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Frau Hoffmanns Erzählungen

Frau Hoffmanns Erzählungen

Titel: Frau Hoffmanns Erzählungen
Autoren: Schöffling & Co.
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abgestellt ist? Ich versuche sie abzulenken.
    Â»In der Oranienburger Straße üben sie schon für die Love Parade; du weißt doch, dieser laute Umzug, bei dem sich nackte Berliner zusammenrotten wie am 1. Mai.«
    Â»Stecken sie dabei auch Autos in Brand?«
    Â»Bis jetzt noch nicht. Aber vielleicht schickt Stoiber ein paar Provokateure nach Berlin. Wenn sich alte Mütterchen nicht mehr auf die Straße trauen, gewinnt er die Wahl.«
    Sie ist politisch schwer auf Draht; ihr muß ich nicht erklären, wer Stoiber ist. »Der hat mindestens zwei Rauhhaardackel«, hat sie ihn einmal charakterisiert, und damit war der Mann für sie erledigt.
    Sie teilt die Menschen ein in Hundehalter und Katzenfreunde. Ein praktisches Verfahren, wie ich zugebe. Die dritte Abteilung, die, die sich Riesenschlangen um den Hals wickelt, spielt in der Öffentlichkeit keine Rolle. Die wollen bloß auffallen.
    Â»Was ist mit Westerwelle«, fragt die Gedankenleserin, ȟbt der auch schon?«

Fliegende Fische in Mitte
    Als ich ins Zimmer komme, steht sie steifbeinig auf dem Sofa, das Fell gesträubt und die Augen schreckgeweitet, als habe sie Scharping in der ›Bunten‹ gesehen. Bevor ich mich nach ihrem werten Befinden erkundigen kann, warnt sie mich mit erhobener Pfote:
    Â»Vorsicht! Draußen lauert ein riesiger Fisch!«

    Â»Ein Fisch? Da unten?« Ich gehe zum Fenster. »Kein Fisch zu sehen.«
    Unten ist die Baustelle, die sie Hindukusch nennt.

    Â»Nein, oben! Er fliegt am Himmel!«
    Die Katze spinnt. In Berlin-Mitte fliegen keine Fische. Nicht einmal Möllemann traut sich mit Fallschirm über die Synagoge.
    Plötzlich knurrt sie in tiefem Löwenbaß und zittert. Ich schaue nach oben. Tatsächlich! Doch was da fliegt, ist ein Zeppelin. Sieht zwar aus wie ein Killerhai, aber wer tut das nicht? Sogar Stoiber hätte als Double eine Chance.
    Ich beruhige sie durch einen Vortrag über die Entwicklung der Flugapparate von den Drachen über Brieftauben zum Space Shuttle.
    Â»Und warum fliegt der hier herum?«

    Â»Er transportiert Leute, die sich Berlin von oben ansehen wollen.«
    Â»Warum wollen die das? Ist Berlin von oben schöner als von unten?«
    Eine bemerkenswerte Frage, weil sie voraussetzt, daß Berlin unten schön ist.
    Â»Nicht unbedingt schöner. Aber es gibt dir ein Gefühl der Macht, wenn du oben bist.«
    Â»Also sitzt die Regierung in dem Zeppelin?«
    Â»Oder Bayer Leverkusen mit Daum.«
    Â»Wer ist denn das?«
    Â»Jemand mit Haarproblemen.«
    Â»Ich dachte, der heißt Schröder?«
    Was Katzen über die Probleme der Menschen wissen, verdanken sie der Boulevardpresse und der FAZ , ist also tendenziös gefärbt.
    Als ich gestern beim Frisör war und meine Haarprobleme mit ihm besprach, sagte er »Sechzehnfuffzig«, und weil er in mir den trüben Provinzler erkannte, setzte er hinzu: »Euro, ohne waschen.«
    Frau Hoffmann überlegt. Dann fragt sie: »Haben Zeppeline Federn oder Schuppen?«
    Mein Versagen als Erzieher meiner Kinder fällt mir ein. Die haben dauernd solche Fragen gestellt, und ich wußte nichts Besseres zu antworten als »Geht erst mal den Keller aufräumen!« oder »Rasenmähen«. Nun flogen damals keine Fische durch den Himmel. Die Geschwister riefen schon mal: »Da fliegt ein Ufo!«, und wenn der Jüngste nach oben guckte, klauten sie ihm die Wurst vom Brot.
    Â»Mit den Zeppelinen ist das wie mit Hunden«, kläre ich sie auf. »Die haben manchmal langes Haar und manchmal gar keine Haare. Die mit langen Haaren müssen regelmäßig zum Hundefrisör.«
    Ich sehe ihr an, daß es sie ekelt, über Hunde zu reden. »Kenn’ ich. Hab’ ich im Fernsehen gesehen. Färben und föhnen für blöde Pudel. Gibt es auch Frisöre für langhaarige Zeppeline?«
    Das Leben wäre einfacher, wenn es wirklich riesige, fliegende Fische über Berlin gäbe. Ich glaube, ich gehe jetzt besser mal den Keller aufräumen.
    Ich stehe schon im Lift, als mir einfällt, daß zu dieser Wohnung gar kein Keller gehört, weil dessen Platz eine Tiefgarage einnimmt. Trotzdem drücke ich den K-Knopf. Muß mich überzeugen, ob mein Auto lange Haare hat oder nicht.

Rattengift im Reis und beleidigte Bauern
    Ich sitze wie üblich am Tisch und drücke die Tasten des elektronischen Schreibgeräts, genannt Laptop. Die Katze,
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