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Frau Hoffmanns Erzählungen

Frau Hoffmanns Erzählungen

Titel: Frau Hoffmanns Erzählungen
Autoren: Schöffling & Co.
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chauffiert worden und lebe wie ein Hund im Hindukusch …«
    Das mit ihrem Transport tut mir wirklich leid. Aber Katzen kann man nicht mit der Post verschicken. Katzen sind anspruchsvoll. Im Auto beanspruchen sie mehr Platz als knutschende Teenager, und wenn man sie fragt, wie sie sich in einem Haus in Berlin-Mitte fühlen, maulen sie. Vielleicht liegt es aber an der Stadt. In einem Interview mit der Berliner Zeitung beklagt Sven Regener (›Herr Lehmann‹) den »generell schlecht gelaunten ruppigen Ton« der Berliner. Tatsächlich verlernen sogar Japaner das Lächeln, wenn sie sich länger als 48 Stunden in der Stadt aufhalten. Aber länger hält es hier eh kein Tourist aus. Einmal Unter den Linden rauf und runter, rein ins Adlon, raus aus dem Adlon und dann Postkarten kaufen mit dem Reichtag, das erspart den Weg zur Museumsinsel.
    Â»Da unten fahren ja nur Autos! Kein Spaziergänger weit und breit.«
    Â»Wer spaziert schon gern im Hindukusch?«
    Sie überlegt. Aber der Name fällt ihr nicht ein. Sic transit gloria mundi. »Und warum blinkt da drüben die ganze Nacht ein grünes Licht?« – »Vermutlich der Eingang einer Parkgarage.« – »Oder ein vegetarisches Restaurant?« Nichts verabscheut sie mehr als vegetarische Kost. Gras frißt sie nur, um hinterher zu kotzen. Glücklicherweise wächst hier nur Beton.

Bloß keine fetten Dackel
    Â»Na, hast du mir was mitgebracht?«
    Ihre Frage ist keine wirkliche Frage. Es ist eine Stereotype, mit der sie mich jedesmal begrüßt, wenn ich zurückkomme. Zurück vom Essen, vom Buchhändler, vom Museum – wovon man in Berlin eben zurückkommt.

    Â»Ich war in einer Ausstellung. Was sollte ich dir davon schon mitbringen? Da liegen keine Hühnerlebern herum.« Hühnerlebern sind ihr Lieblingsfutter.
    Â»Soviel ich weiß, gibt es bei Ausstellungen immer etwas zu fressen.« Frau Hoffmann weiß viel. Frau Hoffmann ist die schlaueste Katze von Berlin.
    Â»Bei Vernissagen, ja. Aber es war keine Vernissage.«
    Â»Warum gehst du dann hin, wenn es nichts zu fressen gibt?«
    Â»Weil man dann keine Promis trifft.«
    Â»Promis?«
    Â»Das sind die, die im Borchardt sitzen, wenn sie nicht auf Vernissagen herumstehen.«
    Â»Ist Borchardt nicht der Ort, von wo du mir das Schnitzel mitgebracht hast?«
    Es war kein ganzes Schnitzel, sondern nur der Teil, den ich nicht mehr essen konnte. Ihr hatte es geschmeckt; deshalb erinnert sie sich daran. »Henry hat mir einmal erzählt, daß er dort, wo er herkam, monatelang nur von Essen aus dem Doggy Bag gelebt hat.« Henry war ein Kater aus Houston, der nicht wußte, wie man Mäuse fängt. Frau Hoffmann hatte es ihm beigebracht. Er starb vor einem Jahr.

    Â»Du weißt ja, was aus ihm geworden ist.«
    Sie zuckt nervös mit dem Schwanz. »Wer geht denn auf Ausstellungen, wo es nichts zu fressen gibt?«
    Â»Kunstfreunde.«
    Â»Also Hundefreunde!« Sie haßt Hunde.
    Â»Wie kommst du darauf?«

    Â»Habe ich gelesen. Englischer Maler, malt nur fette Dackel.« Es liegen zu viele Kunstbücher herum.
    Â»Andere Maler malen auch Katzen«, beruhige ich sie.
    Â»Ich habe hier noch kein Bild von einer Katze gesehen. Auch zu Hause nicht.« Natürlich nicht; denn sie wäre auch auf eine gemalte Katze eifersüchtig.

    Â»Warum sagst du ›zu Hause‹. Ist dies nicht dein Zuhause?«
    Â»Dies ist Berlin, und es ist tödlich langweilig. Zu Hause kann ich die Akazien raufklettern, zu Hause rumoren die Tiere unterm Dach und hupen die Tauben.«
    Â»Wir nennen es gurren.« Wer die Tiere unterm Dach sind, wissen wir nicht. »Aber hier gibt es Krähen«, sage ich und zeige auf den Hindukusch vor dem Potsdamer Platz.
    Â»Wahrscheinlich gibt es hier auch Dackel, denen deine Kunstfreunde Schnitzel aus dem Borchardt mitbringen. Wann fahren wir wieder nach Hause?«

    Das Schnitzel im Borchardt ist tatsächlich hervorragend. Daß sie trotzdem lieber nach Hause will, als in seiner Reichweite zu leben, gibt zu denken. Möchte wissen, was ihr mehr mißfällt, Berlin oder die Dackel.

Warum man Berliner Humor nicht fressen kann
    Wäre Frau Hoffmann eine bayerische Katze, könnte man von ihr sagen, sie habe Zeitlang. Das ist die quälende, unerfüllte Sehnsucht eines Bayern in Berlin nach Münchener Weißwurst und blauem Föhnhimmel. Was Frau
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