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Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)

Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Geheimnis der Liebe: Roman (German Edition)
Autoren: Teresa Medeiros
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eine noch bestürzendere Entdeckung gemacht. Unter dem reinen Zitrusduft lag noch ein anderer Geruch, der das, was von seinen Sinnen und seinem gesunden Menschenverstand noch übrig war, in hoffnungslose Verwirrung stürzte.
    Sie roch nach Frau.
    Gabriel stöhnte mit zusammengebissenen Zähnen. Er hatte nicht die geringste Regung von Verlangen verspürt seit jenem Tag, als er in dem Londoner Krankenhaus aufgewacht war und entdeckt hatte, dass seine Welt dunkel geworden war. Doch der warme, süße Geruch von Miss Wickershams Haut hatte einen Wirbel von scharlachrot umwölkten, Schwindel erregenden Erinnerungen geweckt – gestohlene Küsse in einem vom Mond beschienenen Garten, heiseres Flüstern, die seidenweiche, heiße Haut einer Frau unter seinen Lippen. All das, was er nie wieder erleben würde.
    Er öffnete seine Augen, nur um die Welt noch immer in Schatten gehüllt vorzufinden. Vielleicht waren die Worte, die er Beckwith entgegengeschleudert hatte, ja sogar wahr. Vielleicht hatte er die Dienste einer völlig anderen Sorte Frau nötig. Wenn er sie gut genug bezahlte, konnte sie sein zerstörtes Gesicht vielleicht sogar ansehen, ohne angewidert zurückzuzucken. Aber was ändert das schon? , dachte Gabriel, und ein unfrohes Lachen entfuhr ihm. Er würde es nie erfahren. Vielleicht, wenn sie die Augen zukniff und sich vorstellte, er sei der Mann ihrer Träume, konnte er sich einreden, dass sie die Frau war, die seinen Namen hauchte und ihm Versprechen ewiger Ergebenheit zuflüsterte.
    Versprechen, die zu halten sie nicht vorhatte.
    Gabriel erhob sich vom Bett. Zur Hölle mit diesem Wickersham-Weib! Sie hatte nicht das Recht, ihn so scharf zurechtzuweisen und dabei so süß zu riechen. Es war nur gut, dass er Beckwith aufgetragen hatte, sie fortzuschicken. Soweit es ihn betraf, würde sie ihn nie wieder ärgern.

2
Meine liebe Miss March,
meinem Ruf zum Trotz darf ich Ihnen versichern,
dass ich es mir nicht zur Angewohnheit habe werden
lassen, eine heimliche Korrespondenz mit jeder
    rei zenden jungen Dame zu beginnen, die mir gefällt …
     
    Als Samantha sich am folgenden Morgen die geschwungene Treppe nach unten tastete, die in das Herz von Fairchild Park führte, hatte sie das Gefühl, selbst erblindet zu sein. Bei keinem einzigen Fenster im ganzen Herrenhaus waren die Vorhänge aufgezogen. Es war, als wäre das Haus wie sein Besitzer in ein dunkles Reich ewiger Nacht gestellt.
    Am Fuß der Treppe brannte ein Kerzenständer, der gerade genug Licht spendete, um ihr zu zeigen, dass ihre Fingerspitzen auf dem Geländer eine Spur in der dicken Staubschicht hinterlassen hatten. Mit einer Grimasse wischte sie sich den Schmutz an ihren Röcken ab. Sie bezweifelte, dass es jemandem auf dem trostlosen grauen Wollstoff auffallen würde.
    Trotz des bedrückenden Dämmerlichts blieb ihr der sagenhafte Reichtum der Fairchilds nicht völlig verborgen. Bemüht, sich nicht von der Zurschaustellung jahrhundertelanger Privilegiertheit einschüchtern zu lassen, trat Samantha von der letzten Stufe ins Foyer. Das Haus war seit seiner Erbauung renoviert und von der dunklen Holztäfelung und den Tudor-Bögen befreit worden, die seine strengen jakobinischen Wurzeln verrieten. Schatten tanzten über den schimmernden, rosa geäderten Marmor aus Italien unter ihren Schuhen. Jeder anmutige Bogen und jedes Sims, jede Papiermaché-Reliefschnecke auf der Tapete war mit Bronze oder Gold überzogen. Selbst das bescheidene Schlafzimmer, das Mrs. Philpot ihr zugewiesen hatte, besaß ein fächerartiges Glasoberlicht über der Tür und eine Wandverkleidung aus Seidendamast.
    Beckwith hatte erklärt, sein Herr sei einst ein Märchenprinz gewesen. Mit einem Blick auf die übertriebene Pracht rümpfte Samantha die Nase. Vielleicht war es ja gar nicht schwierig, einen so erlauchten Titel zu erlangen, wenn man in einem derartigen Palast aufwuchs.
    Entschlossen, ihren neuen Schützling aufzuspüren, entschied sie sich, einen der Kunstkniffe aus seinem Arsenal anzuwenden. Sie stand ganz still da, legte den Kopf schief und lauschte.
    Sie hörte kein Gepolter oder Schreien, dafür aber das melodische Klappern und Klirren von Geschirr und Gläsern. Es folgte ein weniger melodisches Geräusch, als plötzlich auf den Knall zerbrechenden Porzellans ein derber Fluch folgte. Obwohl Samantha zusammenzuckte, spielte ein triumphierendes Lächeln um ihre Lippen.
    Ihre Röcke raffend, eilte sie durch den Salon, in dem das Vorstellungsgespräch stattgefunden hatte,
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