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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898)
Autoren: Theodor Fontane
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Fortunas Schlage,
    So fruchtlos Bitten auch und Klage,
    Harr' ich noch immer auf mein Glück.
     
     
Lebenswege
    Fünfzig Jahre werden es ehstens sein,
    Da trat ich in meinen ersten »Verein«.
    Natürlich Dichter. Blutjunge Ware:
    Studenten, Leutnants, Refrendare.
    Rang gab's nicht,
den
verlieh das »Gedicht«,
    Und
ich
war ein kleines Kirchenlicht.
     
    So stand es, als Anno 40 wir schrieben;
    Aber ach, wo bist du Sonne geblieben?
    Ich bin noch immer, was damals ich war,
    Ein Lichtlein auf demselben Altar,
    Aus den Leutnants aber und Studenten
    Wurden Gen'räle und Chefpräsidenten.
     
    Und mitunter, auf stillem Tiergartenpfade,
    Bei »Kön'gin Luise« trifft man sich grade.
    »Nun, lieber F., noch immer bei Wege?«
    »Gott sei Dank, Exzellenz ... Trotz Nackenschläge ...«
     
    »Kenn' ich, kenn' ich. Das Leben ist flau ...
    Grüßen Sie Ihre liebe Frau.«
     
     
Großes Kind
    Ich bin, trotz manchem Unterfangen,
    Ein großes Kind durchs Leben gegangen.
     
    Ich las das Tollste, die Hauptgeschicht',
    Immer nur im Polizeibericht.
     
    Und dieses Tollste – von ihm zu lesen,
    Ist eigentlich
auch
schon zuviel gewesen.
     
     
Was mir fehlte
    Wenn andre Fortunens Schiff gekapert,
    Mit
meinen
Versuchen hat's immer gehapert,
    Auf halbem Weg', auf der Enterbrücke,
    Glitt immer ich aus. War's Schicksalstücke?
    War's irgend ein großes Unterlassen?
    Ein falsches die Sach' am Schopfe Fassen?
    War's Schwachsein in den vier Elementen,
    In Wissen, Ordnung, Fleiß und Talenten?
    Oder war's – ach, suche nicht zu weit,
    Was mir fehlte, war: Sinn für
Feierlichkeit.
     
    Ich blicke zurück. Gott sei gesegnet,
    Wem bin ich nicht alles im Leben begegnet!
    Machthabern aller Arten und Grade,
    Vom Hof, von der Börse, von der Parade,
    »Damens« mit und ohne Schnitzer,
    Portiers, Hauswirte, Hausbesitzer,
    Ich konnte mich allen bequem bequemen,
    Aber feierlich konnt' ich sie nicht nehmen.
     
    Das rächt sich schließlich bei den Leuten,
    Ein jeder möchte was Rechts bedeuten,
    Und steht mal was in Sicht oder Frage,
    So sagt ein Reskript am nächsten Tage:
    »Nach bestem Wissen und Gewissen,
    Er läßt doch den rechten Ernst vermissen,
    Alle Dinge sind ihm immer nur Schein,
    Er ist ein Fremdling, er paßt nicht hinein,
    Und ob das Feierlichste gescheh',
    Er sagt von jedem nur: Fa il Re.«
     
    Suche nicht weiter. Man bringt es nicht weit
    Bei fehlendem Sinn für Feierlichkeit.
     
     
Rangstreitigkeiten
    In einem Lumpenkasten
    War große Rebellion:
    Die feinen Lumpen haßten
    Die groben lange schon.
     
    Die Fehde tät beginnen
    Ein Lümpchen von Batist,
    Weil ihm ein Stück Sacklinnen
    Zu nah gekommen ist.
     
    Sacklinnen aber freilich
    War eben Sackleinwand
    Und hatte grob und eilig
    Die Antwort bei der Hand:
     
    »Von Ladies oder Schlumpen –
    's tut nichts zur Sache hier,
    Du zählst jetzt zu den Lumpen
    Und bist nicht mehr wie wir.«
     
     
Aber es bleibt auf dem alten Fleck
    »Wie konnt' ich das tun, wie konnt' ich
das
sagen«, –
    So hört man nicht auf, sich anzuklagen,
    Bei jeder Dummheit, bei jedem Verlieren
    Heißt es: »Das soll dir nicht wieder passieren.«
     
    Irrtum! Heut traf es bloß Kunzen und Hinzen,
    Morgen trifft es schon ganze Provinzen,
    Am dritten Tag ganze Konfessionen,
    Oder die »Rassen, die zwischen uns wohnen«,
    Immer kriegt man einen Schreck,
    Aber es bleibt auf dem alten Fleck.
     
     
Rückblick
    Es geht zu End', und ich blicke zurück.
    Wie war mein Leben? wie war mein Glück?
     
    Ich saß und machte meine Schuh;
    Unter Lob und Tadel sah man mir zu.
     
    »Du dichtest, das ist das Wichtigste ...«
    »Du dichtest, das ist das Nichtigste.«
     
    »Wenn Dichtung uns nicht zum Himmel trüge ...«
    »Phantastereien, Unsinn, Lüge!«
     
    »Göttlicher Funke, Prometheusfeuer ...«
    »Zirpende Grille, leere Scheuer!«
     
    Von hundert geliebt, von tausend mißacht't,
    So hab' ich meine Tage verbracht.
     
     
So und nicht anders
    Die Menschen kümmerten mich nicht viel,
    Eigen
war mein Weg und Ziel.
     
    Ich mied den Markt, ich mied den Schwarm,
    Andre sind reich, ich bin arm.
     
    Andre regierten (regieren noch),
    Ich stand unten und ging durchs Joch.
     
    Entsagen und lächeln bei Demütigungen,
    Das ist die Kunst, die
mir
gelungen.
     
    Und doch, wär's in die Wahl mir gegeben,
    Ich führte noch einmal dasselbe Leben.
     
    Und sollt' ich noch einmal die Tage beginnen,
    Ich würde denselben Faden spinnen.
     
     
Fester Befehl
    In Arkadien wurd' auch
ich
geboren.
    Auch
ich
habe mal auf Freiheit
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