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Piratenbraut

Piratenbraut

Titel: Piratenbraut
Autoren: Astrid Geisler
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Vorwort
    »Ich schreibe ein Buch über meine Erlebnisse als #Piratin. Erscheint Frühjahr 2013: tinyurl.com/d8x67l6 #Transparenztweet #Piraten«
    Montag, 26. November 2012, 12.59 Uhr: Ich habe gerade diese Nachricht auf Twitter veröffentlicht. Jetzt ist es raus.
    Hätte mir jemand vor einem Dreivierteljahr gesagt, dass ich heute solch einen unter Piraten beliebten Transparenz-Tweet über die Kurznachrichtenplattform Twitter ins Netz schicken und darin ein Buch über die Piratenpartei ankündigen würde – ich wäre ratlos gewesen: Wieso ein Buch? Und was für ein Transparenz-Dingens? Schließlich hatte ich noch nie von Transparenz-Tweets gehört, mit denen Piraten im Internet gerne kleine und große Geheimnisse lüften – zum Beispiel, dass sie gerade ihre Fingernägel schneiden, heute Frikadellen essen wollen, das Protokoll der dritten Vorstandssitzung ins Netz gestellt haben oder eine Anfrage zu Weihnachtsbaummonokulturen im Sauerland beantworten. Und es existierte nicht einmal die Idee zu diesem Buch.
    Als ich an einem kühlen, aber sonnigen Montag im Mai mit der Straßenbahn nach Berlin-Mitte fuhr, um in der Zentrale der Piratenpartei einen Aufnahmeantrag auszufüllen, dachte ich, zumindest so ungefähr zu wissen, worauf ich mich eingelassen hatte. Aus heutiger Sicht war das verwegen. Niemals hätte ich mir vorgestellt, was ich als Piratin so alles erleben würde: Wer rechnet schon damit, versehentlich Doppelmitglied in ein und derselben Partei zu werden? Wer malt sich aus, basisdemokratisch die erste Spülmaschine der Parteigeschichte mit auszusuchen? Wer käme auf die Idee, Abstimmungen in der Demokratiesoftware Liquid Feedback manipulieren zu können? Meine Fantasie war dafür zu bescheiden.
    Natürlich ist die Piratenpartei permanent in den Medien präsent. Täglich erscheinen Online-News, Blogbeiträge, Zeitungsartikel, Radiofeatures und TV -Dokumentationen über die Piraten. Doch aus der Mitmachperspektive, als eine von mehr als 30.000 Piratinnen und Piraten, stellt sich diese Partei noch einmal ganz anders dar.
    Ich habe für dieses Buch keine VIP -Piraten interviewt, keine Hintergrundgespräche geführt. Ich habe auch keine Maskerade nach Günter-Wallraff-Art betrieben. Ich bin nicht Piratin geworden, um Missstände in der Partei aufzudecken. Die Piraten hatten mich gelockt mit ihrer Kritik an der Intransparenz, der Abschottung und Verkrustung des Politikbetriebs – und ihrer Verheißung, die Politik endlich ins Internetzeitalter zu überführen. Ich habe die Einladung zum Mitmachen angenommen, habe versucht, mich konstruktiv ins Parteileben einzubringen, und die neuen, virtuellen Arbeitsweisen der Piraten ausprobiert. Selbstverständlich war auch journalistische Neugier im Spiel. Ich konnte mir nicht recht vorstellen, dass die Piraten wirklich so hierarchiefrei und basisdemokratisch funktionieren, wie sie sich verkaufen. Ich wollte mir selbst ein Bild davon machen, wo diese Partei steht auf ihrem Weg hin zur Liquid Democracy.
    Über die Monate hat sich nicht nur mein Verhältnis zur Piratenpartei insgesamt gewandelt. Einige Piratinnen und Piraten, vor allem aus meiner Ostberliner Basis-Crew, sind mir als Menschen ans Herz gewachsen. Sie haben mich offen und freundschaftlich aufgenommen. Wir haben zusammen gearbeitet, diskutiert, uns empört und wieder abgeregt – und nebenbei eine Menge Spaß gehabt.
    Mein Bericht ist nicht als Piraten-Leak gedacht. Er ist zwangsläufig unvollständig und erhebt nicht den Anspruch, ein objek-tives und allgemeingültiges Bild der Piratenpartei zu zeichnen. Er ist bewusst persönlich geschrieben, er ist mein politisches Tagebuch. Dies ist die Geschichte meiner ersten 203 Tage unter Piraten.

1 »Eigentlich müssten wir rufen: Aufnahmestopp!«
    1 »Eigentlich müssten wir rufen: Aufnahmestopp!«
Wie ich auf die kuriose Idee komme, in der Parteizentrale einen Mitgliedsantrag zu erbitten
    »Aber einen Computer und Internet hast du?!« Der Glatzkopf hinter dem Laptop schaut mich mitleidig an. Es ist der Montag nach der Wahl in Schleswig-Holstein. Die Piraten sind wieder in einen Landtag eingezogen – zum dritten Mal in acht Monaten. Erst 8,9 Prozent in Berlin, dann 7,4 Prozent im Saarland, nun 8,2 Prozent im Norden. Dort liegen sie gleichauf mit der FDP , als viertstärkste Fraktion hinter CDU , SPD und Grünen.
    Und einige Zeitungen haben bereits den nächsten Aufreger entdeckt: Johannes Ponader, der politische Geschäftsführer der Piratenpartei, hat mit
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