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Gäbe es die Liebe nicht

Gäbe es die Liebe nicht

Titel: Gäbe es die Liebe nicht
Autoren: Nora Roberts
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wollen, wie das Haus wuchs.
    „Anna, wusstest du, dass er Cathleens miesen Auftritt auf eurer Party mitbekommen hat?“ fragte Myra besorgt.
    „Nein.“ Anna schüttelte den Kopf. „Nein, das hat er mir nicht erzählt. Oh …“ Sie erinnerte sich an den Zorn, den er nur mühsam gebändigt hatte. Das erklärte eine Menge.
    „Er hat Herbert gesagt, dass er ihr am liebsten den Hals umdrehen würde. Ich fand die Idee gut, aber Herbert hat es ihm ausgeredet. Daniel ist offenbar der Ansicht, dass er dich vor Beleidigungen schützen muss.“
    „Ich kann Daniel nicht heiraten, nur um nicht beleidigt zu werden“, murmelte Anna.
    „Natürlich nicht. Aber er hat sein Herz am rechten Fleck. Er liebt dich, Anna.“
    „Nur einen Teil von mir.“
    „Anna, möchtest du darüber reden? Soll ich kommen?“
    „Nein. Jedenfalls noch nicht.“ Anna rieb sich die Schläfen und rang sich ein Lachen ab. „Ich bin froh, dass ich deine Briefe nicht beantwortet habe. Mit dir zu sprechen hat mir gut getan.“
    „Dann gib mir deine Nummer.“
    „Ich habe kein Telefon.“
    „Kein Telefon?“ Myra klang entsetzt. „Anna, Liebling, wie überlebst du das?“
    „Du wärst noch schockierter, wenn du meine Wohnung sehen könntest.“ Sie fragte sich, ob Myra je verstehen würde, warum sie die Nachmittage mit einem Dutzend anderer Me dizinstudenten und einer Leiche verbrachte. Aber manche Dinge blieben besser ungesagt. „Hör zu, ich verspreche, ich setze mich heute Abend hin und schreibe dir einen langen Brief. Und nächste Woche rufe ich wieder an.“
    „Na gut. Noch ein Rat, Anna. Daniel ist ein Mann. Und wie jeder Mann hat er Stärken und Schwächen. Du musst beides nehmen, vergiss das nicht.“
    „Danke. Grüß Herbert von mir.“
    „Mache ich. Und denk an den Brief, ja?“
    „Gleich heute Abend“, versprach Anna. „Bis bald, Myra.“
    Sie hängte ein und sah auf die Uhr. Noch zehn Minuten bis zum nächsten Seminar. Dieses Mal würde sie ins Freie gehen und das schöne Wetter genießen, anstatt die Nase ins Lehrbuch zu stecken.
    Draußen sah sie das bunte Herbstlaub, das sie seit Wochen ignoriert hatte. Sie sah ihre Mitstudenten, die in den nächsten Kurs eilten oder lesend im Gras lagen. Sie sah den alten roten Backstein des Krankenhauses oben auf der flachen Anhöhe. Und sie sah das blaue Cabrio am Straßenrand.
    Anna erstarrte. Es war genau wie damals in Boston, als Daniel vor der Klinik auf sie gewartet hatte. Aber dies ist nicht Boston, beruhigte sie sich. Und es gab noch mehr blaue Cabrios an der Ostküste. Entschlossen ging sie davon. Se kunden später war sie wieder da, um sich den Wagen genauer anzusehen.
    „Wie wäre es mit einem Ausflug?“
    Als sie seine Stimme hörte, blieb ihr fast das Herz stehen, aber sie fasste sich schnell. „Daniel, was machst du denn hier?“
    „Wie es aussieht, warte ich auf dich.“ Er hätte sie gern berührt, ließ die Hände jedoch in den Taschen. „Wann ist dein letztes Seminar zu Ende?“
    „Letztes Seminar?“ Sie hatte ganz vergessen, welcher Tag heute war. „Oh, in etwa einer Stunde.“
    „Na gut, dann bin ich in einer Stunde zurück.“
    Zurück? Wie benommen sah sie, wie er um den Wagen herumging und die Fahrertür öffnete. Bevor ihr bewusst wurde, was sie tat, riss sie die Beifahrertür auf.
    „Was tust du?“
    „Ich fahre mit“, platzte sie heraus.
    „Was ist mit deinem Seminar?“
    „Ich leihe mir von jemandem seine Aufzeichnungen“, sagte sie beim Einsteigen.
    „Du bist nicht der Typ, der Seminare schwänzt.“
    „Nein, bin ich nicht.“ Sie legte die Bücher auf den Schoß. „Es ist nicht weit bis zu meiner Wohnung. Wir können Kaffee trinken. Hinter dem Krankenhaus nach links und dann …“
    „Ich weiß“, unterbrach er sie. Er hatte es schon gewusst, als die Tinte auf dem Mietvertrag kaum trocken war.
    Während der fünfminütigen Fahrt ging ihr alles Mögliche durch den Kopf. Wie sollte sie ihn behandeln? Höflich? War er noch wütend? Zum ersten Mal konnte Anna Daniels Stimmungslage nicht einschätzen. Als er vor dem Haus hielt, zitterte sie vor Nervosität. Er dagegen war ganz ruhig.
    Als sie ihre Wohnung betraten, wurde ihr bewusst, wie klein ihr Zuhause war. Im Wohnbereich hätte Daniel nur die Arme ausbreiten müssen, um sämtliche Wände zu be rühren. Sie hatte eine Couch, einen Tisch und eine Lampe. Mehr nicht.
    „Setz dich. Ich mache Kaffee“, forderte sie ihn auf und flüchtete in die Küche.
    Er folgte ihr. Ob sie oft kochte, wusste er
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