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Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr
Autoren: Leo Sander
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langsamer. Die Ampel blinkte grün, dann gelb. Geradeaus oder rechts nach Wels? War er vorher schon abgebogen? So viele Möglichkeiten.
    Ich ignorierte das Gehupe eines Golfs und entschied mich für Fahrtrichtung Wels. Dann rief ich Poldi an. »Der Bloderer sitzt hinterm Megaplex und wartet auf euch. Schlüssel liegt unter dem Auto. Ich hab gerade einen Jaguar verloren, in dem ein Hintermann sitzt.«
    »Adler müsste in der Gegend sein«, sagte Poldi. »Warte.« Rauschen und Funkgekrächze. Dann hörte ich wieder Poldis deutliche Stimme. »Adler hat einen verdächtigen Raser gesichtet. Helle Limousine, derzeit Flughafenstraße Höhe Breitbrunn.«
    Er war also hintenrum gefahren. Ich klemmte das Telefon zwischen Ohr und Schulter ein und beschleunigte wieder. Breite Straße, kaum Verkehr. Der Fliegerhorst mit dem ausgedienten Düsenjäger auf einem Podest zog vorbei. Ich tauchte in einen kurzen Tunnel ein.
    »Hat übrigens ein CC-Schild«, sagte ich.
    »Der Konsul?«, sagte Poldi.
    »Ex«, sagte ich.
    An einer roten Ampel zwang ich das Auto in eine enge Rechtskurve Richtung Flughafen. Im Nu war ich wieder auf Hundertsiebzig.
    »Jetzt Theningerstraße«, sagte Poldi.
    Das müsste die Straße sein, auf der ich mich gerade befand. Autobahnqualität. Meine Ortskenntnisse versiegten langsam. In der Ferne sah ich Scheinwerfer.
    »Beim Kreisverkehr Richtung Westen«, sagte Poldi.
    »Ich glaube, ich sehe ihn.« Ich ließ das Handy fallen, schleuderte um den Kreisverkehr und sah die Rücklichter des Jaguars. Jetzt war ich dicht hinter ihm. Wiesen, Äcker, rechts ein Waldstück. Plötzlich machte er einen Schlenker und die Bremslichter zuckten. Beinahe wäre ich ihm aufgefahren. Etwas blitzte, dann schlug mit einem Knall ein Nordic-Walking-Stock gegen meine Scheibe und rutschte klappernd weg. Eine Frau in einem rosa Trainingsanzug stand im Feld und fuchtelte. Eine Eisenbahnunterführung tauchte auf. Gute Gelegenheit.
    Ich gab Gas und setzte zum Überholen an. Als die Fahrzeuge auf gleicher Höhe waren, drängte ich ihn nach rechts. Dumpf quietschend mahlte das Blech aneinander. Mein Außenspiegel flog davon. Krafft versuchte zurückzudrängen, aber ich hatte mehr Übung darin. Die Unterführung kam immer näher. Wenn er nicht aufgab, würde er frontal gegen den Pfeiler prallen. Wir legten gleichzeitig eine Vollbremsung hin. Für Krafft reichte es nicht ganz und er rammte den Beton. Eine Menge Airbags poppten wie Seifenblasen auf. Ich nahm ein paar Meter Anlauf, stieß zurück und schob den Jaguar mit meinem Heck in den Graben. Alle möglichen elektronischen Assistenten begannen zu quengeln. Ich schaltete die Warnblinkanlage ein. Der Jaguar stand schief da und konnte nicht mehr vor und zurück. Rechts war ein Erdwall, die linken Türen wurden von meinem Wagen blockiert. Krafft glotzte durch die Seitenscheibe. Ich zeigte ihm meinen aufgerichteten Daumen.
    Vom Kreisverkehr näherten sich Blaulichter.

11
    Ich trat in den blank polierten Krankenhausflur und wanderte an einem Servierwagen mit Teebehältern vorbei. Hinter mir schlossen sich die Aufzugtüren. Ich trug Jeans und ein schwarzes Jackett mit weißem Hemd. Schwarze Lederschuhe betonten dezent jeden meiner Schritte. Eine unbehagliche Duftmischung aus Mittagessen, Putzmittel und Desinfektion hing in der warmen Luft. Männer und Frauen in verschiedenfarbigen Kitteln eilten geschäftig von Zimmer zu Zimmer und verursachten dabei ein Getrappel wie eine Hamsterherde.
    Die Beamten hatten mich erst weit nach Mitternacht nach Aufnahme einer Niederschrift heimgebracht. Poldi und der Landespolizeikommandant hatten den Weg geebnet, sonst säße ich noch in einer Zelle. Aber jetzt war ich ausgeschlafen und hatte gefrühstückt.
    Krankenschwestern gab es keine mehr, erinnerte ich mich, während ich ein Rollgestell mit Putzutensilien und eingehängtem Müllsack umrundete. Jetzt musste man ›Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester‹ sagen. Ich klopfte an die Scheibe des Stationszimmers.
    Drinnen kramte eine junge Ärztin in einem Stahlschrank. Sie nahm zwei Medikamentenpackungen heraus und drehte sich um. Ihr Pferdeschwanz wackelte.
    Kein Make-up. Proper wie ein Legopüppchen. Sie sah den Blumenstrauß in meiner Hand und schenkte mir ein strahlendes Lächeln. »Wer ist denn der Patient?«, fragte sie hilfsbereit.
    »Georg Smirnik«, sagte ich. »Wie geht’s ihm denn?«
    Ihr Lächeln verschwand abrupt. »Der hat eine Trimalleolarfraktur mit  … »Sie sah mir meine Fachkenntnis an
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