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Gedichte (Ausgabe 1898)

Gedichte (Ausgabe 1898)

Titel: Gedichte (Ausgabe 1898)
Autoren: Theodor Fontane
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regentrüber
    Verlorner Tag, kein nasser Schuh,
    Die Bilder zögen uns vorüber,
    Wir taten nichts als schauten zu.
     
    Und graue Dome, bunte Fresken,
    Und Marmor reichten sich die Hand,
    Und weinblattdunkle Arabesken
    Zog drum das Rhein- und Schwabenland.
2.
     
    Mit achtzehn Jahr und roten Wangen,
    Da sei's, da wandre nach Paris,
    Wenn noch kein tieferes Verlangen
    Sich dir ins Herze niederließ;
     
    Wenn unser Bestes: Lieb' und Treue,
    Du nicht begehrst und nicht vermißt,
    Und all das wechselvolle Neue
    Noch deine höchste Gottheit ist.
     
    Mir sind dahin die leichten Zeiten,
    Es läßt mich nüchtern, läßt mich kalt,
    Ich bin für diese Herrlichkeiten
    Vielleicht zu deutsch, gewiß – zu alt.
3.
     
    Und wieder hier draußen ein neues Jahr –
    Was werden die Tage bringen?!
    Wird's werden, wie es immer war,
    Halb scheitern, halb gelingen?
     
    Wird's fördern das, worauf ich gebaut,
    Oder vollends es verderben?
    Gleichviel, was es im Kessel braut,
    Nur wünsch' ich nicht zu sterben.
     
    Ich möchte noch wieder im Vaterland
    Die Gläser klingen lassen
    Und wieder noch des Freundes Hand
    Im Einverständnis fassen.
     
    Ich möchte noch wirken und schaffen und tun
    Und atmen eine Weile,
    Denn um im Grabe auszuruhn,
    Hat's nimmer Not noch Eile.
     
    Ich möchte leben, bis all dies Glühn
    Rückläßt einen leuchtenden Funken
    Und nicht vergeht wie die Flamm' im Kamin,
    Die eben zu Asche gesunken.
4.
     
    Ich bin hinauf, hinab gezogen
    Und suchte Glück und sucht' es weit,
    Es hat mein Suchen mich betrogen,
    Und was ich fand, war Einsamkeit.
     
    Ich hörte, wie das Leben lärmte,
    Ich sah sein tausendfarbig Licht,
    Es war kein Licht, das mich erwärmte,
    Und echtes Leben war es nicht.
     
    Und endlich bin ich heimgegangen
    Zu alter Stell' und alter Lieb',
    Und von mir ab fiel das Verlangen,
    Das einst mich in die Ferne trieb.
     
    Die Welt, die fremde, lohnt mit Kränkung,
    Was sich, umwerbend, ihr gesellt;
    Das Haus, die Heimat, die Beschränkung,
    Die
sind das Glück und sind die Welt.
Sprüche
     
1. Nicht Glückes bar sind deine Lenze
    Nicht Glückes bar sind deine Lenze,
    Du forderst nur des Glücks zu viel;
    Gib deinem Wunsche Maß und Grenze,
    Und dir entgegen kommt das Ziel.
     
    Wie dumpfes Unkraut laß vermodern,
    Was in dir noch des Glaubens ist:
    Du hättest doppelt einzufodern
    Des Lebens Glück, weil
du
es bist.
     
    Das Glück, kein Reiter wird's erjagen,
    Es ist nicht dort, es ist nicht hier;
    Lern' überwinden, lern' entsagen,
    Und ungeahnt erblüht es dir.
     
     
2. Laß ab von diesem Zweifeln, Klauben
    Laß ab von diesem Zweifeln, Klauben,
    Vor dem das Beste selbst zerfällt,
    Und wahre dir den vollen Glauben
    An
diese Welt
trotz
dieser Welt.
     
    Schau hin auf eines Weibes Züge,
    Das lächelnd auf den Säugling blickt,
    Und fühl's, es ist nicht alles Lüge,
    Was uns das Leben bringt und schickt.
     
    Und, Herze, willst du ganz genesen,
    Sei selber wahr, sei selber rein!
    Was wir in Welt und Menschen lesen,
    Ist nur der eigne Widerschein.
     
     
3. Sag an: »Es fällt von deinem Haupte«
    Sag an: »Es fällt von deinem Haupte
    Kein Haar, von welchem Gott nicht weiß« –
    Und was der Tag uns Größres raubte,
    Das
fiele nicht auf Sein Geheiß?!
     
    Trag es, wenn seinen Schnee der Winter
    In unser Hoffen niederstiebt,
    Ein ganzer Frühling lacht dahinter:
    Gott züchtigt immer, wen Er liebt.
     
    Laß in dem Leid, das Er beschieden,
    Den Keim uns künft'gen Glückes schaun,
    Dann kam der Tag, wo Freud' und Frieden,
    In unsrem Herzen Hütten baun.
     
     
4. Es kann die Ehre dieser Welt
    Es kann die Ehre dieser Welt
    Dir keine Ehre geben,
    Was dich in Wahrheit hebt und hält,
    Muß in dir selber leben.
     
    Wenn's deinem Innersten gebricht
    An echten Stolzes Stütze,
    Ob dann die Welt dir Beifall spricht,
    Ist all dir wenig nütze.
     
    Das flücht'ge Lob, des Tages Ruhm
    Magst du dem Eitlen gönnen;
    Das aber sei dein Heiligtum:
    Vor
dir
bestehen können.
     
     
5. Beutst du dem Geiste seine Nahrung
    Beutst du dem Geiste seine Nahrung,
    So laß nicht darben dein Gemüt,
    Des Lebens höchste Offenbarung
    Doch immer aus dem Herzen blüht.
     
    Ein Gruß aus frischer Knabenkehle,
    Ja mehr noch, eines Kindes Lall'n,
    Kann leuchtender in deine Seele
    Wie Weisheit aller Weisen fall'n.
     
    Erst unter Kuß und Spiel und Scherzen
    Erkennst du
ganz
, was Leben heißt;
    O lerne denken mit dem Herzen,
    Und lerne fühlen mit dem Geist.
     
     
6. Du wirst es nie zu Tücht'gem bringen
    Du wirst es
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