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Mann kocht

Mann kocht

Titel: Mann kocht
Autoren: Ludger Fischer
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Männer von feministischen Filmtheoretikerinnen können gut kochen
    Dies ist die Einleitung, wirklich!
    »Als Hobbykoch kochen Sie wahrscheinlich selbst ganz gut, Herr Fischer?« »Geht so«, antworte ich dann, und die Leute, die mich fragen, halten das für charmantes Understatement. Sollen sie. Ich hab’s aufgegeben, zu erklären, dass ich kein Hobbykoch bin, weil sich Hobbyköche alle erdenkliche Mühe geben zu glänzen und ich einfach nur täglich koche, privat und für zwei bis drei Personen. Das glaubt mir kein Mensch. Küchenchef? Ja. Hobbykoch? Ja. Alltagskoch? Diese Rolle ist für mich als Mann nicht vorgesehen. Dem Kochen für die Familie wird weniger Wert beigemessen als dem zum Gelderwerb, oder, wie es britische Soziologen ausdrückten: »Effectively, women are cooks whereas men are chefs.« 1
    Ein Mann, der täglich kocht und daraus (hoffe ich) keine große Show macht, ist selten. Schon eher gibt es Männer feministischer Filmtheoretikerinnen, die ihrer Frau durch die Übernahme einer klassischen Frauenrolle eins auswischen wollen.
    Kochen gehört in allen Gesellschaften zu den geschlechtsspezifischen Aufgaben von Frauen. Der Soziologe Pierre Bourdieu hätte gesagt, es sei Teil ihres Habitus, und der ist »geronnene Lebensgeschichte«, verinnerlicht und lässt sich, wenn überhaupt, nicht leicht ändern. Falls also Männer kochen, darf das ihren gesellschaftlichen Status nicht gefährden. Sie müssen es sich bei ihrer Stellung leisten können, und das können nur Männer mit einem hohen gesellschaftlichen Status. Deshalb findet man in Kochklubs auch vorwiegend Männer mit prestigeträchtigen Berufen.
    Keines der bisher erschienenen Bücher zu kochenden Männern beschreibt das Thema aus der Perspektive eines Alltagskochs. Deswegen werde ich das übernehmen. Klischees über kochende Männer muss ich dabei teilweise zerstören, andere leider bestätigen.
    Tücherleiste, Weichholz, gelb lackirt mit vier Porzellanschildern u. Messinghaken. Männer können nicht nur im Tohuwabohu der Theorien, sondern auch in der Küche leicht den Überblick verlieren.
Deshalb sind Beschriftungen hilfreich, für Handtücher, Tellertücher, Gläsertücher und Messertücher.
    Im Kleinen Lexikon der Küchenirrtümer 2 hatte ich behauptet, nicht ein einziges Kochbuch zu besitzen. Damals stimmte das noch. Mittlerweile sammelt sich einiges auf meinem Bücherstapel an, schon allein aus Neugierde, was da so alles erscheint. Einen Weg ins Regal finden Kochbücher allerdings bei mir immer noch nicht. Jedes Mal denke ich: »So ein Mist!«, und nehme mir vor, demnächst auf diese Sorte Anregung zum Schreiben zu verzichten. Anregungen zum Kochen finde ich darin sowieso nicht. Deshalb finden Sie auch in diesem Buch garantiert wieder kein Rezept. Wenn Sie ein Rezept brauchen, gehen Sie bitte zum Arzt.
    Aber wozu brauchen Männer überhaupt Rezepte? Sie sind Naturtalente, Könige der Kochkunst. So jedenfalls gebärden sie sich in Gegenwart ihrer Frauen, die, natürlich, ganz anders darüber denken. Frauen werden durch das Aufschneider-Gebrutzel ihres jeweiligen Kerls unverhohlen aufgefordert, Begeisterung zu heucheln: »Ist doch mal was ganz anderes, Schatz, findest du nicht?« Sie schaltet daraufhin die Leuchteaugen an, weil sie genau weiß, was er von ihr erwartet, und tut ihm den Gefallen, seinen Papp mit Kennermiene zu degustieren. Täte sie das nicht, würde er wenigstens eine Woche lang schmollen und sich eine modische Krankheit zulegen: Maushand, nervöses Husten, Nagelpilz, so etwas. Und welche Frau will das schon? Da lügt sie doch lieber lautlos, schließt genießerisch die Augen und erklärt: »Ich liebe dich!« Der Beweis für meine Behauptung, dass Frauen ihren kochenden Männern die Begeisterung für deren Geköchel bloß vorgaukeln, ist einfach: Frauen, die behaupten, sie sagten immer genau das, was sie meinten (schön dumm!), haben keine Männer, die kochen, meistens nicht einmal einen, der nicht kocht.
    Ausgangspunkt für dieses Buch waren Klischees und feste Rollenbilder. Deren Tauglichkeit zum Erfassen der Wirklichkeit wollte ich überprüfen. Das System ist einfach: Einzelfallbeobachtungen werden verallgemeinert, Verallgemeinerungen an Einzelfällen überprüft. Dabei kommt kein abschließendes Urteil zustande, vielleicht aber ausreichend Verunsicherung.
    Natürlich, das gebe ich gerne zu, könnte ich auch die spezifischen Kochmethoden und -allüren von großen und kleinen Menschen, Dicken und Dünnen, Blonden und
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