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Gedankenmörder (German Edition)

Gedankenmörder (German Edition)

Titel: Gedankenmörder (German Edition)
Autoren: Rose Gerdts
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Kaninchenställe verlief ohne irgendwelche Auffälligkeiten. Während Petersen noch einmal den kleinen künstlich angelegten See umrunden wollte, beschloss Steenhoff, sich den Stall anzusehen. Er hoffte, dass die Pferde nicht zu unruhig auf seine Anwesenheit reagieren würden. Er hatte größten Respekt vor Pferden, fast schon Angst. Als Kind hatte ihm der Hinterhuf eines Isländers einmal einen einwöchigen Krankenhausaufenthalt beschert.
    Als er die Tür zum Stall öffnen wollte, bemerkte er verwundert, dass sie nur angelehnt war.
    Steenhoff schlüpfte in das dunkle Stallinnere und lauschte einige Minuten konzentriert. Dann und wann stampfte ein Pferd. Sonst hörte er nichts. Aber plötzlich spürte er, wie ihm Angst den Rücken heraufkroch. Statt sie abzuschütteln und sich einen Narren zu schimpfen, wechselte er die ausgeschaltete Lampe in die linke Hand und holte vorsichtig seine Pistole heraus.
    Ohne sich zu rühren, versuchte er erneut, die Geräusche in dem mit Stroh ausgelegten Stall einzuordnen. Wieder hörte er das nervöse Wiehern eines Pferdes. Doch dabei blieb es. Ein anderes Tier schnaubte. Ansonsten blieb es ruhig. Steenhoff seufzte erleichtert und schaltete seine Taschenlampe ein.
     
    Ein Mensch lag am Ende des Ganges direkt vor der letzten Pferdebox.
    «Marie! Mein Gott, Marie!» Steenhoffs Stimme überschlug sich vor Verzweiflung. Alle Vorsicht außer Acht lassend, stürzte er zu dem leblosen Körper. Mit zitternden Händen leuchtete er der Toten ins Gesicht. Er brauchte einen Moment, bis er begriff. Dann wich sein Entsetzen einem hysterischen, trockenen Lachen.
    Das Gesicht, von dem nach einem Kopfschuss nicht mehr viel übrig war, gehörte nicht seiner Tochter, sondern Daniel, dem Zivildienstleistenden der Farm. Ein paar Sekunden lang stand Steenhoff wie gelähmt über dem Leichnam. Dann ging ein Ruck durch seinen Körper.
    Mit der entsicherten Pistole im Anschlag arbeitete er sich Box für Box bis zur angelehnten Tür vor. Dort lauschte er wieder einen Moment. Im Schein der Hoflampe gäbe er eine hervorragende Zielscheibe für den Mörder ab. Zugleich wusste er, dass er hier wegmusste. Irgendwo auf dem Gelände oder beim Auto wartete Petersen auf ihn. Ahnungslos. Dem Täter völlig ausgeliefert.
    Er wusste noch nicht einmal, ob sie ihre Dienstpistole dabeihatte.
    Steenhoff holte tief Atem. Mit dem rechten Fuß trat er mit voller Wucht gegen die Stalltür und sprang hinaus. Er strauchelte einen Moment und musste sich mit seiner linken Hand auf dem Boden abstützen. Ein unterdrücktes Stöhnen hinter ihm ließ ihn herumschnellen. Der Lauf seiner Waffe zielte direkt auf Marie.

25
    «Die Waffe weg. Sonst knall ich das Mädchen ab.»
    Maries Hände waren auf dem Rücken gefesselt. Ihr Mund war mit einem Paketband überklebt. Die langen dunklen Haare hingen ihr in Strähnen herunter. Steenhoff sah, dass Maries Gesicht schweißüberströmt war. Der hochgewachsene Mann, der Marie mit seinem linken Arm am Hals im Schwitzkasten hielt, drückte den Lauf seiner Waffe gegen ihre Schläfe. Er wirkte völlig ruhig.
    Langsam legte Steenhoff die Waffe zu Boden. Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg. Er musste Zeit gewinnen.
    «Sie haben keine Chance. Ich bin Polizist. Hier wird jede Minute ein Haufen Kollegen auftauchen. Es ist aus. Machen Sie es nicht noch schlimmer und lassen Sie meine Tochter los.»
    Der hochgewachsene Mann lachte leise auf.
    «So, ich wusste gar nicht, dass mir hier ihr Töchterchen über den Weg gelaufen ist. Wie rührend.»
    Höhnisch grinsend sah er Steenhoff an. «Ihre Tochter betätigt sich offenbar auch schon nebenberuflich als Polizistin. Gemeinsam mit diesem jungen Mann wollte sie dem fiesen Tierquäler auflauern, der sich hier manchmal zum Vergnügen eine Ziege oder ein paar Kaninchen holt. Wusste Papa davon?»
    ‹So lange er redet, schießt er nicht›, dachte Steenhoff.
    «Nein, davon wusste ich nichts. Noch einmal: Lassen Sie sie sofort los.» Plötzlich wusste Steenhoff, dass er den Mann schon mal irgendwo gesehen hatte. Fieberhaft suchte er nach einem Anhaltspunkt. Aber er kam nicht drauf.
    Der Mann musterte ihn abschätzig.
    «Sie bluffen. Und das auch noch ziemlich schlecht für einen Bullen. Sie sind allein hier. Ich habe Sie beobachtet, wie Sie in den Stall gegangen sind. Kein Bulle würde bei einem Verdacht mitten in der Nacht auf eigene Faust allein dort hineingehen. Sie haben lediglich Ihre Tochter gesucht.»
    ‹Er hat Navideh nicht bemerkt›, schoss es Steenhoff
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