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Geliebter der Nacht

Titel: Geliebter der Nacht
Autoren: Robin T. Popp
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Prolog
    D as also ist Sterben.
Was für eine Ironie des Schicksals!
, dachte Darius, während er von grellen Lichtblitzen geblendet wurde und ein Schmerz durch ihn hindurchfuhr, der ihn in die Knie zwang. Mit einer Hand stützte er sich auf den Fliesenboden des Balkons auf, mit der anderen hielt er sich den Bauch. Jeder einzelne Nerv in seinem Körper brannte wie Feuer. Er bemühte sich angestrengt, bei Bewusstsein zu bleiben, was umso peinigender war, als er das Gefühl hatte, unzählige Glasscherben bohrten sich ihm in den Schädel.
    Eine unvorstellbare Lebensmagie war hier am Werk, und es kam ihm geradezu zynisch vor, dass ausgerechnet sie ihn töten sollte.
    »Sekhmet!«, brüllte er. Alles war ihre Schuld. Hätte seine Schutzpatronin ihm nicht die Lebenskraft geraubt, wäre er von dem Rufzauber gänzlich schmerzlos dorthin transportiert worden, wo man ihn brauchte. Die Erde musste in üblen Schwierigkeiten stecken, wenn Menschen ihr siebenhundertjähriges Schweigen brachen, um die Unsterblichen herbeizurufen.
    Darius wehrte sich gegen die Anziehungskraft des Zaubers, indem er sich auf seine eigenen Kräfte konzentrierte. Bald schon spürte er ein Kribbeln unter der Haut, seine Tätowierungen traten hervor und verwandelten sich für einen kurzen Moment in die Objekte, für die sie standen, bevor sie wieder zu Bildern unter seiner Haut schrumpften.
    »Whitley!« Wenn Sekhmet ihm schon nicht antwortete, tat es vielleicht ihr Priester. Der Schmerz wurde sekündlich höllischer, und Darius hockte sich hin. Er schlang die Arme um seinen Oberkörper, damit es ihn nicht zerriss, und biss die Zähne zusammen.
    Dann, ebenso plötzlich, wie alles begonnen hatte, hörte es auf. Allmählich schwand der Schmerz in seinem Kopf, und Darius öffnete die Augen. Immer noch herrschte gleißendes Licht, aber wie er feststellte, war es nur die Sonne über ihm. Sobald seine Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er die Umgebung – den strahlend blauen Himmel und den üppigen Wald rechts und links des saphirblauen Wassers des Lake Pax.
    Darius beobachtete, wie ein schneeweißer Habicht über das Wasser hinwegsegelte und nach seiner nächsten Mahlzeit unter der Oberfläche Ausschau hielt.
    Ravenscroft – sein Zuhause – war wunderschön, doch das nahm er gar nicht wahr.
    Als er Schritte hörte, die sich näherten, rappelte er sich mühsam auf.
    »Darius, du hast geschrien?« Whitley kam herbeigeeilt und half ihm auf. »Ist alles in Ordnung?«
    »Scheint so. Ich werde es überleben«, murmelte Darius und wiederholte damit einen Scherz, der viel zu alt war, als dass er noch komisch wirkte.
    »Was ist passiert?« Whitley musterte ihn prüfend, als wollte er sich selbst vergewissern, dass Darius noch in einem Stück war.
    »Es war ein Rufzauber«, antwortete er, »ein sehr starker. Viele Hexen müssen ihn gleichzeitig beschworen haben.« Er rieb sich den verspannten Nacken.
    Whitley sah ihn unglücklich an. »Ohne deine Lebenskraft hättest du daran sterben können.«
    Darauf erwiderte Darius nichts, sondern verzog nur das Gesicht.
    »Wie gut, dass du ihn abwehren konntest!«, konstatierte Whitley erleichtert.
    »Konnte ich nicht«, entgegnete Darius, denn soweit er sich entsann, war die Lebensmagie abrupt versiegt. »Jemand muss den Zauber gestört haben.«
    »Ein Dämon?«
    »Falls da draußen ein Dämon stark genug ist, um gegen so viel Magie anzutreten, besteht wohl aller Grund, die Unsterblichen zu rufen«, sagte Darius nachdenklich und fügte sehr bestimmt hinzu: »Ich kann das nicht ignorieren!«
    »Sie wird dich auf keinen Fall gehen lassen«, wandte Whitley ein.
    »Ich werde sie nicht um Erlaubnis bitten.« Er drückte dem Priester sanft die Schulter, drehte sich um und ging zurück zu dem palastähnlichen Gebäude, das sein Heim war.
    Seine Mutter – ein Liebling Ras, als der ägyptische Gott noch die Welt beherrscht hatte – war außer für ihre Heilskräfte vor allem für ihre Zornausbrüche bekannt, die sie bisweilen ziemlich unberechenbar machten.
Meistens
, korrigierte Darius sich im Stillen. »Sekhmet!«, grölte er, während er durch die riesige Halle stürmte. Er marschierte geradewegs auf das Audienzzimmer seiner Mutter zu und durch die gigantischen Flügeltüren, die selbst einen über zwei Meter großen Mann wie ihn fast klein wirken ließen.
    Gegenüber der Tür war eine kleine Empore, auf welcher der Thron seiner Mutter stand – leer. Dahinter befand sich ein beleuchteter
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