Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr
Autoren: Leo Sander
Vom Netzwerk:
Sporttasche im Fußraum lugte ein Bündel Hunderter.
    »Den Mörder vom Richter Franz«, sagte ich. »Das Koks da ist nur die Verzierung. Jetzt bist du fällig, Bloderer. Deine Bewährung ist sowieso dahin.«
    »Ich hab aber den Richter gar nicht umgebracht«, sagte Bloderer aufgeregt. »Der hat sich so geschreckt, der wollte davonspringen und ist gegen sein Küchenkastel gefallen.«
    »Kevin, du bist so ein Trottel«, sagte Krafft. Es klang etwas dumpf, weil er in den Fußraum sprach. »Wenn der jetzt verkabelt ist, gestehst du gerade einen Mord.«
    »Du hast mir das angeschafft«, schrie Kevin. »Ich wollte ja eh nicht.«
    »Bitte, halt den Mund«, sagte Krafft trostlos.
    »Der da hat dir angeschafft, dass du den Richter umbringen sollst?«, fragte ich Bloderer und drehte die Pistole ein wenig.
    »Nicht umbringen. Nur schrecken«, sprudelte es aus ihm heraus. »Der Richter war in einem Wirtshaus am Hafen und hat gesehen, wie ich vom Schiff gekommen bin. Irgendwie hat er gewusst, wie alles läuft. Dann hat er mehr Geld verlangt. Er hat nicht aufgehört mit seinen Forderungen und darum hab ich ihn schrecken sollen.«
    Bloderer klappte den Mund wieder zu. Ihm schien etwas eingefallen zu sein. Nach einer kurzen Pause fragte er: »Sind Sie von der Polizei?«
    »Fast«, sagte ich. Wenn ich jetzt verkabelt gewesen wäre, hätte ich alles aufzeichnen können. Die Liste meiner nichtvorhandenen Ausrüstungsgegenstände wurde immer länger.
    Krafft drehte den Kopf zu mir. »Ah, nicht? Dann können wir uns vielleicht irgendwie einigen?« Er entspannte sich richtiggehend. Seine Linke bewegte sich zur umgekippten Aktentasche und erstarrte erst, nachdem ich die Pistole warnend geschwenkt hatte.
    Plötzlich drehte sich Bloderer um, packte meinen Hals und griff nach der Pistole. Ich riss sie hoch und knallte ihm den Lauf gegen die Schläfe. Er sackte zusammen, als hätten ihn 1,3 Kilo Stahl getroffen. Blut lief ihm über die Wange und tränkte sein T-Shirt. Unerwartet beweglich, der Kerl.
    Durch die weit offene Tür sah ich, wie Krafft zum Jaguar rannte, so schnell ihn seine kurzen Beine trugen. Mit der Aktentasche sah er aus wie ein plumper Vogel, dem ein Flügel fehlte.
    Bloderer stöhnte.
    Erst einmal den Spatz in der Hand sichern. Der andere war ohnehin nur eine Fleißaufgabe. »Du bleibst schön da«, sagte ich, nahm aufgerollte Plastikfesseln aus meiner Sweatertasche und fixierte seine Hände am Lenkrad. Ich zog den Zündschlüssel ab, schlug die Türen zu und verriegelte den Wagen.
    Der Jaguarmotor brüllte auf. Kinobesucher, die zu ihren Autos strömten, sprangen zur Seite, als er davonschoss. Mindestens acht Zylinder, schätzte ich. Immerhin hatte er ja einiges zu kompensieren. Ich sprintete zum Mercedes und startete.
    Tot. Als ob ich den Motor zu Hause vergessen hätte. Was war jetzt schon wieder? Siedendheiß fiel mir das Zwangsdate mit Julia ein. Ich hatte sie versetzt. Ich hielt mich nicht mit der Hotline auf, sondern wählte gleich ihre Nummer.
    »Julia  … «
    »Haben wir eine Verabredung ins Kino mit der Ärztin?«, sagte sie schrill und atemlos. »Sitzt sie neben dir? Ich bin jetzt extra ins Büro gefahren. Mein Abend ist natürlich ruiniert, das kannst du dir vorstellen. Am liebsten würde ich eine Drohne in Marsch setzen und dich wegpusten.«
    Ich könnte auch Bloderers Audi nehmen, fiel mir ein. Dann müsste ich erst Bloderer rauskriegen und in den Kofferraum  …
    »Julia, wenn ich hier nicht abhaue, bin ich ein toter Mann«, sagte ich. »Die Albaner haben mich gefunden. Die wollen mich zerhacken und in Säure auflösen. Aus Rache, weil ich einmal einen von denen verhaftet habe.«
    »Haha.«
    Ich drehte den Schlüssel, aber ihr hartes Herz war noch nicht erweicht.
    »Der Parkplatz ist voll mit denen.« Ich ließ Panik mitschwingen. »Es werden immer mehr.« Ich schlug mit der Faust gegen die Seitenscheibe. »Hörst du? Sie holen mich aus dem Auto.«
    »Kein Scheiß?« Sie klang schon etwas weniger siegesgewiss.
    Ich riss die Steyr aus dem Holster und verpasste dem Beifahrersitz eine Kugel. VIP-Kundenstatus musste man sich hart erarbeiten. Meine Ohren ertaubten vorübergehend. Der scharfe Geruch der Treibladung stieg mir in die Nase.
    »Sie schießen auf mich. Bitte, Julia.«
    Der Motor sprang an.
    Als ich heranraste, waren die Leute wenigstens bereits in Deckung. Der nächste Verrückte. Mit Vollgas verließ ich den Parkplatz. Kein Jaguar mehr zu sehen. Auch an der Trauner Kreuzung Fehlanzeige. Ich wurde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher