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Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)

Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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sie sich verlegen an. Mrs. Philpot seufzte. »Der Earl hat den Großteil seiner Jugend in Fairchild Park verbracht. Von allen Besitzungen seines Vaters war dieser immer sein liebster. Er hat natürlich sein eigenes Stadthaus in London, aber wegen seiner schrecklichen Verletzung dachte seine Familie, es sei leichter für ihn, in dem Heim seiner Kindheit zu genesen, abseits der neugierigen Augen der Gesellschaft.«
    »Leichter für wen? Für ihn? Oder für sie?«
    Beckwith wandte den Blick ab. »Zu ihrer Verteidigung muss man sagen, dass der Earl sie bei ihrem letzten Besuch mehr oder weniger davongejagt hat. Einen Augenblick lang dachte ich wirklich, er würde die Hunde auf sie hetzen.«
    »Ich bezweifle, dass sie so schwer zu entmutigen waren.« Samantha schloss kurz die Augen und rang um Fassung. Schließlich hatte sie keineswegs das Recht, seine Familie für ihre mangelnde Loyalität zu verurteilen. »Seit seiner Verwundung sind mehr als fünf Monate vergangen. Hat sein Arzt noch Hoffnung, dass er eines Tages wieder sehen kann?«
    Der Butler schüttelte betrübt den Kopf. »Nur wenig. Es gibt nur ein oder zwei belegte Fälle, in denen sich der Verlust der Sehkraft von alleine behoben hat.«
    Samantha senkte den Kopf.
    Mr. Beckwith stand auf; seine fleischigen Wangen und seine hängenden Gesichtszüge verliehen ihm verblüffende Ähnlichkeit mit einer melancholischen Bulldogge. »Ich hoffe sehr, Sie verzeihen uns, Miss Wickersham, dass wir Ihre Zeit verschwendet haben. Mir ist klar, dass Sie eine Droschke mieten mussten, um hierher zu gelangen. Es würde mich mehr als froh machen, wenn ich Ihre Rückfahrt in die Stadt aus meiner eigenen Tasche bezahlen dürfte.«
    Samantha erhob sich ebenfalls. »Das wird nicht nötig sein, Mr. Beckwith. Im Augenblick habe ich nicht vor, nach London zurückzufahren.«
    Der Butler wechselte einen verwunderten Blick mit der Haushälterin. »Wie bitte?«
    Samantha ging zu dem Stuhl, auf dem sie zuerst gesessen hatte, und nahm ihr ledernes Handköfferchen. »Ich werde hier bleiben. Die Stelle als Pflegerin des Earls nehme ich an. Wenn Sie nun so gut wären, einen der Lakaien zu schicken, der mir meine Truhe aus der Droschke holt, und mir mein Zimmer zu zeigen, dann kann ich heute noch mit den Vorbereitungen für meine neue Aufgabe beginnen.«
     
    Er konnte sie immer noch riechen.
    Wie um ihn durch die Erinnerung an das zu verhöhnen, was er verloren hatte, war Gabriels Geruchssinn in den vergangenen Monaten schärfer geworden. Wann immer er an der Küche vorbeiging, konnte er nach nur einmaligem Schnuppern sagen, ob Étienne, der französische Koch, Kalbsfrikassee oder eine sahnige Béchamel-Soße zubereitete, um den Appetit seines Herrn anzuregen. Der leiseste Hauch von Holzrauch verriet ihm schon, ob das Feuer in der verlassenen Bibliothek eben erst angefacht worden war oder nur noch aus Glut bestand. Als er sich auf das Bett in dem Raum warf – er glich mehr einer Höhle als einem Schlafzimmer – , drang ihm unangenehm der muffige Gestank seines eigenen Schweißes in die Nase, der den zerwühlten Bettlaken anhaftete.
    Hierher zog er sich mit seinen blauen Flecken und Schrammen zurück, um seine Wunden zu lecken, hier wälzte er sich nächtelang von der einen auf die andere Seite – Nächte, die sich nur durch das drückende Schweigen seiner Umgebung von den Tagen unterschieden. In den stillen Stunden zwischen Abenddämmerung und Morgengrauen hatte er manchmal das Gefühl, er sei der einzige lebendige Mensch auf Erden.
    Gabriel fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, schloss aus schierer Gewohnheit die Augen. Als er in den Salon gestürmt war, hatte er sogleich das Lavendelduftwasser erkannt, das Mrs. Philpot so gerne benutzte, und die moschushaltige Haarpomade, mit der Beckwith die wenigen ihm verbliebenen Haare bändigte. Aber den frischen, warmen Duft von Zitronen im Sonnenlicht hatte er nicht erkannt. Es war ein herb-süßes Aroma, zart und kühn zugleich.
    Miss Wickersham roch ganz gewiss nicht nach einer Pflegerin. Die alte Cora Gringott hatte nach Mottenkugeln gerochen und Witwe Hawkins nach dem mit Bittermandelöl aromatisierten Schnupftabak, für den sie eine Schwäche hatte. Und genauso wenig roch Miss Wickersham wie die verschrumpelte alte Jungfer, die er sich vorstellte, wenn sie sprach. Ihrem vernichtenden Tonfall nach zu urteilen, müsste ihren Poren eigentlich ein giftiger Dunst von altem Kohl und Grabesstaub entströmen.
    Als er sich ihr näherte, hatte er
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