Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuck

Fuck

Titel: Fuck
Autoren: Kooky Rooster
Vom Netzwerk:
– Fuck –

    Mitten in meinem Bad materialisierte sich plötzlich, aus dem Nichts – und zwar wirklich aus dem Nichts und nicht
wie
aus dem Nichts – dieses Ding und …
    Stopp.
    Ich sollte ganz am Anfang beginnen. Vielleicht bei Leopold Schlögl, dem Mann mit dem Viagrablick: Er hatte sagenhaft blaue Augen und ich bekam einen Ständer, wenn er mich nur ansah.
    Er war der Grund, weswegen ich an diesem Abend in meinem Bad stand und mich in dem von Bartstoppeln und Zahnpastaspritzern verschmierten Spiegel betrachtete. Ich meine,
richtig
betrachtete. Diese Art von Betrachten, bei der ich das ganze Elend erkannte, das ich darstellte:
    Meine Augen hatten nicht nur die Farbe eines Moortümpels, sondern auch dessen Ausstrahlung. An den Schläfen nagte bereits die Ratte des Alters an meinen streichholzkurzen, rostbraunen Haaren, dabei war ich noch nicht einmal fünfundzwanzig, und der Versuch eines verwegenen Dreitagebarts entlarvte zu deutlich seine Funktion, nämlich einen – meiner Meinung nach – nicht männlich genug geratenen Kiefer zu kaschieren.
    Es war faszinierend, wie schnell ich neben einer Erscheinung wie Leopold Schlögl verfallen konnte. Bisher hatte ich mich immer für ganz passabel gehalten. Wenn ich meinen Ex-Freunden oder meiner Frau Glauben schenken wollte, so sah ich
süß
aus. Okay, das
S-Wort
will kein Mann hören, auch ich nicht, aber es zeigte doch, dass da etwas passiert war, in den letzten Wochen. Entweder hatte ich wirklich abgebaut, oder Leo war – unvergleichlich.
    Wenn ich mich auf die Zehenspitzen stellte, war mein Mund auf derselben Höhe wie jener von Leo. Das hatte ich letzte Woche festgestellt. Die Glaswand, welche den erhabenen Platz des Büroleiters vom niederen Arbeitsvolk trennte, war horizontal durch Milchglas unterbrochen, um Blicke rudimentär abzuschirmen. Und zwar genau auf jener Höhe, wo Leos Oberlippe seine Unterlippe berührte. Dessen hatte ich mich unzählige Male vergewissert, wenn er an dem Glas entlang schritt.
    Ich musste mich strecken und auf Zehenspitzen gehen, wollte ich meine Lippen auf dieselbe Höhe bringen. Das war gut zu wissen, um mich nachts damit zu quälen, wie kurz die Distanz wäre, die ich zu überbrücken hätte, wenn die Welt meiner Fantasie entspräche. Im Gegensatz dazu betrug sie in Realität: vier Luftmeter, zwölf Schritte, da man Tische und Kopiergerät umrunden musste, und ein ganzes Universum fehlenden Mutes.
    Also stand ich hier, in meinem winzigen Bad, und bekam einen Stich im Bauch, sobald ich die Augen für einen kurzen Moment schloss, denn seit Wochen hatte sich sein Gesicht auf der Innenseite meiner Lider eingebrannt. Leos schwarze Lockenmähne, seine intensiven Augen, seine sinnlichen Lippen und seine Haut, blass und edel wie Elfenbein. Über seine schmalen Wangen strich ein Schatten bis hin zu seinem Kiefer, genau dort, wo ein Grübchen entstand wenn er lächelte, und in sein Kinn hatte sich eine sanfte Mulde gebettet.
    War es ein Wunder, wie banal, wie unbedeutend ich mich fühlte, wenn das Erste, das ich sah, nachdem ich Leo weggeblinzelt hatte, mein vergleichsweise plumpes, gewöhnliches Gesicht war? Wenn ich nach dem Mann, gemeißelt aus sinnlicher Vollkommenheit, diesen feigen Menschen voll niederer Bedürfnisse erblickte?
    Wohl kaum!
    Und deswegen sagte ich zu meinem Spiegelbild auch das Einzige, das es zu sagen gab:
    „Fuck!“, und dann noch mal, „Fuck!“, „Fuck!“, und „Fuck!“
    Viermal.
    Und dann war 'Es' auf einmal da. Überrascht von den beengten Verhältnissen meines winzigen Badezimmers, schlug es gegen die Wände und die Decke, aber sonst hatte es sich für seine Größe und Struktur besorgniserregend leise materialisiert.
    Zunächst hatte ich nur gemerkt, wie es dunkler wurde – immerhin verdeckte 'Es' das Deckenlicht – und, dass plötzlich hinter meinem Spiegelbild Kabel und Metallstangen baumelten. Als ich mich, ein Kreischen unterdrückend, herumdrehte, quetschte ich mich am Waschbecken entlang in die enge Nische zu den Handtüchern, presste mich an die Fliesen und krallte meine Hände ins Frottee.
    Der Raum wurde ausgefüllt von einem insektenartigen Gerüst aus Metall, Kabeln und Platinen, das durch die beengten Verhältnisse recht gekrümmt dastehen musste. Wenn es seine Gliedmaßen – es hatte vier Arme und zwei Beine – bewegte, erzeugte das ein hydraulisches Seufzen. Sein Kopf – ein für diese Größe winziger Blechkasten, bot gerade mal Platz für zwei Objektive, wie man sie von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher