mit zwei Metallstöckchen und einer Garnrolle beschäftigt. Es war so ungewohnt, sie bei etwas so Profanem wie Stricken zu sehen, dass Darius tatsächlich einen Funken Neugier empfand – der jedoch schnell wieder erlosch.
    »Wie geht es dir?«, fragte sie voller Sorge und sah ihn prüfend an.
    »Hallo, Mutter.« Er ging zu ihr und küsste ihr die Hand. »Mir geht es …«
Beschissen.
»Gut.«
    Sie umfing sein Gesicht mit beiden Händen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Wir hatten Angst um dich.«
    Darius setzte sich in den Sessel neben Whitley und wartete darauf, mit Fragen bombardiert zu werden. Er brauchte nicht lange
     zu warten.
    »Erzähl uns alles!«, forderte Sekhmet. »Konntest du Amadja aufhalten? Was ist mit Tain? Hast du ihn gesehen? Ist er wohlauf?«
    »Na, na, nun lass den Jungen doch erst einmal Atem schöpfen!«, ermahnte Whitley sie. »Darius, erzähl uns einfach, was passiert ist. Wir waren sehr in Sorge.«
    Darius versuchte, ihre Gefühle
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