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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition)
Autoren: Rose Gerdts
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Fasziniert beobachtete Steenhoff, wie es aus der Bucht heraussteuerte. Plötzlich entdeckte er einen Regenbogen, der in der Mitte der Bucht endete.
    «Marie, Ira, kommt mal schnell her.»
    Stumm beobachteten die drei von ihrem Esszimmer aus das Naturschauspiel. Seit zwei Wochen waren sie nun auf Bornholm.
    Ira hatte recht gehabt: Sie alle brauchten erst einmal Abstand von Bremen und vor allem Ruhe. Hier auf Bornholm waren sie in ein wahres Idyll eingetaucht. In eine Nachbarschaft, deren Häuser nachts offenstanden und in der zuletzt vor fünf Jahren ein Rad abhandengekommen war.
     
    Marie wirkte erstaunlich stabil.
    Aber Ira und Steenhoff machten sich keine Illusionen. Ein Kinder- und Jugendtherapeut hatte sie darauf vorbereitet, dass eine posttraumatische Belastungsstörung noch Wochen oder Monate später auftreten könne. Nach ein paar Gesprächen hatten sie mit ihm verabredet, dass Marie nach ihrem «Urlaub für die Seele», wie es Ira nannte, in Bremen eine Therapie beginnen sollte.
    Steenhoff selber hatte sich zweimal mit dem Polizeipastor getroffen. Ein älterer Kollege hatte ihm dringend dazu geraten. «Keiner weint diesem Dreckskerl eine Träne nach. Aber du hast trotzdem einen Menschen erschossen. Ich kenne Kollegen, die sind das nie wieder losgeworden.»
    Der Polizeipastor war Steenhoff sofort sympathisch gewesen.
    Ein kräftiger Mann, der aufmerksam zuhörte, manchen düsteren Gedanken von Steenhoff aufgriff und es schaffte, diesen plötzlich von einer ganz anderen Warte zu betrachten. Trotz aller Schwere der Gespräche blitzte immer wieder der Humor des Mannes durch. Was Steenhoff besonders für den Pastor einnahm, war, dass er ebenfalls leidenschaftlich Saxophon spielte. Bei ihrem dritten Treffen ging es denn auch nicht mehr um die furchtbaren Szenen auf der Jugendfarm, sondern um Musik. Fast zwei Stunden lang spielten sie sich gegenseitig ihre Lieblingsstücke vor. Beim Abschied verabredeten sie, sich künftig einmal im Monat zum Saxophonspielen zu treffen.
    Was seine Schussverletzung betraf, hatte Steenhoff großes Glück gehabt. Einen Zentimeter weiter, und die Kugel hätte seine Milz zerfetzt. So blieb es nur bei einer großen Fleischwunde, die langsam zuheilte.
    Auf Steenhoffs Anraten hatte auch Petersen den Polizeipastor aufgesucht. Im Gegensatz zu ihm war Petersen schon zwei Tage nach dem Vorfall auf der Jugendfarm wieder ins Präsidium gegangen.
    «Die beste Therapie für mich ist zu erfahren, was das für ein Mann war, der uns beinahe alle umgebracht hätte», sagte sie mit Bestimmtheit.
    Rüttger übernahm die Aufgabe, Steenhoff täglich am Krankenbett zu informieren und ihn über die neuesten Ergebnisse auf dem Laufenden zu halten.
     
    Der Mann, nach dem sie wochenlang vergeblich gesucht hatten, hieß Hans Bilg.
    Der 38 -jährige Monteur war verheiratet und Vater einer kleinen Tochter. Als die Beamten seiner Frau in der Nacht die Todesnachricht überbrachten und ihr mitteilten, dass Hans Bilg ein zweifacher Mörder war, weigerte sie sich zunächst verzweifelt, den Ermittlern zu glauben.
    Rüttger und Wessel stellten mit einigen Kollegen das ganze Haus im Bremer Westen auf den Kopf. Was sie fanden, war zunächst nichts anderes als der Querschnitt kleinbürgerlicher Statussymbole und Souvenirs. In dem Reihenhaus gab es jedoch einen verschlossenen Kellerraum.
    Das «Hobbyzimmer» hatte niemand außer Hans Bilg betreten dürfen. Auch seine Frau wusste nicht, wo er den Schlüssel dafür aufbewahrte.
    Wie sich herausstellte, war die Tür mit einem stählernen Querriegel und einer Bandsicherung ausgestattet. Die Techniker der Polizei benötigten fast eine halbe Stunde, um die Tür zu öffnen.
    Als sie sich endlich öffnete, stießen Rüttger und Wessel auf eine Welt voller Abgründe.
    Eine kalkweiß getünchte Wand des Kellerraumes hatte Hans Bilg mit mittelalterlich anmutenden Folterinstrumenten dekoriert. Stumm betrachteten die beiden Beamten die an der Wand befestigten Zangen, Daumenschrauben und Peitschen.
    In einem Regal standen sorgsam aufgereiht eine Reihe von Videofilmen.
    Rüttger zählte 22 . Sie waren mit Ortsangaben und Jahreszahlen versehen. Der letzte in der Reihe war mit «Bremer Stadtwald» beschriftet. Rüttger warf Wessel einen Blick zu und legte das Band in das Videogerät. Dann drückte er auf «Play».
    Nach fünf Minuten schalteten sie den Film wieder ab.
    «Das ist das Widerlichste, was ich je gesehen habe», sagte Wessel erschüttert und ging auf die Straße, um eine
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