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Geliebter der Nacht

Titel: Geliebter der Nacht
Autoren: Robin T. Popp
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Abgasen der vorbeifahrenden Autos. Über den Verkehrslärm hinweg hörte sie das Nebelhorn eines ablegenden Schiffes. An der Ecke wartete sie auf Grün, ehe sie die Straße überquerte und bei ihrer Lieblingsbäckerei einkehrte, um eine Kleinigkeit zu frühstücken. Bis sie im Büro von Blackwell Bail Bonds eintraf, hatte ihre Laune sich deutlich gebessert.
    »Morgen, Marge«, begrüßte sie die Sekretärin am Empfang. Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah die kleine ältere Frau tadelnd an. »Wolltest du nicht aufhören?«
    »Hab ich gestern Abend, Süße«, erwiderte Marge mit ihrer tiefen Rasselstimme und zog noch einmal an ihrer fast heruntergebrannten Zigarette. »Hat so gut geklappt, dass ich heute Abend vielleicht noch mal aufhör.«
    Lexi schüttelte den Kopf. »Die Dinger bringen dich noch um!«
    »Tja, in meinem Alter ist es ziemlich witzlos, Sachen aufzugeben, die einem Spaß machen.« Sie blies eine Rauchschwade aus und hustete mehrmals. »Was ist mit dir los? Du siehst total fertig aus.«
    »War spät gestern«, antwortete Lexi ausweichend, die lieber nicht ausführlicher werden wollte, weil Marge ohnehin schon die Brauen hochzog. Die Geschichte von einem Superdämon, der die Welt vernichten wollte, würde ihr die Gute wohl kaum abnehmen. »Hinter wem sind wir heute her?«, fragte sie und zog die oberste Akte aus ihrem Eingangsfach. Sie hoffte inständig auf einen sehr schwierigen Flüchtigen oder jemanden, der sich der Festnahme widersetzte und ihr eine Entschuldigung lieferte, sich ein bisschen an ihm auszutoben. Normalerweise wurde es nicht gern gesehen, wenn sie die flüchtigen Verbrecher aufmischten, aber ein paar gesalzene Handgreiflichkeiten wären genau das Richtige für Lexi, um ihren Frust loszuwerden.
    Sie schlug die Akte auf und überflog den Fall. »Das ist ein Scherz, oder?« Sie wedelte mit der Pappmappe. »Der Typ ist eine beschissene Elfe! Den jag ich nicht!«
    »Also, also, was sind das nur für Ausdrücke!«, schalt Marge sie.
    Lexi warf die Akte zurück in ihr Fach und neigte betont schamvoll den Kopf zur Seite. »Entschuldige. Lass es mich anders formulieren: Ich scheuche auf keinen Fall diesen beknackten Kobold durch die Landschaft. Lassen wir ihn laufen.« Sie sah zu dem anderen Eingangsfach und zog sich eine Akte heraus. »Was für einen Flüchtigen hat TJ ?«
    TJ war der andere Kopfgeldjäger bei Blackwell. Er war ein oder zwei Jahre älter als Lexi und ein fast zwei Meter hoher Muskelberg. Noch dazu verbarg sich hinter seinen Muskeln ein wacher Verstand, der ihn für jeden Menschen absolut tödlich machte. Und trotz ihrer speziellen Fähigkeiten als Werwölfin, teilte Jonathan Blackwell ihm bis heute die härteren Fälle zu.
    Sie schlug die Akte auf. »Maurice Gonzales. Angeklagt wegen ehelicher Gewalt. Siebenmal vorbestraft. Drogenmissbrauch.« Über den Pappdeckel hinweg sah sie zu Marge. »Den nehme ich.«
    »Lexi, du kennst die Regeln. Jonathan teilt die Fälle zu, und den da gab er TJ .«
    »Das ist unfair!«, beschwerte Lexi sich. »Der Zwerg ist eine Lusche. Der ist bestimmt schon irgendwo an Herzklabastern eingegangen, also findet TJ ihn in null Komma nix, und so klein, wie der ist, kann er ihn im Rucksack mit herbringen.«
    »Wenn du etwas an den Fällen auszusetzen hast, die dir zugeteilt werden, rede mit Jonathan!«, entgegnete Marge streng, stand auf und kam um den Schreibtisch herum. Sie nahm Lexi die Akte ab und steckte sie zurück in TJ ’s Fach. »Ich weiß nur so viel, dass ich ihn in TJ ’s Fach legen sollte. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigst.«
    »Wo willst du hin?«
    »Falls es dich etwas angeht: Mein letzter Kaffee hat soeben die Ziellinie passiert. Schönen Tag noch!«, rief sie Lexi auf dem Weg zum Bad zu.
    Lexis Blick fiel auf Marges Kaffeebecher, der vollkommen sauber und unberührt auf dem Empfangsschreibtisch stand. Dann sah sie zur Kaffeemaschine. Die Kanne stand leer auf der Heizplatte, und Lexi wollte schwören, dass sie kalt war. Lächelnd nahm sie die Koboldakte wieder aus ihrem Fach und legte sie in TJ ’s. Dann schnappte sie sich den Gonzales-Fall, blätterte ihn kurz durch und verschwand, bevor Marge zurück war.
     
    Gonzales’ Wohnung lag nur etwa zwanzig Minuten Fußweg entfernt am westlichen Ende der siebenunddreißigsten Straße. So nah am Hudson ähnelten selbst die Wohnhäuser den Lagerhallen. Dieses jedenfalls hatte auch im hellen Tageslicht etwas Hohles und Leeres, das geradezu gespenstisch wirkte. Natürlich
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