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Geld fressen Seele auf

Geld fressen Seele auf

Titel: Geld fressen Seele auf
Autoren: Maximilian von Ah
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noch in diesem Zug von Düsseldorf nach Zürich?
       
     
    Ohne sich aber darüber weitere Gedanken zu machen, griff er in seine Jackentasche und reichte dem Zugschaffner die geforderte Fahrkarte. Der Schaffner fixierte Francisco mit sehr strengem Blick, gab ihm die Fahrkarte aber unmittelbar zurück, ohne seinerseits das Billet mit prüfendendem Blick gewürdigt zu haben. Irgendwie schien ihm dieser Typ merkwürdig, ja sogar etwas unheimlich. Hatte er dessen Gesicht nicht auch schon einmal vorher irgendwo gesehen?
    Nachdem der Bahnbeamte das Zugabteil wieder verlassen hatte, hörte er diesen auf dem Gang draussen laut und schelmisch lachen. Alsdann stellte er fest, dass ihm dieser Kerl, offensichtlich zusammen mit seiner Fahrkarte, noch etwas anderes gegeben hatte: eine Spielkarte! Diese Spielkarte, die ganz offensichtlich aus einem Autoquartett stammte, zeigte einen gelben Porsche. Sollte er nun annehmen, dass dieses sonderbare Verhalten des Schaffners und jene Autospielkarte etwas zu bedeuten hatten?
    Doch noch ehe er diese Frage tiefer beleuchten konnte, fielen ihm erneut diese Novembernebelschwaden auf, sowie das monotone Fahrgeräusch des Zuges. Gleichzeitig spürte er seine immer noch starke körperliche Anspannung und kurz darauf hatte ihn der Novembernebel wieder vollkommen in sich aufgesogen.
    Die Nebelinszenierungen schienen sich nun zu gleichen: Wieder erkannte er zuerst ein kleines Nebelloch mit dem Gesicht seines Sohnes Christiano und der (Vor-)Ahnung, dass etwas Schlimmes passiert sein musste. Er sah das weiße, aschfahle Gesicht seines Sohnes und fragte sich was denn nur mit seinem Jungen los sein könnte, wieso kam ihm dessen Gesicht so versteinert und erstarrt vor? Es ginge ihm doch hoffentlich gut bei seiner Mutter? Oder wollte ihm sein Kind durch dieses ständige Bildnis etwas Bestimmtes mitteilen?
    Diese Frage löste in seinem Kopf offensichtlich einen fürchterlich stechenden Schmerz aus, der ihm hernach vollkommen das Bewusstsein raubte.
    Flashbackartige Halluzinationen waren die Folge; und vor seinem Auge tauchte plötzlich ein Leuchtschrift-Wortlaufband mit den Worten: »Achtung! Selbsterfüllende Prophezeiung!« , auf.
       
     
    Sein einerseits um das Bewusstsein ringender Verstand suchte andererseits um die Bedeutung dieser Worte. Zunehmend gewann er das Gefühl, dass wirklich etwas außergewöhnlich Fürchterliches passiert sein musste. Ein greller Lichtblitz schlug urplötzlich in seinen Kopf ein. Doch anstelle des erwarteten Kopfschmerzes, kam seine Erinnerung zurück und mit ihr die erschreckend klare Erkenntnis, dass sein Sohn tot war.
    Nun wusste er auch, dass dieses aschfahle weiße Gesicht seines Jungen auf dessen bereits ausgehauchtes Leben zurückzuführen war.
    Noch ehe sich Francisco seinem Schmerz um seinen toten Sohn wirklich hingeben konnte, realisierte er, wie der Nebel jetzt noch stärker aufquoll und ihn und seinen tiefen Schmerz mit seinen seidenen Schleierschwaden sanft und lautlos umhüllte. In Bruchteilen von Sekunden tauchte er erneut in jene bodenlos scheinende Leere hinab, in deren scheinbarem Nichts er in einem Zeitraffertempo vergangene Ereignisse erinnerte, die sich Sekunden später – just an der Stelle wo ihn kurz vorher der Schaffner in die Realität der Bahnfahrt zurückgeholt hatte –, wieder im Nebel auflösten.
       
     
    Erneut kehrten Ruhe und absolute Leere in ihm ein. Dann, wiederum urplötzlich, ein weiterer Riss in der endlos scheinenden Nebelwand. Erneut bekam er einen retrospektiven Blick auf seine Vergangenheit: Er sah, wie es damals dazu gekommen war, dass Angelina eine neue, sinnstiftende Aufgabe für sich entdeckt hatte, weil sie als deutsche Einwanderin in der Schweiz – trotz noch so vieler Eingaben – doch keine allgemeine Arbeitserlaubnis erhalten hatte. Die heutige Liberalisierung des schweizerischen Ausländer- und Arbeitsrechts war für Angelina zehn Jahre zu spät gekommen.
       
     
    Die Erinnerung machte nun einen Sprung und er sah und fühlte seine Wut und seine Ohnmacht, die er im Umgang mit den Ämtern und Behörden aufbaute, weil niemand ihm wirklich hatte glauben wollen, als akute Gefahr im Verzug gewesen war. Dass diese Behördenfachleute, Ärzte, Psychiater und Polizisten, diese potenzielle Gefahr derartig unterschätzt und negiert hatten, wollte ihm nicht einleuchten und deren Handeln schon gar nicht.
    Immer wieder hatte er Eingaben bei Gericht gemacht, um seinen minderjährigen Sohn Christiano zu schützen. Das
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