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Friesisch Roulette

Friesisch Roulette

Titel: Friesisch Roulette
Autoren: Marvin Entholt
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gebeugten Bäume – nur dass das Ortsschild seine Neigung der nächtlichen Trunkenheitsfahrt eines Unbekannten verdankte. Polizeiobermeister Busboom hatte jedenfalls nie einen Verantwortlichen ausmachen können.
    Johann rüttelte auf seinem Rad über das Kopfsteinpflaster vorbei an Reents für immer verschlossener Gaststätte und am Friedhof, auf dem weit mehr Menschen lagen, als im Dorf noch wohnten. Zehn Häuser weiter war schon Siedenbiedels Laden am Ortsausgang in Sicht.
    Als Johann sich dem Laden näherte, stand Wilmine Ahlers mit Meta Siedenbiedel davor und tratschte.
    Der Blick der Ahlers fiel auf Johann, und mit einem verächtlichen Kopfnicken machte sie Meta Siedenbiedel auf ihn aufmerksam. Vermutlich beschwerte sie sich gerade über Johanns unverfrorene Kommunikationsverweigerung auf dem Feldweg.
    Johann umkurvte die beiden weiträumig, während er, um sich keiner Unhöflichkeit schuldig zu machen, zum Gruß den Zeigefinger der linken Hand etwa drei Zentimeter vom Lenker hob, was ihm selbst fast schon übertrieben jovial erschien.
    Er lehnte sein Fahrrad an die Klinkerwand des Ladens, aus dessen offener Tür polternde Geräusche und Gemurmel drangen. Durch die beiden großen Schaufenster, die den Eingang flankierten, war nichts Ungewöhnliches zu erkennen. Sie spiegelten uralte Eichen, viel Weidefläche und noch mehr Himmel und davor zwei schwatzende Frauen.
    Johann nahm bedächtig die zwei Stufen und verharrte in der Tür.
    Drinnen kämpfte sich Heinrich Siedenbiedel durch ein enormes Gewirr aus Besenstielen, Plastikwannen und umgestürzten Wäscheständern und fluchte vor sich hin.
    Johann nahm er überhaupt nicht wahr. Der lehnte sich gegen den Türrahmen und betrachtete den aufgebrachten Ladenbesitzer eine Weile.
    Â»Moin«, machte Johann sich bemerkbar.
    Heinrich Siedenbiedel blickte auf und unterbrach kurz seine gemurmelten Verwünschungen.
    Â»Moin«, erwiderte er, dann kramte und fluchte er weiter, stapelte Wäschekörbe und verhedderte sich heillos in drei ineinander verkeilten Wäscheständern, Modell »Pegasus 200«.
    Â»Ganz schönes Durcheinander«, lieferte Johann als Vorlage, um Details über den Einbruch zu erfahren.
    Â»Kannst du wohl sagen«, lautete die enttäuschende Replik.
    Johann wartete, ob noch etwas folgte, aber als klar war, dass Heinrich Siedenbiedel heute noch weniger zum Plaudern aufgelegt war als sonst, brach er seinen investigativen Vorstoß ab.
    Â»Na denn …«, war sein letzter Versuch, den Ladenbesitzer dazu anzustiften, etwas preiszugeben, aber der nahm Johanns Äußerung gar nicht zur Kenntnis. Er hatte einen »Pegasus 200« aus dem Gewirr herausgelöst und prüfte, ob der Blessuren davongetragen hatte.
    Â»Schönen Tach noch«, sagte Johann und drehte sich langsam um.
    Â»Ebenso«, antwortete Heinrich Siedenbiedel abwesend mit Kaufmannsroutine.
    Johann schwang sich auf sein Rad und lenkte das Gefährt wieder um die beiden Damen herum, die sich etwas so Wichtiges zu sagen hatten, dass sie halb flüsternd die Köpfe einander zubeugten.
    Â»Atomharnpolizei …« oder etwas Ähnliches wehte von Wilmines Geheimnissen zu Johann herüber. Er konnte sich keinen Reim darauf machen und ließ es auch bleiben.
    Hätte er »Auto«, »Harm« und »Polizei« korrekt verstanden, wäre er keinen Deut schlauer gewesen.
    ***
    Johann nahm eine andere Route als auf der Hinfahrt und bog in den kleinen Weg ein, der am Bach entlangführte. Es war böiger geworden, und der Wind hatte leicht gedreht. Das Erlengebüsch an der Böschung würde den seitlichen Gegenwind halbwegs abhalten. Gute sechs, jetzt Nordnordost, sagten Johann seine Waden.
    In einiger Entfernung stand ein Auto am Wegrand. Als er näher kam, sah Johann, dass es ein alter BMW war. Ganz schön alt sogar. Siebziger Jahre vielleicht, so genau konnte er es nicht sagen, Johann war kein Autofreak. Die Farbe war jedenfalls aus der Zeit. Sein Vater hatte einen Bauerndiesel in Dunkelgrün gehabt, aber Städter fuhren zur selben Zeit gern genau dieses Cremeweiß, das erinnerte er aus den seltenen Einkaufsfahrten in die gefühlte Weltmetropole Leer.
    Schönes Auto, dachte er, und als er noch näher kam: komisches Kennzeichen. WRN , noch nie gehört, keine Ahnung, wo der herkam. Den Wagen hatte er in der Gegend noch nie gesehen.
    Johann stieg
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