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Geliebter der Nacht

Titel: Geliebter der Nacht
Autoren: Robin T. Popp
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lebte Gonzales in einem Wohnhaus, in dem »Sicherheit« ein Fremdwort war. Das Haustürschloss war aufgebrochen, also hinderte Lexi nichts daran, geradewegs zu seiner Wohnungstür zu gehen.
    Die junge Frau, die auf Lexis Klopfen öffnete, sah verärgert aus. Sie hatte frische Blutergüsse am Kinn und ein blaues Auge. Darunter zeichneten sich deutlich ältere Verletzungen ab. Sie war so zart, dass sie platschnass kaum mehr als hundert Pfund wiegen dürfte, und Lexi fragte sich, was für ein Abschaum ihr Mann sein mochte, sie so zuzurichten. Sehr gern hätte sie ihm die Gelegenheit geboten, zur Abwechslung einmal gegen eine Frau anzutreten, die sich wehren konnte.
    »Ich bin auf der Suche nach Maurice Gonzales«, sagte Lexi. »Ist er zu Hause?« Sie versuchte, nicht allzu offensichtlich an der Frau vorbei ins Apartment zu sehen.
    »Wer sind Sie?«
    »Ich komme von einer Kautionsagentur. Er hat seinen Gerichtstermin verpasst, deshalb bin ich hier, um ihn ins Gefängnis zurückzubringen.«
    Es war kaum zu übersehen, wie verwundert die Frau war. »Da geht er nicht hin. Ich hab versucht, ihn an den Termin zu erinnern, aber …« Sie zuckte mit den Schultern, doch Lexi verstand auch so. Die Blutergüsse sprachen für sich.
    »Ich verstehe Ihre Sorge, aber ich kann ziemlich … überzeugend sein.«
    »Er ist sehr stark«, warnte die Frau sie ängstlich.
    »Stärker als eine Werwölfin?«, fragte Lexi lächelnd und freute sich über den verwunderten Ausdruck der Frau.
    Dann erschien ein zögerliches, vorsichtiges Lächeln auf ihrem zerschundenen Gesicht. »Vielleicht nicht.« Sie drehte sich zu einem kleinen Jungen um, der in der Mitte des Zimmers auf dem Fußboden hockte und spielte, bevor sie sich wieder Lexi zuwandte. »Wenn Sie ihn einbuchten, wie lange?«
    »Kommt darauf an, ob ich glaube, dass er wieder wegläuft. Falls ja, bleibt er bis zum nächsten Gerichtstermin drin – das können mehrere Wochen sein.«
    »Mehrere Wochen heißt, dass ich packen und verschwinden kann.« Die Frau dachte angestrengt nach. »Wenn ich Ihnen sage, wo er ist«, fuhr sie schließlich fort, »rufen Sie mich dann an und sagen mir, ob er im Knast ist?«
    Lexi nickte. »Mach ich.«
    »Big John’s Eishaus.«
    Lexi lächelte. Der Tag ließ sich doch noch gut an. Sie bedankte sich bei der jungen Frau, ließ sich ihre Telefonnummer geben und ging. Big John’s war nur fünf Blocks entfernt.
    Die Bar war voller, als ihr lieb war, aber sie machte Gonzales sofort aus.
    Er saß mit mehreren anderen Männern an einem Tisch und spielte Karten. In der schummrigen Beleuchtung erkannte sie, dass er strähniges dunkles Haar hatte, schulterlang, und eine Narbe auf der linken Wange. Als er die Kartenhand hob, sah sie die klassischen Knasttätowierungen auf seinen Fingern.
    Lexi überdachte ihre Strategie. Seiner Fallakte zufolge war er nicht viel größer als einsachtzig und gut fünfzig Pfund schwerer als sie. Ihr blieben also mehrere Möglichkeiten, ihn einzukassieren, von denen alle einfacher wären, wenn sie ihn irgendwo allein erwischte.
    Sie trat hinter eine Trägersäule, knöpfte den obersten Knopf ihrer Bluse auf, nahm das Haargummi heraus und schüttelte ihr langes Haar frei. Unter den gegebenen Umständen war es das Beste, sich einen verführerischeren Look zu geben.
    Dann kam sie hinter der Säule hervor, bestellte sich einen Drink und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Sie musste sich hier aufhalten, bis Gonzales auf sie aufmerksam wurde. Als ihre Blicke sich schließlich begegneten, schenkte sie ihm den Hauch eines Lächelns, bevor sie sich wieder abwandte und sich umsah. Ein letztes Mal sah sie noch zu ihm, dann widmete sie sich wieder ihrem Drink.
    Sie gab vor, verhalten an ihrem Getränk zu nippen, obwohl sie gar nicht vorhatte, in dieser Spelunke irgendetwas zu trinken. Eine Minute später stand sie auf, warf Gonzales noch ein scheues Lächeln zu und ging hinaus. Wenn sie Glück hatte, würde er anbeißen und ihr folgen.
    Ganz langsam schritt sie den Block entlang und blieb dann stehen. Gerade als sie dachte, sie müsste Plan B aktivieren, öffnete sich die Tür der Bar und Gonzales kam heraus. Sie beobachtete, wie er sich umsah, sie entdeckte und breit grinste. Seine Zähne waren von Tabakflecken gelblich verfärbt, und sie bezweifelte, dass er regelmäßig zum Zahnarzt ging. Es kostete sie einige Mühe, nicht angeekelt auszusehen.
    Kaum ging er in ihre Richtung, schlenderte sie um die Ecke, wo sie auf ihn warten würde. Hier
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