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Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)

Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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günstigste Zeitpunkt …«
    Während er Samantha die Empfehlungsschreiben wieder in die Hand drückte, nahm ihr Mrs. Philpot hastig die Teetasse ab und stellte sie mit einem lauten Scheppern auf den Teewagen. »Beckwith hat Recht, meine Liebe. Sie müssen uns verzeihen. Vielleicht waren wir voreilig …« Die Frau riss Samantha auf die Füße und begann, sie mit sich von der Zimmertür fort zu den französischen Türen hinter den Vorhängen zu ziehen, die auf die Terrasse hinausgingen.
    »Aber mein Gepäck!«, protestierte Samantha und schaute über ihre Schulter hilflos zu ihrem Lederköfferchen.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Kindchen«, beruhigte sie Mrs. Philpot und biss die Zähne zu einem bemüht freundlichen Lächeln zusammen. »Wir werden einen der Lakaien schicken, der den Koffer zu Ihrer Droschke bringt.« Als das dröhnende Gepolter und Gefluche anschwoll, bohrte die Frau ihre Fingernägel in die grobe braune Wolle von Samanthas Ärmel und schleifte sie vorwärts. Mr. Beckwith stürzte an ihnen vorbei und riss eines der bis zum Boden reichenden Fenster auf, sodass der dämmerige Raum plötzlich hell von der Aprilsonne erleuchtet wurde. Aber ehe Mrs. Philpot Samantha noch nach draußen bugsieren konnte, erstarb der geheimnisvolle Lärm so jäh, wie er begonnen hatte.
    Die drei drehten sich gleichzeitig zu den vergoldeten Türen an der gegenüberliegenden Wand um.
    Einen Augenblick lang war es ganz still – nur das leise Ticken der vergoldeten Uhr war zu vernehmen. Dann war ein merkwürdiges Geräusch zu hören, als tastete jemand die Tür ab oder kratzte daran. Etwas Großes. Und Wütendes. Die Haushälterin und der Butler wechselten einen furchtsamen Blick.
    Gleich darauf flogen die Türen auf und schlugen krachend gegen die Wand. Von den Türflügeln umrahmt stand kein Ungeheuer da, sondern ein Mann – oder was von ihm übrig geblieben war, nachdem alle Schichten Lack und Politur der vornehmen Gesellschaft abgekratzt waren. Sein goldbraunes Haar hing in nachlässigen Zotteln bis auf die Schultern herab. Schultern, so breit, dass sie fast den Türrahmen ausfüllten. Eine Wildlederhose umschloss eng seine schmalen Hüften und schmiegte sich an jeden Muskel seiner kräftigen Schenkel. Mehrere Tage alte Bartstoppeln überschatteten sein Kinn und verliehen ihm ein piratenhaftes Aussehen. Wenn er einen Säbel gehabt hätte, wäre Samantha ernsthaft versucht gewesen, Hals über Kopf zu fliehen, voller Angst um ihre Tugend.
    Er trug Strümpfe, aber keine Stiefel. Eine zerknitterte Krawatte hing ihm lose um den Hals, als hätte jemand ein paarmal versucht, sie zu knoten, dann aber frustriert aufgegeben. Sein Leinenhemd war nicht in die Hose gesteckt, und es fehlte etwa die Hälfte der Knöpfe, sodass ein schockierendes Stück Brust zu sehen war, muskulös und leicht mit goldenem Haar überzogen.
    Dort in den Schatten der Tür hielt er seinen Kopf merkwürdig schief, als lauschte er auf etwas, das nur er vernehmen konnte. Seine aristokratischen Nasenflügel bebten.
    Das daunenweiche Haar in Samanthas Nacken prickelte. Sie konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass er ihren Geruch suchte, dass er auf der Suche nach ihr war. Sie hatte sich gerade halbwegs überzeugt, dass das alles lächerlich war, als er sich mit der Anmut des geborenen Jägers in Bewegung setzte und direkt auf sie zuging.
    Doch es stand ihm eine gepolsterte Ottomane im Weg. Während ihr der Warnruf in der Kehle stecken blieb, stolperte er über das Möbelstück und landete polternd auf dem Boden.
    Viel schlimmer als der Sturz selbst war die Art und Weise, wie er dalag, als hätte es ohnehin keinen Sinn, sich zu erheben. Jemals wieder.
    Samantha konnte nur wie gelähmt dastehen, während Beckwith zu ihm eilte. »Mylord! Wir dachten, Sie machen ein Nickerchen!«
    »Tut mir Leid, Sie zu enttäuschen«, antwortete der Earl von Sheffield gedehnt, wobei seine Stimme durch den Teppich gedämpft wurde. »Jemand muss vergessen haben, mich ins Bett zu stecken.«
    Er schüttelte den Griff des Dieners ab und kam schwerfällig auf die Füße – direkt dort, wo ihm das Sonnenlicht durch die offen stehende Terrassentür ins Gesicht schien.
    Unwillkürlich schnappte Samantha nach Luft.
    Eine frische gezackte Narbe, immer noch zornesrot, verlief von seinem linken Augenwinkel quer über die Wange und spannte die Haut. Es war einmal das Gesicht eines Engels gewesen – von der Art männlicher Schönheit, wie sie Märchenprinzen und Seraphim vorbehalten ist.
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