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Friesisch Roulette

Friesisch Roulette

Titel: Friesisch Roulette
Autoren: Marvin Entholt
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ihm klar war, dass, selbst wenn man gemeinhin sagen würde, dass es leicht wäre, es ihm trotzdem vollkommen unmöglich wäre – da fiel das Licht seiner Lampe auf die Holsteiner Schaufel, mit der er vorhin die Grube gegraben und wieder zugeschüttet hatte, und er entdeckte eine kleine Blutspur, genau dort, wo das Schaufelblatt am Stiel befestigt war.
    Johann war ja nun kein Detektiv und erst recht kein Spurensicherer der Kripo, aber nach seinem ganz persönlichen Eindruck hatte das Blut auf seiner Stirn und das auf der Schaufel dieselbe Farbe und war im selben Maße angetrocknet. Damit erklärten sich Johann auch sein dröhnender Kopfschmerz und das Gefühl, als habe er mit der Schaufel eins übergezogen bekommen.
    Offenbar hatte er tatsächlich eins mit der Schaufel übergezogen bekommen, und dann musste ihm irgendwer den unbekannten Toten in die Scheune gebracht und ihm die Waffe in die Hand gedrückt haben.
    Seine Erkenntnis brachte Johann keinen entscheidenden Schritt weiter. Allerdings beruhigte es ihn, dass er anscheinend nicht der Täter war. Johann misstraute allen Menschen und damit folglich auch sich selbst.
    Er schaltete das Licht in der Scheune aus. Elfi rumpelte noch einmal grunzend gegen den Verschlag, ehe sie sich mit einem lauten Seufzer ins Stroh plumpsen ließ.
    Johann schlurfte über den Hof zurück, wechselte in der Diele wie im Schlaf sein Schuhwerk zurück auf Filz, ging in die Küche, nahm ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich an den Küchentisch.
    Für den vollkommen aussichtslosen Überlebenskampf zweier Fliegen am Klebestreifen über dem Tisch hatte er weder Auge noch Ohr.
    Mit seinen erdigen Fingern faltete Johann den kleinen Zettel auf, den er in der Tasche des Toten gefunden hatte.
    Anscheinend ausgerissen aus einem kleinen Notizbuch, kariertes Papier wie in den alten Schulheften, keine guten Erinnerungen, darauf mit Kugelschreiber die Notiz » H . S .« und, mit einem anderen Stift geschrieben: »Sand– 9 1602 «.
    Johann nahm einen Schluck aus der Bierflasche, einen langen, auch wenn das sein Denkvermögen nicht gerade erhöhen würde. » H . S . Sand– 9 1602 «, das war so viel wert wie gar kein Hinweis. Oder noch weniger. Das konnte alles und nichts heißen. » H . S .«! Heiliger Strohsack, heißer Spargel, Heinrich Siedenbiedel, dem der Krämerladen gehörte, Heu und Stroh … Johann ließ seinen lange nicht mehr strapazierten Denkapparat losrattern.
    Und Sand minus neun? Was für Sand? Und warum minus neun? Was war Sand für eine Einheit, von der man neun abziehen konnte?
    Dann fiel Johanns Blick auf die Waffe, die auf dem Küchentisch lag.
    Keine so gute Idee, die offen rumliegen zu lassen, dachte er. Vielleicht vermisste ja jemand den Toten, und es gab Spuren, die zu seinem Hof führten.
    Johann nahm die Waffe und hielt sie unterhalb der Tischkante, als könnte ihn jemand beobachten. Er betrachtete das Ding von allen Seiten. Sah aus wie die Pistole, die er als Junge mal beim Fasching getragen hatte. Eigentlich hatte es sich um einen Revolver gehandelt, wie es sich gehörte für einen Cowboy, aber für ihn war es immer eine Pistole. Von dem Unterschied hatte er erst in einem Fernsehkrimi gehört und gleich wieder vergessen, was jetzt was war.
    Dieses Ding hatte jedenfalls eine Trommel und einen Abzugshahn zum Spannen. Nur eine Patrone steckte drin.
    Komisch, dass so was überhaupt noch verwendet wird, überlegte Johann. Er hatte gedacht, dass alle, die jemanden umbringen wollten, diese modernen Waffen benutzen, die auch die Polizisten im Fernsehen immer mit beiden Händen in die Höhe hielten, wenn sie sich seitlich in einen Raum hineinbewegten, in dem sich vielleicht ein Bösewicht versteckte, der auch so ein Ding dabeihatte und damit jederzeit auf sie feuern könnte.
    Johann nahm das alte Küchenhandtuch von der Kommode, das mindestens ebenso lange keine Waschmaschine gesehen hatte wie seine Hose. Mit dem Tuch, durch dessen Schmutz noch schwach das rote Karomuster schimmerte, wischte er die Pistole ab. Spuren beseitigen, das ist wichtig, dachte er sich, polierte die Waffe mit für ihn ungewöhnlicher Hingabe und verstaute sie dann mitsamt dem Tuch in der Schublade des alten Küchenbuffets.
    Er setzte sich, nahm den letzten Schluck aus der Flasche, stand wieder auf, öffnete die Schublade, griff sich das Küchentuch mit
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