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French 75: Ein Rostock-Krimi

French 75: Ein Rostock-Krimi

Titel: French 75: Ein Rostock-Krimi
Autoren: Richard R. Roesch
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Pawel, der neugierig auf die Frau geworden war. Außerdem langweilte er sich. »Schlagen Sie einen Treffpunkt in der Innenstadt vor. Und beschreiben Sie mir Ihr Äußeres. Ich werde auf Sie zukommen. Haben Sie keine Angst, verhalten Sie sich unauffällig.«
    »Ich habe keine – also gut. Café Meyerbeer in der Breiten Straße. Ich sitze an der Theke und vor mir liegt die Zeitschrift Neon.«
    »Und ich heiße Pawel.«
    »Ach so, Tina.«
    Ich werde verfolgt , dachte Pawel. Das kann alles bedeuten.
    Er entschied sich für den ausziehbaren Totschläger, verschloss die Pistole im Tresor und verstaute die Handschlagwaffe in der Hosentasche. Auf dem Flur begegnete er niemandem, es war schon weit nach Feierabend, und auf dem Parkplatz des Gebäudes stand nur noch der Benz eines Geschäftsmannes, der in In- und Export machte. Der Mann war Anfang zwanzig, trug schneeweiße Hemden und stammte angeblich aus Frankreich. Pawel jedoch hielt ihn für einen Algerier mit besten Kontakten nach Casablanca-Südstadt.
    In seinem alten Peugeot verließ der Privatdetektiv die Freihandelszone des Überseehafens und winkte dem Mann an der Hauptwache kurz zu. Er hielt sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung, obwohl der Dierkower Damm leer war. Die meisten Arbeiter waren zu Hause. So spät am Abend brachten höchstens noch Großraumtaxis Seeleute in die Stadt, die nicht im Seemannsheim bleiben wollten, doch heute war Pawel allein auf der Straße. Er hielt an der leeren Kreuzung, starrte das Rot an und bog auf die Hauptstraße ein, als die Ampel auf grün umsprang. Von der Umgehungsstraße Am Strande, die die Altstadt vom Hafen trennte, fuhr er nach zwei Kilometern links ab und parkte schwarz.
    Im Café Meyerbeer war er noch nie gewesen, obwohl es sich auf dem Boulevard befand und sehr auffällig war. Das Gebäude war rund, alle Wände waren aus Glas. In der Mitte befand sich ein ovaler Tresen, an dem zwei Frauen saßen. Beide schienen allein da zu sein. Die Zeitschrift Neon lag nirgends auf dem Tresenholz.
    Pawel runzelte die Stirn und tastete unauffällig nach seinem Totschläger. Das Gute an seinem Büro war, dass es bewacht wurde. Unbefugte hatten auf dem Freihandelshafengelände keinen Zutritt, aber hier draußen war er Mann unter Männern. Rostock galt als eine der gefährlichsten Städte der gesamten Ostseeküste. Sie war arm, und ihre Einwohner waren hungrig.
    Pawel lockerte die Schultern und schlenderte zur Theke, wo ein Barkeeper seine Homosexualität nicht verstecken wollte. Er sah Pawel an, und Pawel wurde sofort nervös. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn, da hatte der Barmann noch gar nichts gefragt. Schnell sagte er: »Einen French 75.«
    »Einen French … was?«
    »Fünfundsiebzig.«
    »Ich glaube, so was haben wir hier nicht. Ich habe noch nie von einem French 75 gehört.«
    »Hör zu, Kleiner, ich stamme aus Russland und lebe seit einigen Jahren in Westeuropa. Ich möchte die Kultur besser kennenlernen, daher probiere ich Gincocktails, um die westliche Lebensart zu studieren. Und gerade bin ich bei F, F wie French, wie French 75. Ich habe auch keine Ahnung, was das ist. Du bist hier der Spezialist.«
    »Dann haben wir ein Problem, mein Gutster.«
    Pawel verkniff sich eine Bemerkung und winkte ab: »Leute schickt das Arbeitsamt! – Dann eben einen Wodka. Ihr werdet doch wohl Zwiebeln da haben?«
    »Zwiebeln? – Das wird ja immer besser. Ich schau’ mal, was ich für dich tun kann.«
    »Mach das.«
    »Sind Sie Pawel?«
    Hinter ihm stand eine Frau, in der Hand eine eingerollte Zeitschrift. Der Detektiv nickte und sah sich wieder um: »Ich dachte schon, Sie sind einer dieser Spinner, die einen irgendwohin locken, um ihn entweder zu überfallen oder um komische Geschäfte vorzuschlagen. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, komische Geschäfte sind mein Metier.«
    »Ich verstehe durchaus.«
    Die Frau wurde überschwänglich vom Barmann begrüßt, der Pawel eine geschälte Zwiebel auf einem Teller und einen Wodka hinstellte. Ein kleines, silbernes Messer lag daneben. Pawel trank den Wodka aus, biss in die Zwiebel und legte sie zurück auf den Teller. Neben der Frau stand ein Glas Weißwein.
    »So«, sagte sie, »jetzt stellen wir uns erst einmal vor. Ich bin Tina Schneider und habe eine Problem.«
    »Ich bin Pawel Höchst, hundertfünfzig pro Tag inklusive Spesen.«
    »Ich weiß. Prost.«
    »Nastrowje! – Wollen Sie gleich von Ihrem Problem erzählen, oder sollen wir wo hin, wo wir ungestörter sind?«
    »Warum sollten
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