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112 - Monster im Prater

112 - Monster im Prater

Titel: 112 - Monster im Prater
Autoren: Larry Brent
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    „Da vorn
ist’s“, flüsterte der Mann an seiner Seite. „Leise jetzt, damit uns keiner
hört.“ Mit diesen Worten blickte sich der Kleine mit dem dunkelgrünen T-Shirt,
über dem er eine gestreifte Jacke trug, um. Alles war still und menschenleer.
Es war ein Uhr nachts. Auf dem großen Vergnügungsgelände hielt sich kein Mensch
mehr auf. Alle Lichter waren erloschen, die große Stille war eingekehrt. Über
den Dächern der Buden zeigte sich ganz vom die Silhouette des weltberühmten
Wiener Riesenrades, das sechzig Meter in die Höhe ragte. Die meisten Buden und
Karussells standen das ganze Jahr über hier, auch im Winter, wenn der Prater
geschlossen war. Hin und wieder kam ein reisender Schausteller, der einige Tage
oder eine Saison blieb und dann wieder weiterzog. Istvan Perkush, der Ungar,
gehörte zu denen, die herumzogen, und der diesmal sein Domizil im Wiener Prater
aufgeschlagen hatte. Die Bude, verkleidet mit einer rot-schwarz gestreiften
Zeltplane, stand neben einem alten Wohnwagen, wie er heute kaum noch zu sehen war.
Nur eine Steinwurfweite von Bude und Wohnwagen entfernt stand eine der drei großen Geisterbahnen. Die unheimlichen
Gestalten - ein Zyklop, der eine riesige Keule schwang, ein riesiger
Totenschädel, dessen Kiefer aufgeklappt waren und der eine menschliche Gestalt
aus Pappmache im Maul festhielt, zierten den Aufbau über dem Eingang. Die
Wandverkleidungen zeigten unheimliche Szenen aus düsteren Schlossverliesen und
finsteren Höhlen, in denen Schreckgespenster lauerten. Für diese Kulisse aber
hatten die beiden Männer in diesem Moment keine Augen. Sie konzentrierten sich
auf die Zeltbude mit dem alten, verwitterten Wohnwagen, auf dem in nicht minder
verblassten Buchstaben der Name Istvan Perkush stand. Links und rechts, neben
dem Eingang der Bude, befanden sich zwei bis drei Meter hohe, schmale Ölbilder.
Auf dem linken war eine Gruppe erschreckt davonlaufender Menschen zu erkennen.
Nur - wovor sie flohen, war nicht ersichtlich. Das rechte zeigte übermannsgroß
das Abbild eines Ungarn, eines kräftigen Mannes mit gewaltigem, schwarzem
Schnurrbart und dichtem, gewelltem Haar. Die Darstellung hielt ein Schild in
der Hand, auf dem in riesigen Lettern Folgendes stand: Kommen Sie - Sehen Sie -
Staunen Sie! Istvan Perkush zeigt das einzige auf der Welt geborene
    Monster...
Sensationell und unvergesslich ...Aber - psst! Erzählen Sie nie davon, was Sie
gesehen haben. Behalten Sie das Geheimnis für sich ...
    „Ich hoffe,
du hast mich nicht deshalb mitgenommen, um heimlich in der Nacht ein
schlafendes Monster zu besichtigen?“, ließ sich zum ersten Mal der andere
vernehmen. Er war einen Kopf größer als der Initiator des Unternehmens. Der
Sprecher hatte mittelbraunes, ungepflegtes Haar und trug einen dunkelblauen
Anorak mit Kapuze. Die abgewetzten Bluejeans waren fadenscheinig und an den
Hosenbeinen unten/ausgefranst. Der Mann war Ende Zwanzig, sah ungesund und
schmal aus und war Kettenraucher. Er hieß Andreas Wibbert und stammte aus Graz.
Der andere, der auf die Idee gekommen war, nach dem Schließen sämtlicher Buden,
Karussells und Spielhallen noch mal zum Prater zu gehen, war Wiener. Er kam aus
dem 22. Bezirk und lebte in einem alten, abbruchreifen Mietshaus, das einem
Weinhändler gehörte, der einen Großteil der Räume dort als Lagerplatz für leere
Flaschen und Kisten benutzte. Der andere hieß Thomas Meixner, war einunddreißig
und hatte den größten Teil seines Lebens nicht gearbeitet, sondern schlug sich
mit größeren und kleineren Gaunereien durch. Er fand immer eine Möglichkeit,
ahnungslose Zeitgenossen übers Ohr zu hauen. Kleinere Diebstähle und
Betrügereien waren seine Schwäche. Meixner war typischer Einzelgänger. Diesmal
aber - bei der Ausführung seines neuesten Unternehmens - ging er von seinem
Prinzip ab. Meixner hatte sich Unterstützung mitgebracht. Was er vorhatte,
erforderte unter Umständen einen Beobachter oder Hilfe.
    Der
Einunddreißigjährige lernte Wibbert in einer Kneipe in der Wiener Innenstadt
kennen. Bei Schnaps und Bier an der Theke schlossen sie Freundschaft. Meixner
kam zum Schluss, dass Wibbert ein Kumpel war, mit dem er sich verstand und der
- wie er - mal wieder völlig abgebrannt war. Auch Wibbert war Herumtreiber, war
mal hier, mal dort, schlief auf Bänken und hatte keine feste Bleibe.
    „Ich will
nur, dass du die Augen offen hältst“, entgegnete der Wiener. „Ich weiß nicht
genau, was für Schlafgewohnheiten er hat. Vielleicht
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