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Frau Hoffmanns Erzählungen

Frau Hoffmanns Erzählungen

Titel: Frau Hoffmanns Erzählungen
Autoren: Schöffling & Co.
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sagen? Kleine Fische? Große Fische? Hai und Wal? Hering und Karpfen? Ich rette mich in ein englisches Sprichwort: »It takes a lot of animals to make a zoo!« Ist natürlich unfair; denn Frau Hoffmann versteht kein Englisch. Also füge ich hinzu: »In einer Regierung können die krummsten Typen sitzen. Gewählt ist gewählt.«

    Nun wissen wir alle, daß Frau Hoffmann eine demokratisch gewählte Regierung so gleichgültig ist wie eine Diktatur. Sie folgt jedem, der ihr die Dosen mit dem Katzenfutter öffnet. Daher auch ihr Unverständnis für die ästhetische Empfindlichkeit gewisser Menschen, die Pflaumenkompott essen und sich über die Kandidaten der nächsten Wahl in die Haare kriegen. Vielleicht sollte man das Katzenfutter abschaffen.

Wie Haarefärben den Ruf der Metropole fördert
    Â»Was hältst du davon, wenn ich mir die Haare färbe?«
    Diese Frage ist die Übersetzung von liberté, egalité, fraternité ins Berlinische. Sie wird täglich tausendmal von aufgebrachten Massen skandiert. Niedliche Gören, die uns als rothaarige Filmkünstlerinnen vorgestellt werden, präsentieren sich zwölf Stunden später auf dem Boulevard als frisch gefärbte Blondinen oder zeigen der Tagesschau stolz ihre tätowierte Glatze.

    Also Berliner Alltag, wie die Müllabfuhr, die Lustschläfern morgens um sieben die schönste Stunde des Tages zerscheppert. Ungewöhnlich nur, wenn eine Katze mit dieser Frage den Tag einleitet.
    Ich liege noch im Bett. Um die Ecke, an der englischen Botschaft, erzählen grüne Bewacher ihren Nachfolgern, daß die Nacht ruhig war wie alle Nächte. (Bis auf die Müllabfuhr, aber die erwähnen sie nicht.) Unruhig ist lediglich Frau Hoffmann. Sie steht vor meinem Bett und stellt die Teenagerfrage: »Was hältst du davon, wenn ich meine Haare …« usw.
    Ich muß bekennen, daß Frau Hoffmann kein Teenager mehr ist. Aber hat sich je eine amerikanische Oma davon abhalten lassen, ihre Haare rosa zu färben? Frau Hoffmann, dieses ältere Fräulein, das sich bedenkenlos von mir aushalten läßt, fragt wenigstens, was ich davon hielte, wenn …
    Â»Welche Farbe?« murmele ich im Halbschlaf. Wenn man mein morgendliches Röcheln denn ein Gemurmel nennen kann.
    Â»Ich dachte an ein Rot. Feuerrot wie Shirley McLaine in ›Irma la Douce‹.«
    Wenigstens ein Vorbild, dessen sich eine französische Katze nicht zu schämen braucht. Billy Wilders Film lief monatelang in Pariser Kunstkinos. Frau Hoffmann weiß alles über Kino und wird, einmal aufs Thema gebracht, nie aufhören, darüber zu reden. Sie kennt jeden Sepplhosenfilm der fünfziger Jahre und hält Biolek für ein Remake von Rudolf Valentino.

    Ich überspringe hier die sich anschließende Diskussion über die Haare der Kinostars und blende mich wieder beim Frühstück ein, als die Müllabfuhr längst durch die Sirenen der Regierungslimousinen ersetzt worden ist, welche den Mietern dieses Hauses das beruhigende Gefühl vermitteln, daß die wichtigen Persönlichkeiten unserer Nachbarschaft gut behütet zu ihrem ersten Arbeitsfrühstück befördert werden. Da sagt sie unerwartet mit der ihr eigenen Beharrlichkeit:
    Â»Es gibt doch in dieser Stadt einen berühmten Frisör, bei dem alle glamourösen Partyluder Kundinnen sind?«
    Herrje, der zitierte Figaro residiert im Nachbarhaus. Aber bevor ich ihr seine Telefonnummer gebe und sie damit den Klatschspalten ausliefere, lenke ich das Gespräch auf ihre Ausdrucksweise.
    Â»Was ist das für ein Begriff: ›Glamouröse Partyluder‹? Du solltest wissen, daß ohne die von dir derart angesprochenen Mitbürgerinnen der Ruhm der Metropole nicht so strahlend über allem leuchtete, wie er leuchtet!«

    Â»Und wo leuchtet er so strahlend?«
    Ich hätte es wissen sollen: Eine Bemerkung über die Bedeutung Berlins löst bei Frau Hoffmann nur höhnisches Miauen aus. Ich deute auf die Stalagmiten des Potsdamer Platzes, die in der Morgensonne, man kann es nicht anders sagen, strahlen. »Schau doch mal zum Fenster hinaus!« fordere ich sie auf und benutze die Gelegenheit, vor weiteren Fragen ins Badezimmer zu flüchten.

Die Maus und die Funktionäre
    Wir sitzen einträchtig auf dem Sofa und sehen Nachrichten. Als der nihilistische Wetterbericht an uns vorübergegangen ist, maunzt Frau Hoffmann
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