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French 75: Ein Rostock-Krimi

French 75: Ein Rostock-Krimi

Titel: French 75: Ein Rostock-Krimi
Autoren: Richard R. Roesch
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die Recherche einem Profi gegeben, der macht daraus einen Roman. Ich krieg’ dann fünfzehn Prozent von seinem Honorar.«
    »Gut gemacht! – Also, bis Samstag, ich freu’ mich auf euch!«
    »Alles klar, ich melde mich Freitag noch mal«, hörte Pawel Kevin sagen, ehe sie beide auflegten.
    Die Sonne war immer weiter ums Bürogebäude herumgewandert und warf ihre Strahlen nun schon auf das innere Fensterbrett. In einer Stunde würde es in diesem winzigen Zimmer eine Temperatur von knapp dreißig Grad haben, wusste Pawel. Das hatte ihm der Vermieter bei der Unterschrift natürlich nicht gesagt: schon im Frühling zu heiß zum Arbeiten.
    Wird Zeit, dass ich ins Freie komme , dachte Privatdetektiv Pawel Höchst und stieß den Chefsessel mit den Kniekehlen zurück.
    Er ging wenig später am Parkplatz vorbei und schlenderte hinunter zur Warnow, auf der sich jetzt keine Ruderer und Kanuten tummelten. Es war mitten in der Woche, und sogar in Rostock gingen die meisten Einwohner dann ihrer Arbeit nach. Pawel lächelte und setzte sich auf einen Findling. Er müsste ja eigentlich Susanne anrufen. Eigentlich – ein verdammt hartes Wort, meinte Pawel.
    Er hatte so eine verdammte Sehnsucht nach seinen Zwillingen. Bald wurden sie sechs Jahre alt! Bis dahin musste er etwas getan haben, etwas, dass gut für seine beiden Jungs war. Aber was?
    Für die Zwerge war sechs ein wichtiges Alter, Einschulung, Schultüte, große Augen, ehe die Langeweile der Mathestunden begann. Pawel suchte in der Frühlingsjacke nach seinem Handy, fand es aber nicht. Jetzt hätte er Susanne angerufen, da war er sich sicher. Jetzt hätte er versöhnlich werden können, mitten in der Frühlingssonne, vor dem grellblauen Wasser der breiten Warnow. Er malte sich aus, was er als Erstes gesagt hätte: »Störe ich?«
    Auf dem gegenüberliegenden Flussufer befanden sich die Gebäude des Wassersportvereins, daneben war die neu angepflanzte Grünanlage. Bäumen, deren Stämme noch so dünn waren, dass sie Stützen brauchten; verdammt, überall sah er plötzlich nur noch Familienharmonie. Oder wie sollte er das nennen? Er könnte ja mal Tobias Siegfried März fragen. Darüber musste Pawel grinsen. Doch eines war richtig: Er war die Stütze, die seine Jungs brauchten. Er selbst, niemand anderes. Die Kinder, das betraf ihn, ihn selbst! Und nur ihn!
    Pawel stand auf, ging noch ein Stück und kam an die Brücke, über die man wieder zur Altstadt fuhr. Er ging unter dem Dierkower Damm hindurch, folgte dem Fluss und pfiff leise ein altes Lied aus dem Norden Russlands vor sich hin. Dieses Lied musste er den Jungs unbedingt beibringen. Und Judo.
    Denn über eins war er sich auch klar geworden, Rostock war eine so schöne und grausame, eine so morbide und aufbrechende, eine so gewalttätige und friedliebende Stadt, dass er hier unbedingt bleiben wollte. Vielleicht war diese Gegensätzlichkeit auch das Geheimnis seiner Ehefrau, die hier aufgewachsen war und die hier bleiben wollte. Seine Frau war seine Heimat, und ihre Heimat war diese Stadt, er war es also, der sich bewegen musste.
    Rostock machte es seiner Frau nicht leicht, seine Frau machte es ihm nicht leicht, also brauchte er es der Stadt auch nicht leicht zu machen. War das nicht ein guter Deal, bei dem alle Seiten gewannen, weil alle Seiten sich eben nicht verbiegen mussten? Er pfiff das Lied seiner Geburtsstadt noch einmal von vorne. Pawel dachte: Nein, ich werde es meinen Jungs nicht beibringen. Ich lerne mit ihnen die Rostocker Lieder!   – Aber Judo ist ein Muss! Denn auf Hansa Rostock kann man sich nun mal nicht verlassen.

XXXIII
     
    Roberto stand wieder hinter der Theke, und Pawel dachte sofort: Na, das passt ja.
    Er hielt Kevin und seinem Freund die Tür zur runden Bar auf, in der er sich vor einigen Wochen mit seiner Klientin getroffen hatte. Direkt neben der Bar befand sich die Vorverkaufsstelle von Hansa Rostock, vor der Fans aus den umliegenden Dörfern nach den letzten Karten fürs nächste Spiel anstanden. Pawel stieß einen stark Angetrunkenen mit der Faust weg und zog die Tür hinter sich zu.
    Kevin und Mirko waren schon zur Bar gegangen und zogen sich die dünnen Jacken aus. Zu dritt hatten sie unten am Hafen einen Spaziergang gemacht, zwar schien die Sonne, doch ein starker Nordwest wehte, ein echter Isländer. Die beiden Berliner rieben sich die Hände und hielten sie sich gegenseitig an die Wangen. Sie lächelten sich an, als Pawel hinzukam und Roberto zunickte. Der Barkeeper guckte abfällig
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