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Gefangene des Meeres

Gefangene des Meeres

Titel: Gefangene des Meeres
Autoren: James White
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Professor«, unterbrach ein bebrillter Offizier gewandt den Redefluß des empörten Zivilisten. »In ihrer Kultur stellt der Schritt zur Raumfahrt eine weitaus größere technische Errungenschaft dar, als für uns Menschen, und dieser Schritt konnte nur in einem sehr viel späteren Stadium der Zivilisation getan werden, denn für diese Wesen war eine doppelte Barriere zu überwinden: die zwischen Wasser und Luft, dann die vom Land oder der Meeresoberfläche zum Raum. Die Existenz ihrer Invasionsflotte allein setzt einen hohen Grad technologischer Entwicklung und organisatorischer Fähigkeiten voraus, was ohne Zivilisation nicht möglich ist, obwohl ihre Anwesenheit hier keine zivilisierte Handlung ist – jedenfalls nicht im Sinne unserer Vorstellungen von zivilisiertem Benehmen.«
    »Nun«, sagte der Zivilist mit mahnend erhobenem Finger. »Was das betrifft, so haben wir im Namen der Zivilisation viele, gelinde gesagt, merkwürdige Dinge getan.«
    »Dies ist nicht der geeignete Zeitpunkt zum Philosophieren!« schaltete sich ein anderer General ein. »Diese Leute leben im Meer und werden im Meer kämpfen. Ihre Waffen sind für dieses Medium geschaffen, was vermutlich auch der Grund ist, warum sie bei der Annäherung ihrer Flotte nicht offensiv geworden sind. Unser Problem ist, daß wir nicht jeden Quadratkilometer Meeresoberfläche überwachen können. Wenn wir diesmal zwanzig Prozent der Angreifer vernichten konnten, war es nichts weiter als Glück. Wir können ihre Invasion nicht verhindern, und darum wird es ein vorwiegend von der Marine geführter Krieg werden. Ich pflichte dem Admiral bei.«
    »Wir haben einige Erfahrungen mit den Verständigungsmethoden der Delphine«, erklärte der bebrillte Offizier. »Sie haben eine Art Sprache. Vielleicht läßt sich eine Parallele zwischen ihnen und diesen unbekannten Wesen ziehen. Auf jeden Fall muß es grundlegende Unterschiede psychologischer Natur geben. Möglicherweise gibt es keinerlei Gemeinsamkeiten zwischen uns und ihnen.«
    »Abgesehen vom Überlebensinstinkt«, erwiderte der Zivilist. »Man könnte argumentieren, daß das Überleben im weitesten Sinne Zusammenarbeit statt Konflikt fordert. Wenn sich eine Verständigung herbeiführen ließe …«
    »Sie philosophieren wieder«, sagte der Admiral trocken. »Im Augenblick sollten wir uns lieber mit den praktischen Aspekten des Problems befassen. Für philosophische Gedanken ist später Zeit, nachdem wir einen Plan skizziert haben, wie dieser Invasion wirksam begegnet werden kann. Da nur wenige von Ihnen in der Lage sein dürften, in Begriffen der Seekriegsstrategie zu denken, schlage ich vor, daß ich Ihnen das Problem von meinem Standpunkt aus darlege.«
    Er blickte kurz in die Runde, registrierte zustimmende Grunzlaute, Kopfnicken und steinerne Mienen und räusperte sich.
    »Wir müssen annehmen«, fing er an, »daß ihre Hauptstreitmacht mit nur geringen Verlusten unsere Ozeane erreicht. Sie werden dann unterseeische Basen und Beobachtungsstationen errichten. In dieser ersten Phase des Krieges wird es zu Aktionen unserer Überwassereinheiten und Unterseeboote und den Waffensystemen des Gegners kommen. Obwohl wir den Krieg in unseren eigenen Ozeanen führen werden, steht zu befürchten, daß sich der Feind dort mehr zu Hause fühlen wird als wir. Daher werden unsere Verluste anfangs hoch sein, und der Gegner wird anscheinend alle Vorteile auf seiner Seite haben. Diese Konstellation wird sich jedoch ändern, sobald wir seine Waffen, seine Taktik und seine geistigen und körperlichen Fähigkeiten und Eigenarten kennenlernen.
    Tote Exemplare und lebende Gefangene zu beschaffen, ist von größter Wichtigkeit und eine vordringliche Aufgabe«, erklärte er, den bebrillten Offizier ins Auge fassend. »Nach Möglichkeit müssen wir Kontakte zum Gegner herstellen. Wir müssen unseren Feind kennen.
    Erst mit diesem Wissen läßt sich eine wirksame Strategie entwickeln, die es schließlich ermöglicht, den Feind systematisch zu verfolgen und vielleicht auszurotten. Ich sage absichtlich ›vielleicht‹, denn ich halte es für ausgeschlossen, jedes einzelne Exemplar zur Strecke zu bringen. Aber wir müssen den Feind daran hindern, sich so weit zu konsolidieren, daß er zur Offensive übergehen, Raketen vom Meeresboden abfeuern und uns ernste Schwierigkeiten machen kann. Die zugegebenermaßen sehr schwierige und notgedrungen oberflächliche Untersuchung feindlicher Überreste durch den Professor hier legt die Vermutung nahe,
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