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Friesisch Roulette

Friesisch Roulette

Titel: Friesisch Roulette
Autoren: Marvin Entholt
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der Waffe darin, kontrollierte die Mausefallen, löschte das Licht und ging über die knarzenden Stufen nach oben ins Schlafzimmer.
    Sicher ist sicher, dachte er sich und verstaute die eingewickelte Waffe unter seinem Kopfkissen. Morgen muss sie aus dem Haus. Der Graben hinter dem Haus, das wäre ein guter Platz. Oder hinterm Deich. Aber erst morgen. Das reicht.

2
    Dieses leichte Bizzeln! Johann liebte dieses Geräusch. Die meisten Menschen würden nicht glauben, dass er so etwas überhaupt wahrnahm, aber er war stolz auf seine feinen Sinne.
    Das Bizzeln der Nescafé-Körnchen, wenn das kochend heiße Wasser auf sie traf im Becher, dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, aber das war für Johann der famose Auftakt in den Tag, die Verheißung von Wärme und Klarheit, mit der das gefriergetrocknete Koffein die Restbestände der sechs abendlichen Biere aus seinem Körper vertreiben sollte.
    Â»Hallo«, tönte eine Männerstimme aus der Diele, während Johann noch den Strudel in seinem Becher betrachtete.
    Johann stieß die Küchentür auf und sah wortlos die beiden ungebetenen Gäste an, die schon mitten in seiner Diele standen. Städter, ganz klar, er Mitte vierzig, so eine alberne Jacke mit irgendeinem Yachtclub-Emblem, obwohl der Mann wahrscheinlich nicht mal Bug und Heck unterscheiden, geschweige denn erklären konnte, was eine Vorschot ist; sie vielleicht zehn Jahre jünger, blond, nicht peinlich angezogen, aber irgendwie streng.
    Â»Zentraler Kriminaldienst der Polizeiinspektion Leer/Emden«, so stellten sie sich vor, »Hauptkommissar Martin Beckmann, Oberkommissarin Carola Hartung.«
    Das klang bedrohlich, und der Hauptkommissar schaute recht grimmig. Johann konnte nicht ahnen, dass dies rein gar nichts mit der Mission der beiden zu tun hatte, sondern mit dem Umstand, dass der Beamte sich jedes Mal, wenn sie sich vorstellten, darüber ärgerte, dass »Oberkommissarin« nach einem höheren Dienstgrad klang als »Hauptkommissar«. Das war zwar nicht richtig, aber was wussten die Leute denn schon?
    Ob Johann jemanden gesehen habe, sie hätten am Ortsrand ein Auto gefunden, und der Fahrer sei verschwunden.
    Johann zuckte mit den Schultern, rang sich ein »Nö« ab, die peinliche Segeljacke bedankte sich und machte mit seiner strengen Begleiterin kehrt.
    Der Kaffee in der Küche hatte ausgestrudelt. Johann war sauer, sein morgendliches Ritual war von diesen Idioten unterbrochen worden, der Kaffee war nicht mehr so brühheiß, wie er sein musste, sein Start in den Tag war verdorben.
    Johann schüttete den Kaffee weg, goss sich einen neuen auf, aber die Freude war nicht mehr dieselbe wie beim ersten Aufguss, das Bizzeln blieb geheimnislos.
    Elfi war guter Dinge, die Hühner auch: fünf Eier. Die Waffe musste weg, aber mal nur keine falsche Hast. Johann inspizierte wie gewohnt den Gemüsegarten. Reichlich Kohlrabi, Porree, ein paar Gurken, das Karottengrün machte schon schlapp, dafür gedieh die Friesische Palme prächtig und reichte Johann schon bis zur Hüfte. Johanns zuständiges Hirnareal signalisierte vorfreudigen Appetit: Mit den kühleren Tagen im Oktober würden die Pflanzen in der Krone eine feinkrause Rosette ausbilden, die nach den ersten Frösten süßlich im Geschmack wurde.
    In Johann keimte neben Appetit sofort wieder alter Ärger, hatte neulich doch so ein dämlicher Fernsehkoch behauptet, dass Frost überhaupt keinen Einfluss auf den Geschmack von Grünkohl hätte. Was wusste der denn! Aber jeder glaubt den Mist, wenn er erst einmal gesagt ist, grummelte Johann in sich hinein.
    Er hatte den Fernseher aus Protest aus- und seither nicht mehr eingeschaltet. Blöd wegen der Tiersendungen, die er so gern sah. Johann rang mit sich, wem sein Fernsehboykott mehr schadete. Vielleicht sollte er doch nicht so streng sein. Aber wehe, es tauchte wieder eine Kochmütze auf, dann könnte er die auf der Stelle – sofort fiel ihm die Waffe wieder ein.
    Johann begutachtete noch flink sein Experiment, er hatte die Sorten Niedriger Grüner Krauser und Frosty gekreuzt und auf ein Grünkohlwunder gehofft, aber das Ergebnis war mickrig.
    Er sammelte drei Schnecken vom Salat und warf sie über den kaputten Maschendraht. Johann schaffte es nicht, sie wegen Mundraubs zum Tode zu verurteilen. Aber sie sollten wenigstens mit ihm in einen Wettkampf um das Grünzeug treten. Einen etwas
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