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1604 - Panoptikum des Schreckens

1604 - Panoptikum des Schreckens

Titel: 1604 - Panoptikum des Schreckens
Autoren: Jason Dark
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Purdy Prentiss überlegte. Dabei wiegte sie den Kopf und dachte daran, dass sie Zeit genug hatte. Den Weg bis nach London würde sie noch bequem schaffen, schließlich war es erst später Vormittag.
    Die Verhandlung, bei der ausgerechnet sie als Zeugin geladen war, hatte schon nach wenigen Minuten abgebrochen werden müssen, weil der Angeklagte zusammengebrochen war. Ihre Kollegen von der juristischen Fakultät hatten nur mit den Schultern zucken können und sich den Ärger verkniffen. Der Richter hatte sich noch mit wenigen dürren Worten bei ihr entschuldigt, was Purdy auch nicht weitergeholfen hatte.
    Sie war wieder in ihr Auto gestiegen und durch eine tief verschneite Winterlandschaft in Richtung London gefahren, wobei sie dann in dieser kleinen Stadt eine Pause eingelegt hatte. Sie hatte getankt, einen Kaffee getrunken und war anschließend ein paar Schritte gegangen, um die herrliche Wintersonne zu genießen, deren Strahlen die Oberfläche des Schnees zum Glitzern brachte.
    Sie stand jetzt am Rand des Ortes und schaute durch die Sonnenbrille auf das Plakat.
    »Ich an Ihrer Stelle würde mir das Panoptikum mal anschauen, Madam. Ehrlich. Das ist echt cool.«
    Die noch junge Stimme hatte sie aus ihren Überlegungen gerissen.
    Purdy drehte den Kopf nach rechts und sah dort einen Jungen stehen, der sie grinsend anschaute. Auf seinem Kopf trug er eine Wollmütze, und in seinem Gesicht mit der durch die Kälte leicht geröteten Haut hatten sich auch im Winter die Sommersprossen gehalten.
    »Meinst du?«
    »Sonst hätte ich es nicht gesagt.«
    »Stimmt auch wieder.«
    Der Junge lächelte sie an. Purdy stellte fest, dass er einen pfiffigen Gesichtsausdruck hatte.
    »Sind Ihre Haare eigentlich echt?«, fragte er.
    »Glaubst du, dass ich mir eine Perücke aufgesetzt habe?«
    »Das meine ich nicht.«
    »Was dann?«
    »Die rote Farbe.«
    Ob sie wollte, oder nicht, Purdy musste lachen. »Ja, die Farbe ist echt.«
    »Wie bei Myra.«
    »Oh, wer ist das?«
    »Eine heiße Tussi. Echt.«
    »He, wieso sagst du so etwas?«
    »Na, das ist so. Myra ist ein heißes Eisen.«
    »Und das weißt du in deinem Alter?«
    »Immer.«
    »Wie alt bist du denn?«
    »Vierzehn.«
    »Das ist noch sehr jung.«
    »Macht aber nichts.« Er zog die Nase hoch. »Haben Sie sich entschieden? Wollen Sie dem Panoptikum einen Besuch abstatten?«
    »Ich weiß noch nicht.« Purdy hob die Augenbrauen. »Bist du so etwas wie ein Anreißer für das Panoptikum?«
    »Nee, das nicht. Aber im Winter kommen nicht so viele Gäste. Da strenge ich mich mal an. Und Sie haben ausgesehen, als würden Sie sich dafür interessieren.«
    »Ich habe erst mal nur das Plakat gelesen.«
    »Klar, Madam. Und dabei gelächelt.«
    »Das hast du gesehen?«
    »Ich bin ein guter Beobachter. Ach ja, ich heiße übrigens Rudy.« Er streckte Purdy seine Hand entgegen.
    Die Staatsanwältin schlug ein. »Ich heiße Purdy.«
    »Ha.« Der Junge lachte. »Das hört sich beinahe so an, als wären wir miteinander verwandt.«
    »Ich habe aber keinen Sohn.«
    »Kann ja noch kommen«, erwiderte er vorlaut.
    Purdy Prentiss gefiel die lockere Art des Jungen, der keine Scheu zeigte.
    Da sie noch etwas Zeit hatte, konnte sie sich eine Besichtigung des Panoptikums erlauben.
    »Wie lange dauert denn so ein Durchgang in der Regel?«
    Rudy hob die Schultern. »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Es kommt immer auf die Person an, die zur Besichtigung eintritt. Ist aber interessant.«
    »Und nicht schlimm?«
    Der Junge schaute zu Boden. Trotzdem hatte Purdy das Grinsen auf seinen Lippen gesehen.
    »Ich sehe es nicht als schlimm an«, sagte er. »Ist ja alles aus Wachs. Aber es gibt natürlich Leute, die es nicht mögen, das muss ich Ihnen auch sagen.«
    »Fürchten sie sich vor den Figuren, die man dort sieht?«
    »Das weniger, glaube ich.«
    »Sondern?«
    »Mehr vor der Geschichte des Hauses.«
    »Ach, jetzt hast du mich neugierig gemacht.«
    Rudy trat einen Schritt näher, bevor er sprach, als hätte er Furcht davor, dass jemand zuhören konnte.
    »Also, Madam, das Haus ist recht alt, und da sollen schlimme Dinge geschehen sein.«
    »Welche denn?«
    »Untaten, sagt man.«
    »Das ist aber sehr vage.«
    »Dann sage ich es Ihnen genauer. In diesem Haus sind Menschen ermordet worden. Manchmal soll man sogar das Schreien der Kinder hören, die dort umgekommen sind.«
    »Wie viele waren es denn?«
    »Zwei.«
    »Das ist schlimm. Und wer kam sonst noch um?«
    »Die Eltern der Kinder. Das sind auch ihre Mörder
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