Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Geliebter der Nacht

Titel: Geliebter der Nacht
Autoren: Robin T. Popp
Vom Netzwerk:
Todesmagie!«
    »Sei nicht albern!«, entgegnete sie schroff. »Nur weil hier keine Dämonen sind, heißt das noch lange nicht, dass du nicht trainieren musst.«
    »Und was, glaubst du, habe ich die letzten siebenhundert Jahre getan? Ich habe pausenlos trainiert – auf dass ich, sollte ich schließlich
gerufen
werden, vorbereitet bin.« Er trat einen Schritt auf sie zu. »Also, zum letzten Mal: Gib mir meine Lebensessenz zurück!«
    »Nein.«
    Er stand da und starrte ihr nach, als sie weiterging. »War-um tust du das?«, fragte er, als er wieder einen Ton herausbrachte.
    Ein weiteres Mal blieb sie stehen und sah ihn an. »Ich will nicht, dass du wie deine Brüder endest.«
    Nun war Darius so wütend, dass er die Hände zu Fäusten ballte, um nichts zu tun, was er bereuen könnte. Es kostete ihn schon eine unbändige Kraft, ruhig weiterzusprechen. »Ich bin nicht wie meine Brüder.«
    Sie betrachtete ihn mit dem strengen und unnachgiebigen Blick der Löwin, als die sie oft abgebildet wurde.
    »Du bist unglaublich«, sagte Darius kopfschüttelnd. »Du würdest alle auf der Erde leiden lassen, solange
du
bekommst, was
du
willst.«
    »Versuche nicht, mir Schuldgefühle einzureden!«, rief sie, und ihre grünen Augen sprühten vor Zorn. »Ich werde verteidigen, was mir gehört. Als Ras Leben in Gefahr war, färbten sich da etwa nicht die Wasser des Nils rot vom Blut jener, die ich niederschlug, um ihn zu verteidigen? Denkst du, mich scheren die Leben ein paar Sterblicher, wenn dagegen das meines Sohnes steht? Nein, du bleibst hier – bei mir!«
    Dieses Glühen in ihren Augen hatte Darius erst wenige Male zuvor an ihr gesehen. Doch so wütend sie auch auf ihn war, sie liebte ihn – und sie würde ihn nicht gehen lassen. Niemals. Mit seiner Freiheit wurde er zugleich seines Daseinszwecks beraubt. Und wieder einmal sah er sein Leben vor sich: leer, einsam, endlos.
    Den Rest seiner Unsterblichenexistenz sollte er mit der Vorbereitung auf Schlachten fristen, die er nie würde ausfechten dürfen. Bis in alle Ewigkeit würde er Abend für Abend ins Bett gehen, ohne dass ihm ein einziger Grund einfiele, warum er am nächsten Morgen wieder aufwachen sollte. Und sein letzter Gedanke vor dem Einschlafen wäre stets derselbe: Er betete für ein Ende seiner Gefangenschaft, das niemals kommen würde. Sogar das Paradies konnte die Hölle sein, war man erst lange genug darin eingesperrt.
    Er ging auf Sekhmet zu, legte seine Hände auf ihre Arme und sah ihr in die Augen. »Mutter, du solltest zweierlei wissen: Ich liebe dich, wie ein Sohn seine Mutter nur lieben kann, und ich würde lieber sterben, als auf alle Ewigkeit in diesem Gefängnis eingekerkert zu sein.« Mit der letzten Silbe riss er ihr in schierer Verzweiflung den Kettenanhänger ab. Ihren Schmerzensschrei beachtete er gar nicht, sondern schleuderte den Anhänger an die Wand. Er hoffte, wenn er die Kugel zerstörte, würde es sein Leben beenden.
    Die Kugel zerbarst tatsächlich, wobei sich blendend helles Licht aus ihr ergoss. Mehr nebenbei nahm Darius wahr, dass Sekhmet vor Schreck die Luft anhielt, während er darauf wartete, dass sein Leben erlosch. Das jedoch geschah nicht. Das goldene Licht steuerte von der Wand aus direkt auf ihn zu und drehte und wand sich, bis es die Form einer langen schmalen Schlange angenommen hatte.
    Je näher das Schlangenlicht kam, umso heftiger krümmte es sich und bemühte sich anscheinend, eine Acht zu bilden. Schließlich schloss die Figur sich.
    Darius blickte sich verwundert zu Sekhmet um, die aschfahl geworden war. Hier stimmte irgendetwas nicht, doch noch ehe er reagieren konnte, berührte die verdrehte Schlange die Haut über seinem Herzen.
    Energieschübe drangen Fäden gleich in ihn und packten ihn. Mit jeder Sekunde wurden sie stärker. Sie zogen an ihm, und zugleich vernebelte sein Verstand sich, so dass er sich bald kaum mehr seiner unmittelbaren Umgebung bewusst war. Was er mitbekam, war, dass im Hintergrund geschrien wurde, aber er verstand die Worte nicht, die seine Mutter schrie.
    Knapp neben ihm tauchte ein winziges weißes Licht auf, das rapide anschwoll. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, dass es sich um ein Portal handelte. Und dieses Portal sog ihn buchstäblich ein.
    »Nein!«, kreischte seine Mutter, deren Worte er nach wie vor wie durch einen Nebel und nur lückenhaft vernahm. »Nicht so! … bewahrt werden … verwundbar … beschützen …« Ihre schrille Stimme entfernte sich mehr und mehr, als käme sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher