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Gäbe es die Liebe nicht

Gäbe es die Liebe nicht

Titel: Gäbe es die Liebe nicht
Autoren: Nora Roberts
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kniete vor ihrer Mutter, wie sie es immer getan hatte, wenn sie Trost und Zuspruch brauchte. „Er wird es schaffen. Er ist trotzig, und er ist stark.“
    „Natürlich wird er es schaffen.“ Sie warf Serenas Mann Justin einen Blick zu. „Meinst du etwa, er würde ein solches Familientreffen versäumen?“
    Serena lächelte. „Genau das hat Justin auch gesagt.“ Er hatte schon den Arm um seine Schwägerin gelegt. Serena stand auf und drückte sie an sich. „Diana. Wie geht es Laura?“
    „Sie ist ein echter Schatz. Sie hat gerade ihren zweiten Zahn bekommen. Und Robert?“
    „Ein kleiner Wildfang.“ Serena dachte an ihren Sohn, der seinen Großvater schon jetzt verehrte. „Shelby, wie fühlst du dich?“
    „Dick“, erwiderte die schwangere Frau lächelnd und verschwieg, dass die Wehen bereits vor drei Stunden eingesetzt hatten.
    „Ich habe meinen Bruder angerufen.“ Sie wandte sich zu Anna. „Grant und Gennie kommen auch. Ich hoffe, das ist in Ordnung.“
    „Natürlich.“ Anna tätschelte ihre Hand. „Die beiden gehören doch zur Familie.“
    „Dad wird begeistert sein.“ Serena schluckte. „Seine ganze Familie… Und dann möchten Justin und ich noch etwas verkünden.“ Sie sah ihn an. „Justin und ich werden ein zweites Kind bekommen. Mom …“ Ihre Stimme wurde brüchig, als sie sich wieder hinkniete. „Dad wird sich darüber freuen, nicht wahr?“
    „Ja.“ Anna küsste Serena auf beide Wangen. Daniel war so stolz auf seine große Familie und ihre Tradition.
    Die Minuten vergingen zähflüssig. Anna stellte ihren Kaffee ab, kalt und ungetrunken. Vier Stunden und zwanzig Minuten. Es dauerte zu lange. Neben ihr zuckte Shelby zusammen und begann, tief durchzuatmen. Automatisch legte Anna eine Hand auf den gewölbten Bauch ihrer Schwiegertochter.
    „Wie ist der Abstand?“ erkundigte sie sich.
    „Etwas unter fünf Minuten.“
    „Seit wann?“
    „Ein paar Stunden.“ Shelbys Blick verriet ein wenig Aufregung, ein wenig Angst. „Etwas über drei, um genau zu sein. Ich wünschte, ich hätte die Zeit besser abgepasst.“
    „Du hast es perfekt getimt. Möchtest du, dass ich dich begleite?“
    „Nein.“ Shelby schmiegte sich an ihre Mutter. „Es wird schon gut gehen. Es wird alles gut gehen. Alan …“ Sie streckte ihrem Mann beide Hände entgegen. „Ich werde das Baby nicht im Georgetown Hospital bekommen.“
    Behutsam zog er sie hoch. „Nein?“
    „Ich werde es hier bekommen. Und zwar bald.“ Sie lachte, als er noch blasser wurde. „Ich glaube, es ist gleich so weit.“
    Der ganze Clan drängte sich um sie, bot Hilfe, Rat und Aufmunterung an. In gewohnt ruhiger Art rief Anna eine Krankenschwester und verlangte nach einem Rollstuhl. Ent schlossen schob sie Shelby hinein. „Ich werde nach dir sehen.“
    Shelby griff nach Alans Hand, blickte aber Anna fest an. „Sag Dad, dass es ein Junge wird. Dafür werde ich sorgen.“
    Anna sah den beiden nach, bis die Fahrstuhltür sich hinter ihnen schloss. Sekunden später erschien Dr. Feinstein auf dem Korridor. „Sam“, rief Anna und eilte zu ihm.
    In der Tür des Warteraums hielt Justin seinen Bruder Caine zurück. „Gib ihr eine Minute“, murmelte er.
    „Anna.“ Der Chirurg legte eine Hand auf ihre Schulter. Jetzt war sie nicht nur eine Kollegin, die er respektierte. Sie war auch die Frau eines Patienten. „Er ist ein kräftiger Mann.“
    Sie spürte Hoffnung in sich aufsteigen. „Kräftig genug?“
    „Er hat viel Blut verloren, Anna, und er ist nicht mehr jung. Aber wir haben die Blutungen stoppen können.“ Er zögerte. „Wir hatten ihn schon verloren, aber er hat sich zurück ins Leben gekämpft. Wenn der Lebenswille zählt, Anna, hat er eine gute Chance.“
    Sie schlang die Arme eng um sich. Ihr war plötzlich eiskalt. „Wann kann ich ihn sehen?“
    „Er wird gerade auf die Intensivstation gebracht.“ Seine Hände schmerzten von der langen Operation, aber er ließ sie auf ihren Schultern. „Anna, ich muss dir nicht erklären, was die nächsten vierundzwanzig Stunden bedeuten können.“
    Leben oder Tod.
    „Nein, das musst du nicht. Danke, Sam. Ich werde mit meinen Kindern sprechen. Dann komme ich nach oben.“
    Sie drehte sich um ging davon. Eine kleine, anmutige Frau, in deren schwarzes Haar sich das erste Grau geschlichen hatte. Ihr Gesicht war fein, die Haut noch so zart wie in ihrer Jugend. Sie hatte drei Kinder aufgezogen, in ihrem Beruf Karriere gemacht und über die Hälfte ihres Lebens einen einzigen Mann
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