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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal
Autoren: Dietmar Lykk
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    Als Kriminalhauptkommissar Malbek den ersten Bissen seines Frühstücks hinunterschlucken wollte, hörte er durch die geöffneten Fenster seines Wohnmobils den Schrei einer Frau. Er verschluckte sich, hustete, röchelte und rang verzweifelt nach Atem. Noch ein Schrei, eine andere Frau, mit langem Atem, bis ihre Stimme langsam erstarb. Stimmengewirr, jemand rief nach der Polizei. Malbek griff sich eine Flasche Selterwasser aus dem Bordkühlschrank und trank in kleinen Schlucken, bis das Flimmern vor seinen Augen nachließ und er wieder einigermaßen durchatmen konnte. Er setzte sich auf den Tritt vor der Tür seines Wohnmobils, hustete, bis etwas aus seinem Mund auf den zertretenen Rasen flog. Er klaubte das winzige Stück Braun auf. Es war ein Stückchen Walnuss aus seinem Müsli. Lebensgefährlicher Fraß, dachte er und warf es fluchend in hohem Bogen fort.
    Er griff sich seine Lederjacke und sein Handy, verschloss sein Wohnmobil.
    Â»Was ist da los?«, fragte Malbek einen Mann, der ihm entgegenkam.
    Â»Dahinten … in einem Wohnwagen … liegt ein Toter. Überall Blut.« Der Mann blieb stehen und sah Malbek mit aufgerissenen Augen an. Er stand offensichtlich unter Schock. In den Gassen des Campingplatzes machten viele Camper ihre Fahrzeuge zum Aufbruch bereit.
    Malbek rief im Laufen die Leitstelle an und hörte, dass wegen des Toten auf dem Campingplatz an der Eckernförder Bucht schon mehrere Anrufe angekommen seien.
    Â»Der Kriminaldauerdienst aus Kiel und die Kollegen der Schutzpolizei aus Eckernförde rücken zum Absperren an«, sagte der Mann in der Leitstelle. »… und ich höre gerade, man hat jemanden aus Ihrem K1 erreicht. Die werden sich wohl gleich bei Ihnen melden.« Malbek beendete das Gespräch.
    Er lief in die Richtung, aus der ihm die Leute mit entsetzten Gesichtern entgegenkamen. Eine Frau presste das Gesicht eines Kindes an sich und stolperte mit ihm zum Platzausgang.
    Der Wohnwagen stand in der dritten Reihe links vom Weg zum Wasser, Gasse G, Parzelle elf.
    Kommissarin Hoyer rief an. »Die Leitstelle hat gemeldet, dass …«
    Â»Schon gut, Frau Hoyer, die Sache ist vor meiner Haustür passiert. Ich bin gleich vor Ort. Der Campingplatz ist genau dort, wo die B   76 von Kiel zum ersten Mal direkt an der Eckernförder Bucht verläuft. An der B   76 steht zweihundert Meter vorher ein Hinweisschild.« Er beendete das Gespräch und ging auf den Wohnwagen zu.
    Â»Wegbleiben, dies ist ein Tatort!«, rief ein schwergewichtiger Mann im Netzunterhemd. Er stand breitbeinig vor der geschlossenen Tür des Wohnwagens und sah Malbek drohend an. Ein paar Männer kamen näher.
    Malbek hielt seine Dienstmarke hoch und zeigte sie herum. »Ich bin Kriminalhauptkommissar Malbek aus Kiel. Meine Kollegen werden gleich hier eintreffen. Ich wäre Ihnen allen dankbar, wenn Sie bis zum Eintreffen der Polizei mich bei der Arbeit unterstützen und die Neugierigen wegschicken.«
    Es schien zu wirken, der Mann trat einen Schritt zur Seite und gab den Weg zur Tür frei.
    Â»Pass auf, Ollie!«, rief jemand von hinten. »Das ist ein Spinner! Der Bulle wohnt hier auch auf dem Platz!«
    Ollie sah Malbek misstrauisch an und stellte sich mit trotzigem Gesichtsausdruck wieder vor die Tür.
    Â»Hast recht, Ecki, den hab ich hier auch schon mal gesehen!«, sagte Ollie.
    Malbek trat auf ihn zu, bis er dicht vor seinem Gesicht stand, faltete vor seinem Gesicht seinen Dienstausweis auf. »Hier, Ollie, auf dem Foto, das bin ich«, sagte Malbek so leise, dass nur Ollie ihn hören konnte. Er sah eine Schweißperle auf Ollies Gesicht entstehen.
    Â»Und lesen kannst du doch auch, oder?«
    Ollie zog seinen Kopf etwas zurück. Seine Augen wanderten über den Ausweis.
    Â»Und das hier? Hast du das schon mal gesehen?« Malbek zog ein paar Handschellen aus der linken Tasche seiner Lederjacke.
    Ollies Augen weiteten sich.
    Malbek hob die Handschellen in die Höhe. Bis dicht vor Ollies Augen. Ollie ging betont langsam die Treppe hinunter und verschwand zwischen den Gaffern.
    Malbek nahm ein paar Einmalhandschuhe aus seiner Jacke und öffnete die Tür. Er sah hinein, ohne den Wohnwagen zu betreten. Hinter ihm ging ein Raunen und Tuscheln durch die Menge.
    Ein Mann mittleren Alters, in tarnfarbenem T-Shirt und knallbunter Jogginghose, lag vor einem geöffneten Kühlschrank, der
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