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Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Titel: Elwin - Rosenwasser (German Edition)
Autoren: Jürgen Föhr
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Ein teuflischer Plan
    Die beiden Männer erschienen wie aus dem Nichts auf dem dunklen Pfad. Sie blieben stehen und starrten einander aus der Ferne an. Beide trugen schwarze Mäntel und Stiefel, deren blank geputzte Schäfte durch die kräftigen Beine oben ausgeweitet waren. Die Gesichter hatten sie mit Ruß geschwärzt und waren so nur schwer in der finsteren Umgebung zu erkennen. Jermon, der kleinere der beiden, huschte zwischen die Blätter eines riesigen Farns und verharrte dort. Der andere war mit zwei Schritten vor einer Kiefer, stellte sich mit dem Rücken gegen den Baumstamm und wartete. Der Wald blieb ruhig. Zeitgleich traten sie wieder aus den Verstecken hervor, erkannten sich und gingen aufeinander zu.
    »Ist uns einer von denen gefolgt?«, fragte Jermon, den alle Jerri nannten, unterdrückt.
    »Nein!«, flüsterte Thorwald und blickte beklommen in einen Seitenpfad. »Bin in ein Rudel Cernivas gelaufen, konnte den verfluchten Biestern noch gerade so entkommen. Da sieh! Sie haben meinen Mantel am Saum zerfetzt.«
    Sie blieben wieder stehen und horchten in die Stille. Die noch tief stehende Morgensonne vermochte den dicht gewachsenen Wald nur spärlich zu durchdringen. Es war Mitte Juni und die Sonne schien um diese Jahreszeit Tag und Nacht. Das Licht war auch die größte Gefahr an ihrem kühnen Plan. Aber ihr Vorhaben war nur in den nächsten Tagen zu verwirklichen; sie hatten nur diese eine Chance.
    Der Wind strich sanft durch die Zweige der Birken, deren Blätter leise rauschten. Thorwald hob den Kopf und schaute sich suchend um, als vermutete er, ihre Verfolger hätten sich irgendwo in den Bäumen versteckt. Sollte ihnen jemand unbemerkt gefolgt sein, musste selbst ein sehr guter Kundschafter diesen Pfad nehmen, wollte er noch einmal lebend aus dem Wald herauskommen.
    Thorwald grinste bei diesem Gedanken breit über das kantige Gesicht, denn die meisten ihrer Verfolger waren einfache Leute aus den umliegenden Dörfern. Sie würden solchen Biestern wie den Cernivas zum Opfer fallen.
    Über dem Pfad schwirrte eine dunkle Wolke von Stechmücken wie eine Welle im Ozean. Die Insekten setzten sich auf die Mäntel und die Gesichter der Männer, deren Haut fast so dick wie Leder war. Die Mücken vermochten sie nicht zu durchstechen, unangenehm waren sie dennoch. Thorwald fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht.
    »Verfluchte Biester«, brummte er. »Lass uns verschwinden. Rago hasst Verspätungen!«
    Wortlos eilten die beiden den Pfad entlang, der rasch zu einer Anhöhe führte und dort in einen Weg mündete. Einst von großer Bedeutung, hatten ihn die damaligen Erbauer mit Steinen ausgelegt. Jetzt wucherten zwischen den Fugen Gräser, Farne und Wildblumen.
    Zu beiden Seiten wuchs eine wilde Dornenhecke, die mit ihren langen dünnen Zweigen nach jedem Eindringling zu greifen suchte. Die beiden Männer umstiegen die Dornen, hoben sie an oder krochen darunter hindurch. Sie waren darauf bedacht, keine Pflanze niederzutreten oder abzuknicken; ein guter Fährtensucher konnte solche Spuren bemerken und ihr Versteck gefährden.
    Der Wald wurde lichter, je weiter sie hinaufstiegen. Sie folgten einer Biegung nach links, dann lag die gut verborgene Landsburg vor ihnen.
    Der König der Nordanen hatte sie einst auf dem Höhepunkt seiner Macht von den besten Handwerkern der Gegend erbauen lassen. Dann war eine Hungersnot über das Land hereingebrochen und die Nordanen waren in ein südlicheres Land gezogen. Seither lag die Burg verlassen und verfiel langsam. Kaum jemand kannte den Platz, vielleicht ein paar ältere Bewohner aus den Dörfern, aber die würden niemals den mühsamen wie gefährlichen Weg hierher antreten. Efeu, Gräser und Moose hatten die Mauern mit dem grünen Samt des Waldes überzogen. Wild gewachsene Kiefern und Birken auf dem Burgwall verdeckten die Ruine beinahe vollständig.
    Schweigend blieben die beiden Männer an einem Baum stehen. Jeder Mann ihrer Gruppe hatte den strikten Befehl, vor dem Weitergehen zur Burg noch einmal zu horchen, ob ihm jemand gefolgt war. Auch die Wache in einem Fenster der Türme konnte sehen, wer kam.
    Die Luft war erfüllt vom harzigen Geruch der Kiefern und dem herben Duft des Waldbodens. Die Geräusche klangen vertraut, das sanfte Rauschen der Baumkronen und das Gurgeln eines Bachs unterhalb der Burg. Das war seit Jahren ihre Welt, sie vermochten sogar zu hören, wie viel Wasser der Bach gerade führte.
    Der warme Wind strich den Männern über die kahlen Köpfe.
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